Unser Mandant war vor langer Zeit zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren wegen Vergewaltigung verurteilt worden. Er ist rumänischer Staatsbürger und spricht kein Deutsch. Mangels Therapie in der JVA Tegel bestand keine Aussicht auf eine vorzeitige Entlassung aus der Haft nach dem Zwei-Drittel-Zeitpunkt. Unser Mandant wandte sich nun an Rechtsanwalt Konstantin Stern mit der Bitte, einen Antrag gemäß § 456a Abs. 1 StPO zu stellen. Nach dieser Vorschrift kann die Vollstreckungsbehörde von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe absehen, wenn der Verurteilte aus der Bundesrepublik Deutschland abgeschoben wird. Eine weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe im Heimatstaat findet dann nicht mehr statt.
Rechtsanwalt Stern führte aus, dass der Mandant ohne Deutschkenntnisse besonders haftempfindlich war. Zudem wohnten noch einige Verwandte in Rumänien.
Die Staatsanwaltschaft erklärte schließlich ihr Einverständnis mit der Abschiebung. Der Mandant muss nun einen relevanten Teil seiner Freiheitsstrafe nicht absitzen. Spezialpräventiv mag man im konkreten Fall allerdings große Bedenken gegen die Vorschrift des § 456a StPO und die ungenügende Zahl an Therapieplätzen für ausländische Staatsbürger in der JVA Tegel erheben. Der Mandant kommt nun trotz erheblicher Vorstrafe wegen eines Sexualdelikts untherapiert und ohne jegliche vorherige Lockerungen frei. Dies scheint jedoch hingenommen zu werden, weil nicht die deutsche, sondern die rumänische Gesellschaft hiermit klarkommen muss. Dies ist auch nicht nur eine erhebliche Gefahr für potentielle Geschädigte, sondern auch für ihn selbst. Im Falle einer weiteren einschlägigen Straftat droht ihm – jedenfalls nach deutschem Recht – die Sicherungsverwahrung.
Interessanter Fall. Wäre es nicht auch eine Lösung gewesen, wenn er seine Reststrafe in Rumänien hätte verbüßen müssen? Dann wäre das Argument der Haftempfindlichkeit mangels Deutschkenntnisse ja hinfällig.
> Dies scheint jedoch hingenommen zu werden, weil nicht die deutsche, sondern die rumänische Gesellschaft hiermit klarkommen muss.
Gilt denn für ihn nun ein Einreiseverbot für den Schengen-Raum?
Das hätte der Mandant auch mitgemacht, auch wenn die Haftbedingungen in Rumänien evtl. aus anderen Gründen problematisch sind, selbst wenn er die Sprache spricht. Allerdings erfordert das sehr langwierige Konsultationen zwischen Deutschland und Rumänien. Es ist ja klar, dass Rumänien kein gesteigertes Interesse hat, deutsche Strafen zu vollstrecken. Kostet ja nur Geld. Und ob er im rumänischen Strafvollzug eine Therapie bekommen hätte?
Es gibt ein faktisches Einreiseverbot in den Schengen-Raum. Wenn er wiederkommt, wird weitervollstreckt.
Alles klar! Ich dachte immer, dass Länder gern ihre Staatsbürger zurückholen, gerade nach dem Lesen dieses Artikels, aber nach nochmaligem Lesen ist klar, dass es sich da um Straftaten im Inland handelte.
Es gibt ja eine ganze Menge sehr armer Länder, die Ihre Bevölkerung gern zurückhätten, aber nicht den Teil, der im Ausland Straftaten begangen hat…