Bandenmäßiger und gewerbsmäßiger Betrug – Falscher Polizeibeamter erlangt 1,5 Mio Euro: Jugendstrafe von unter 5 Jahre unter Einbeziehung einer älteren Verurteilung, Anordnung der Unterbringung in der Drogentherapie mit Halbstrafenmöglichkeit und Einziehung von weniger als 100.000,00 € statt des vollen Schadensbetrags

Unserem Mandanten wurde mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, gemeinsam mit weiteren Personen in mehr als 100 Fällen Betrugsstraftaten als „falsche Polizeibeamte“ begangen zu haben, um damit einen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren. Aus einem Call-Center seien insbesondere ältere Menschen angerufen worden. Die Anrufer hätten sich bei diesen Gesprächen als Amtsträger ausgegeben. Dabei sollen sie ihre Gesprächspartner vor geplanten Angriffen auf ihr Vermögen gewarnt und aufgefordert haben, ihr Geld und andere Wertgegenstände in Sicherheit zu bringen. Die Gegenstände sollten an durch die Anrufer vorgegebene Orte verbracht werden. An den Ablageorten seien die abgelegten Sachen dann von Personen aus dem Kreis unseres Mandanten abgeholt worden. Als Zwischenchef hätte unser Mandant sowohl logistische als auch telefonische Aufgaben übernommen.

Unser Mandant befand sich sieben Monate in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht begründete dies mit einer bestehenden Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO).

Nach Mandatierung nahm Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht. Dabei konnte er feststellen, dass unser Mandant im Zeitpunkt der Tat jünger als 21 Jahre und somit Heranwachsender im Sinne des § 1 Abs. 2 Alt. 2 JGG war. Bei Heranwachsenden besteht die Möglichkeit der Anwendung von Jugendstrafrecht. Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern bereitete den Mandanten sodann auf die Begutachtung durch einen psychiatrischen Sachverständigen vor. Ziel war es, dass unser Mandant die Strafe nicht in der Jugendstrafanstalt, sondern in einer Enziehungsanstalt für Jugendliche/Heranwachsende absitzen sollte. Die Haftbedingungen sind dort erheblich besser, zudem kann die Haftzeit produktiv für eine Therapie genutzt werden. In dem psychologischen Gutachten wurde unserem Mandanten tatsächlich ein Hang zum Konsum von Betäubungsmitteln, sowie ein symptomatischer Zusammenhang zwischen diesem Hang und der Begehung von Taten attestiert, sodass die Voraussetzung für eine Unterbringung gegeben waren.

Für die Hauptverhandlung bereitete Rechtsanwalt Stern einen umfassenden Schriftsatz vor. In diesem wurde ein Teil der Vorwürfe eingeräumt. Weiterhin trug Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern vor, dass unser Mandant keinen direkten Zugang zu dem Geld hatte und von der erlangten Beute auch nur einen sehr kleinen Teil behalten durfte. Ziel war es, den Einziehungsbetrag möglichst niedrig zu halten.

Am Ende der Hauptverhandlung beantragte die Staatsanwaltschaft die Einziehung der Vermögensgegenstände. Gemäß § 73 Abs. 1 StGB unterliegen Vermögensgegenstände, die der Täter oder Teilnehmer durch oder für seine rechtswidrige Tat erlangt hat, zwingend der Einziehung.

Die Regelungen der §§ 73 ff. StGB wurden durch das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung erneuert. In der Neureglung wird nicht mehr zwischen den Begriffen „Einziehung“ und „Verfall“ (Abschöpfung von durch Straftaten Erlangtem) unterschieden. Sie werden nun einheitlich unter der Bezeichnung „Einziehung“ zusammengefasst. Nach der alten Fassung war der „Verfall“ ausgeschlossen, soweit einem Verletzten aus der Tat ein Anspruch gegen den Täter zustand (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB a. F.). Diese Regelung wurde in der neuen Gesetzesfassung gestrichen. Erlangtes kann danach eingezogen werden, wenn der Geschädigte Ansprüche gegen den Täter hat. Gemäß § 73e StGB ist die Einziehung nur ausgeschlossen, soweit der Anspruch des Verletzten erloschen ist.

Für die Einziehung gilt das Bruttoprinzip. Eingezogen werden können nach der Neufassung Vermögensgegenstände, die durch die Tat oder für die Tat erlangt wurden. Ermittelt wird das Erlangte zweistufig. Auf der ersten Stufe wird das gegenständlich Erlangte festgestellt und im zweiten Schritt werden wertende Aspekte einbezogen (§ 73d StGB). (Fischer, § 73 Rn. 10 f.)

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragt neben einer erheblichen Jugendstrafe auch die Einziehung des Gesamtschadens in Höhe von 1,5 Mio Euro.

Rechtsanwalt Stern erläuterte in seinem Plädoyer die neue Rechtslage und verwies darauf, dass nur jene Gelder oder Gegenstände eingezogen werden können, über die der Täter zu irgendeinem Zeitpunkt tatsächlich verfügt hatte.

Unser Mandant wurde unter Berücksichtigung eines vorherigen Urteils zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung war nach erfolgreicher Therapie eine Entlassung zum 2/3-Zeitpunkt wahrscheinlich, mithin nach 3 Jahren seit Beginn der Untersuchungshaft. Dass unser Mandant keinen direkten Kontakt zum Großteil des erlangten Geldes gehabt haben will, wurde im Urteil berücksichtigt. Es wurde daher nicht Vermögen in Höhe von fast 1,5 Millionen Euro, sondern in lediglich fünfstelliger Höhe eingezogen.

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Unterschlagung eines Wohnungsschlüssels – Einstellung des Verfahrens

Unserer Mandantin wurde vorgeworfen, einen Wohnungsersatzschlüssel ihres Nachbarn nicht wieder ausgehändigt zu haben. Durch das bezeichnete Verhalten soll sich unsere Mandantin wegen Unterschlagung strafbar gemacht haben.

Unsere Mandantin nahm nach Erhalt eines Anhörungsschreibens der Polizei umgehend Kontakt zu Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern auf, der nach Mandatierung und Akteneinsicht ein Telefongespräch mit der im hiesigen Verfahren zuständigen Amtsanwältin suchte.

Rechtsanwalt Stern beantragte, das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Zunächst könne der Strafanzeige nicht entnommen werden, ob eine Straftat und ggf. welche Straftat angezeigt worden sei. Dies sei nicht nur auf die unzureichenden Deutschkenntnisse des Verfassers zurückzuführen, sondern auch auf seine psychische Verfassung. 

Die Amtsanwältin folgte der Auffassung von Rechtsanwalt Stern und stellte das Verfahren antragsgemäß ein.

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Körperverletzung gegen einen Demonstrationsteilnehmer – Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, einen Zeugen auf einer Demonstration derart geschubst zu haben, dass dieser fast hingefallen sei. Hierdurch habe er sich wegen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

Nach Mandatierung und dem Rat an unseren Mandanten, sich zunächst nicht selbst zum Vorwurf zu äußern, nahm Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht. Auf Grundlage der Ermittlungsakte verfasste Rechtsanwalt Stern, Fachanwalt für Strafrecht, einen umfassenden Schriftsatz.

In diesem Schreiben beantragte er, das Verfahren gegen unseren Mandanten mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Hierfür führte Rechtsanwalt Stern unter anderem die differierenden Zeugenaussagen im Hinblick auf den Ablauf des Geschehens an:

Der Geschädigte sagte aus, dass er von unserem Mandanten geschubst worden sei. Dies konnten andere Zeugen nicht bestätigen. Sie gaben vielmehr an, dass der Geschädigte geschlagen worden sei.

Rechtsanwalt Stern argumentierte ferner, dass eine Handlung, um den Tatbestand der Körperverletzung zu erfüllen, erheblich gewesen sein müsse. Der Geschädigte soll jedoch durch den Schubser keine Hämatome oder Prellungen erlitten haben. Weiterhin war er weder gestürzt noch hat er sich verletzt, womit die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten wurde.

Auch die Angaben unseres Mandanten und seiner Frau wichen von denen des Geschädigten ab. Unser Mandant schilderte, dass der Geschädigte und er zunächst diskutiert hätten. Anschließend habe der Geschädigte unseren Mandanten weggestoßen, wodurch unser Mandant Blutergüsse erlitten habe. Dies wurde auch durch seine Frau bestätigt. Dass unser Mandant geschubst wurde, konnte überdies durch einen weiteren Zeugen bestätigt werden. Jedoch konnte er keine Angaben zur schubsenden Person machen. Mithin konnte nicht abschließend geklärt werden, wer die körperliche Auseinandersetzung ausgelöst hat, welche (vermeintlichen) Handlungen durch welche Person vorgenommen wurden und wessen Handlung gegebenenfalls gerechtfertigt gewesen war. Eine abschließende Sachverhaltsaufklärung war somit aus Sicht von Rechtsanwalt Stern nicht mehr möglich.

Überdies hatte der Geschädigte keinen Strafantrag. Eine strafrechtliche Verfolgung wäre vor diesem Hintergrund nur dann möglich gewesen, wenn hieran ein besonderes öffentliches Interesse bestanden hätte. Dies war zweifelhaft.

Die Staatsanwaltschaft schloss sich dem Antrag von Rechtsanwalt Stern an und stellte das Verfahren ein.  

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Sicherheitslücke bei TELIO – mehr als 500.000 Gespräche betroffen

Die Sicherheitsforscherin Lilith Wittmann hat eine Sicherheitslücke bei TELIO aufgedeckt. Die ZEIT- Online konnte die Daten sichten und berichtete am 26.6.2024 darüber. Demnach waren Daten von mehr als 14.000 Inhaftierten im Internet frei zugänglich.

Details dazu gibt es auf der Medium-Seite von Lilith Wittmann [externer Link].

Darunter seien der volle Name und die Haftanstalt, vermutlich über Jahre, offen im Internet zu finden. Aus den Daten von mehr als 500.000 Gesprächen gehe sowohl hervor, wer wann mit wem telefoniert hat, als auch das „Verhältnis“ des Inhaftierten zum Gesprächspartner (etwa: Mutter, Freund, Anwalt, Therapeut). Zudem seien Gespräche abgehört und aufgezeichnet worden. Die Mitschnitte fänden sich ebenfalls im Internet.

Die Betreiberin von TELIO, die Gerdes Communications GmbH, hat die Sicherheitslücke gegenüber ZEIT-Online eingeräumt.

Dass die für die Justizvollzugsanstalten zuständigen Justizbehörden offenbar das Telekommunikationssystem TELIO und die dazugehörige Datenverarbeitung nicht auf Sicherheit geprüft haben, ist erschütternd.

Erschütternd ist gleichermaßen, dass Gerdes Communication laut ZEIT-Online die betroffenen Justizvollzugsanstalten und Behörden nur zögerlich informiert.

Dieses, von uns datenschutzwidrig eingeordnete, Verhalten der Gerdes Communications GmbH wird sicherlich nicht unerheblich durch die Quasimonopolstellung von TELIO ermöglicht. Der Strafvollzug ist eine sog. Kritische Infrastruktur (KRITIS). Damit einhergehend sind besondere Regelungen und Verpflichtungen qua Gesetz, nicht nur bezüglich der Energieversorgung bei einem Blackout, sondern gerade auch bezüglich der IT-Sicherheit und des Datenschutzes der Betroffenen. Die Daten sind sensibel. Verstöße gegen den Datenschutz sind schwere Eingriffe in die Grundrechte der Betroffenen.

Die schweren Grundrechtseingriffe durch die Verfügbarkeit der Daten im Internet gehen bei Inhaftierten und bei im Maßregelvollzug Untergebrachten mit einer ins persönliche Umfeld reichenden Stigmatisierung einher. Im frei zugänglichen TELIO-Datenmeer versinkt dabei die Unschuldsvermutung aller betroffenen Untersuchungshäftlinge aus Art 6 Abs. 2 EMRK gleich mit.

Uns Strafverteidiger*innen betreffend wird der Schutz des Mandatsverhältnisses verletzt und unsere Berufsgeheimnispflicht ad absurdum geführt. Dasselbe gilt für Ärzt*innen und Therapeut*innen.

Ganz gleich, ob die Sicherheitslücke durch Cyberkriminelle oder Geheimdienste ausgenutzt wurde oder nicht, muss dem unverantwortlichen Verhalten von Gerdes Communications GmbH als Betreiberin von TELIO im Sinne unserer Mandant*innen, deren Familien, deren Therapeut*innen und deren Rechtsanwält*innen ein Ende gesetzt werden. Laut Lilith Wittmann sind Berliner Anstalten wohl nicht betroffen.

Gleichwohl fordern wir im Sinne unserer Mandant*innen und unserer Mitglieder die Gerdes Communications GmbH dazu auf, der Datenschutzbeauftragten des Landes Berlin alle relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen, damit diese selbst eine Überprüfung durchführen kann. Außerdem fordern wir die Senatsverwaltung für Justiz auf, eine datenschutzkonforme und sichere Telekommunikation der Inhaftierten und im Maßregelvollzug Untergebrachten zu ermöglichen und sicherzustellen.

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Fahren ohne Fahrerlaubnis – Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 Abs. 1 StPO

Unserer Mandantin wurde vorgeworfen, ein Kfz ohne gültige Fahrerlaubnis im Straßenverkehr geführt zu haben. Sie sei lediglich im Besitz einer noch nicht umgeschriebenen amerikanischen Fahrerlaubnis gewesen.

Nach Mandatierung und Akteneinsicht nahm Rechtsanwalt Stern gegenüber der Amtsanwaltschaft zu dem Vorwurf Stellung.

In der Stellungnahme regte Rechtsanwalt Stern an, das Verfahren gemäß § 153 Abs. 1 StPO einzustellen, da die Schuld unserer Mandantin als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung bestehe.

Rechtsanwalt Stern argumentierte, dass unsere Mandantin bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten sei, auch das Verkehrszentralregister keinen Eintrag aufweise und sie durch das bisherige Verfahren für die Zukunft hinreichend gewarnt sei. Zudem sei die Umschreibung der amerikanischen Fahrerlaubnis inzwischen erfolgt, der erhebliche Zeitablauf zwischen dem Vorfall und der anwaltlichen Stellungnahme nach Akteneinsicht wirkte sich – wie stets – positiv aus.

Im Ergebnis schloss sich die Amtsanwaltschaft der Ansicht von Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern an und stellte das Verfahren zur Erleichterung unserer Mandantin ein. Im Falle einer Verurteilung hätte neben einer Geldstrafe insbesondere die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Anordnung einer Sperrfrist für die Neuerteilung gedroht.

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Dreimal Schwarzfahren („Erschleichen von Leistungen“) – Verfahrenseinstellung gemäß § 153 StPO

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, in einem Zeitraum von zwei Jahren in drei Fällen den öffentlichen Nahverkehr ohne gültigen Fahrausweis in der Absicht benutzt zu haben, das geforderte Beförderungsentgelt nicht zu bezahlen und sich hierdurch wegen Erschleichens von Leistungen gemäß § 265a Abs. 1 StGB in drei Fällen strafbar gemacht haben.

Nach Mandatierung nahm Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht und verfasste einen umfangreichen Schriftsatz. In diesem regte er eine Verfahrenseinstellung ohne Sanktionen nach § 153 StPO wegen Geringfügigkeit an.

In der Stellungnahme trug Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern hinsichtlich des ersten Falls vor, dass unser Mandant unmittelbar im Anschluss an die Fahrscheinkontrolle eine E-Mail an die Verkehrsbetriebe verfasste. In der Mail schilderte unser Mandant, dass seine Bahn ausgefallen und er stattdessen in eine andere gestiegen sei, dabei hätte er sein Fahrrad dabei gehabt. Er sei davon ausgegangen, in der App das Fahrradticket erfolgreich gelöst zu haben. Die Buchung sei jedoch nicht erfolgreich gewesen, was er in der Hektik um den Ausfall der Bahn und der Suche nach einer alternativen Verbindung nicht mitbekommen habe. Die Verkehrsbetriebe stellten in der Folge auch keinen Strafantrag und verzichteten auf die Erhebung des erhöhten Beförderungsentgelts.

Hinsichtlich des zweiten Falls argumentierte Rechtsanwalt Stern, Fachanwalt für Strafrecht, in seinem Schriftsatz, dass die Fahrausweisprüferin nicht die Ausweisnummer des Fahrgastes geprüft hatte. Es konnte mithin nicht ausgeschlossen werden, dass eine andere Person die Bahn genutzt hatte, ohne im Besitz eines gültigen Fahrausweises zu sein und sodann die Personalien unseres Mandanten angegeben hatte, um sich der Strafverfolgung zu entziehen.

Zum dritten Fall trug Rechtsanwalt Stern vor, dass das Nichtentrichten des Entgelts auf einem technischen Fehler der Ticketapp beruhe. Unser Mandant verfasste erneut unmittelbar nach der Fahrscheinkontrolle eine E-Mail an die Verkehrsbetriebe. In dieser schilderte er, dass seine Ticketbuchung über die Bahn-App nicht durchgegangen sei, obwohl er vor dem Betreten der Bahn die App aufgerufen, das Ticket gewählt, kaufen gedrückt und bestätigt habe. Bei der Ticketkontrolle habe die App nicht geladen. Sodann sei der Hinweis „Buchung abgebrochen“ gekommen. Dass die Buchung nicht erfolgreich war, sei für unseren Mandanten nicht ersichtlich gewesen.

Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren nach Erhalt der Stellungnahme entsprechend der Stellungnahme von Rechtsanwalt Stern gemäß § 153 StPO ein.

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Sachbeschädigung an einem Kfz – Einstellung des Verfahrens in der Hauptverhandlung

Unserem Mandanten wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Folgendes vorgeworfen:

Unser Mandant habe sich über die Parkposition eines Kfz geärgert, weshalb er beim Vorbeilaufen zweimal kräftig gegen das Fahrzeug geschlagen habe. Es seien zwei Dellen hinten rechts am Pkw entstanden, die dem Pkw-Halter einen geschätzten Schaden zwischen ca. 300,00 bis 1.000,00 Euro verursacht haben sollen. Hierdurch habe sich unser Mandant wegen Sachbeschädigung strafbar gemacht.

Nach Mandatierung legte Rechtsanwalt Stern umgehend Einspruch gegen den Strafbefehl ein, nahm Akteneinsicht, arbeitete die Ermittlungsakte durch und besprach diese mit unserem Mandanten. In einem persönlichen Gespräch innerhalb der Büroräume schilderte unser Mandant seine Situation:

Der Pkw habe derartig an einem abgesenkten Bordstein geparkt, dass er und seine schwerbehinderte Schwiegermutter nicht zu seinem Kfz gelangen konnten, weshalb er frustriert gewesen sei und daher gegen das Auto geklopft habe. Dies stimmte auch mit den Beweismitteln in der Ermittlungsakte überein. Auf einem Bild waren zwei Dellen am beschädigten Fahrzeug erkennbar. Zudem hatte unser Mandant vor der anwaltlichen Beratung schriftlich gegenüber der Polizei zugegeben, jedenfalls auf das Auto geklopft zu haben.

Rechtsanwalt Stern regte in der Hauptverhandlung eine Einstellung an. Während einer Unterbrechung fragte Rechtsanwalt Stern den Zeugen nach den Reparaturkosten für das beschädigte Fahrzeug. Dieser gab an, dass die Reparaturkosten im mittleren dreistelligen Bereich liegen würden und darüber hinaus eine Wertminderung am Fahrzeug eingetreten sei, insgesamt sei ein Schaden in Höhe von 500 Euro entstanden. Das Fahrzeug sei mittlerweile verkauft worden, der Kaufpreis aber entsprechend niedriger ausgefallen.

Angesichts des überschaubaren Schadensbetrags schlug Rechtsanwalt Stern in einem Rechtsgespräch mit dem Gericht und der Amtsanwaltschaft nunmehr vor, das Verfahren gegen unseren Mandanten gegen eine (bloße) Schadenswiedergutmachung einzustellen. Dem Vorschlag stimmten das Gericht und die Amtsanwaltschaft zu.

Unser Mandant gilt nun weiterhin als unschuldig. Zudem hätte der Kfz-Halter ohne Schadenswiedergutmachung in der strafrechtlichen Hauptverhandlung unseren Mandanten zivilrechtlich in Anspruch genommen. Die Rechtsverfolgungskosten wären vermutlich höher gewesen als der Schadensbetrag selbst.

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Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung mit Pfefferspray – Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, im Rahmen eines Nachbarschaftsstreits einem Nachbarn mit Pfefferspray in das Gesicht gesprüht zu haben, als sich dieser bei unserem Mandanten über Lärm beschweren wollte. Hierdurch soll er sich wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar gemacht haben. Die gefährliche Körperverletzung wird mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 10 Jahren bestraft. Gegen den Mandanten sprach, dass der Nachbar Pfefferspray in sein Auge erhalten habe und medizinisch behandelt worden sei.

Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern nahm Akteneinsicht und verfasste einen umfangreichen Schriftsatz. In diesem beantragte er die Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO.

Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern bestritt den gegen unseren Mandanten erhobenen Vorwurf und schilderte sodann das Geschehen aus dessen Sicht.

Zum Zeitpunkt des verfahrensgegenständlichen Geschehens habe sich unser Mandant in der Wohnung seiner Freundin aufgehalten. Dabei hätten sie Lärm aus der Wohnung des Nachbarn vernommen, dessen Kinder schrien, sprangen und Ball spielten. Sodann hätten unser Mandant und seine Freundin Klopfgeräusche gehört. Es habe an der Tür geklingelt und die Freundin unseres Mandanten habe öffnete. Vor der Tür habe der Nachbar gestanden. Als dieser zunehmend lauter und bedrohlicher geworden sei, sei unser Mandant aus Sorge um seine Freundin zur Tür gegangen und habe den Nachbarn zum Gehen aufgefordert.

Der Nachbar hätte sich bedrohlich aufgebaut und gestikuliert. Eine Hand hätte er hinter der Gesäßtasche behalten. Als er diese hervorholte schloss unser Mandant die Tür. Der Nachbar habe Pfefferspray. Es sei davon auszugehen, dass sich der Zeuge dabei versehentlich selbst ansprühte.

Es sei somit genau umgekehrt gewesen, als der Nachbar der Polizei geschildert habe.

Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern verwies in seinem Schreiben sodann auf die Inkonsistenz der Aussagen des Zeugen.

Der Zeuge behauptete zunächst, dass unser Mandant auf den Boden getreten habe, wohingegen er in seiner schriftlichen Stellungnahme angab, dass anhaltend gegen die Wand geschlagen wurde.

In seiner polizeilichen Vernehmung am Tatort schildert er, unser Mandant habe die Tür geöffnet und sofort Pfefferspray in die Augen des Zeugen gesprüht. Später erinnert der Zeuge jedoch, dass er erst mit der Freundin unseres Mandanten diskutiert habe und unser Mandant daraufhin hinzugetreten sei und nach einer Beleidigung in die Augen des Zeugen gesprüht habe.

Solche Abweichungen im Kernbereich der Anschuldigung sprechen deutlich gegen die Glaubhaftigkeit eines Zeugen.

Nach alledem bestand aus der Sicht von Rechtsanwalt Stern kein hinreichender Taterdacht gegen unseren Mandanten. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren antragsgemäß nach § 170 Abs. 2 StPO ein.

Unser Mandant war sehr erleichtert über den Ausgang des Verfahrens, ein Eintrag ins Bundeszentralregister konnte verhindert werden.

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Corona-Subventionsbetrug – Verfahrenseinstellung durch das Gericht vor der Hauptverhandlung

Unserer Mandantin wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vorgeworfen, zur Erlangung einer Subvention im Rahmen der Corona-Soforthilfe der Investitionsbank Berlin einen Online-Antrag auf Corona-Zuschuss für Kleinunternehmer, Solo-Selbständige und Freiberufler gestellt zu haben, obwohl sie die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Sie habe daher unrichtige Angaben bezüglich erheblicher Tatsachen getätigt und dabei 5.000,00 € erlangt.  Hierdurch soll sich unsere Mandantin wegen Computerbetrugs gemäß § 263a Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben.

Nach Mandatierung legte Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Konstantin Stern Einspruch gegen den Strafbefehl ein und holte die Akte bei der zuständigen Geschäftsstelle ab, arbeitete diese durch und verfasste sodann einen umfangreichen Schriftsatz an das Amtsgericht. Darin regte Rechtsanwalt Stern die Einstellung des Verfahrens an.

Rechtsanwalt Stern führte aus, dass unsere Mandantin im Zeitpunkt der Antragstellung hauptberuflich als freie Immobilienmaklerin in einer Firma tätig gewesen sei. Zu einem echten Immobiliengeschäft war es aber zu diesem Zeitpunkt pandemiebedingt noch nicht gekommen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden unserer Mandantin, anders als geplant, nämlich keine Aufträge von der Immobilienfirma vermittelt, insbesondere weil aus Sorge um die Gesundheit keine Besichtigungen stattgefunden hätten. Aus Angst um ihre berufliche und betriebliche Existenz habe unsere Mandantin sodann den Corona-Zuschuss bei der Investitionsbank beantragt.

Rechtsanwalt Stern telefonierte sodann mit dem Gericht. Der für die Sache zuständige Richter bemängelte, dass unsere Mandantin während des Bewilligungszeitraums von Berlin in ein anderes Bundesland umgezogen war und dort eine Festanstellung angenommen hatte. Vor diesem Hintergrund sei fraglich, ob die freiberufliche Maklertätigkeit tatsächlich ernstlich geplant gewesen sei. Rechtsanwalt Stern entgegnete, dass das Beibehalten des Wohnsitzes während des Bewilligungszeitraums nicht explizit im Antragsformular vorausgesetzt worden sei. Darüber hinaus sei unserer Mandantin im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht bewusst gewesen, dass sie ihren Wohnsitz wechseln würde. Der Wohnsitzwechsel war gerade durch die fehlende Auftragslage motiviert worden.

Dem zusätzlichen Einwand des Gerichts, dass das Konto der Antragstellerin noch keinerlei Umsätze aufgewiesen habe, die auf eine echte wirtschaftliche Betätigung schließen ließen, begegnete Rechtsanwalt Stern mit dem Argument, dass im Antragsformular lediglich  eine Bankverbindung inklusive dem Namen des Kontoinhabers und einer gültigen deutschen IBAN gefordert worden sei, nicht jedoch ein Konto, welches bereits Umsätze aufwies. Unsere Mandantin hätte sehr gern Umsätze generiert. Genau das war aber pandemie- und lockdownbedingt nicht möglich gewesen.

Rechtsanwalt Stern einige sich mit dem Gericht darauf, dass das Verfahren gegen Rückzahlung der möglicherweise zu Unrecht erlangten Subvention zusätzlich einer niedrigen Geldauflage an eine Organisation für die Förderung von Kindern einzustellen sei. Der Richter überzeugte sodann die Staatsanwaltschaft, dieser Verfahrenserledigung zuzustimmen.

Unsere Mandantin war sehr erleichtert über den Ausgang des Verfahrens. Im Falle einer Verurteilung hätte unsere Mandanten neben der Geldstrafe auch eine Eintragung im Führungszeugnis wegen Computerbetrugs erlitten. Dies wäre für das berufliche Fortkommen unsere Mandantin als Immobilienmaklerin sehr hinderlich gewesen.

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Protest gegen Festnahme eines Rechtsanwalts bei der Besetzung der HU

Am 23. Mai 2024 wurde das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes gefeiert. Leider zeigte sich gerade an diesem Tag, dass die Einhaltung von Grundrechten durch die Polizei auch 75 Jahre nach ihrem Inkrafttreten nicht als selbstverständlicher Mindeststandard gewährleistet ist. Die Festnahme eines Rechtsanwalts während der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit stellt einen schweren Grundrechtseingriff dar, der generell zu unterbleiben hat. Es darf nicht sein, dass die Staatsspitze die Grundrechte feiert, während wenige Kilometer entfernt die staatlichen Akteure, die mit den Bürgerinnen und Bürgern in direkten Kontakt kommen, eben diese Grundrechte außer Acht lassen. Nach den uns vorliegenden Informationen hat sich Folgendes ereignet: Am vergangenen Mittwoch und Donnerstag besetzten Studierende das Sozialwissenschaftliche Institut der Humboldt-Universität (HU). Ein anwaltlicher Kollege und Mitglied der Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen fungierte an beiden Tagen als Rechtsbeistand der besetzenden Studierenden. Das Recht auf anwaltlichen Beistand besteht auch für die Protestierenden uneingeschränkt. Nach den uns bekannten Informationen war unser Kollege während der Gespräche mit dem Präsidium der HU anwesend und zudem auch durch dieses zugelassen. In Absprache mit dem Präsidium der HU sollte den Studierenden am Donnerstag die Gelegenheit gegeben werden, das Gebäude gemeinsam mit den Professor*innen geordnet und ohne polizeiliches Einschreiten zu verlassen. Trotz zunächst gewährter Zusage hinsichtlich des geplanten Ablaufs seitens der Polizeilichen Leitung wurde das Gebäude schließlich geräumt und sämtliche Personen einer Identitätsfeststellung unterzogen. Aus verschiedenen Quellen ist zu entnehmen, so berichten es etwa „Der Tagesspiegel“ und „Die Zeit“, dass die Anweisung der Räumung ausdrücklich von dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und dem Senat erteilt worden sie soll. Auch dies wäre im Übrigen bereits für sich bemerkenswert, soll aber an dieser Stelle nicht vertieft werden. Wegner bestreitet mittlerweile offenbar eine Anweisung, was aber an dem Vorgehen der Polizei gegenüber unserem Kollegen auch nichts ändert. 

Als eine Person festgenommen wurde, wollte unser Kollege diese anwaltlich begleiten. Er wies sich dabei gegenüber den Polizeibeamten als Rechtsanwalt aus. Er teilte mit, dass er als Rechtsbeistand der Studierenden mit ausdrücklicher Zustimmung des Präsidiums der HU im Gebäude anwesend gewesen sei. Dennoch schreckten die Strafverfolgungsbehörden nicht davor zurück, den Kollegen festzunehmen. Als er forderte, zu benennen, was ihm vorgeworfen wird (Teil des Grundrechts auf rechtliches Gehör und des grundrechtlichen Rechtsstaatsprinzips), konnte man ihm das offenbar nicht sagen. Später belehrte man ihn als Beschuldigten wegen schweren Landfriedensbruchs. Außerdem wurde er einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen. Im Anschluss wurde ihm sogar noch – auch dies offensichtlich in Kenntnis seiner Eigenschaft als vor Ort tätiger Rechtsanwalt – ein Platzverweis für die nächsten 24 Stunden erteilt. Diese Maßnahmen ergingen offenbar, oder dass sein besonderer rechtlicher Status als dort beruflich tätiger Rechtsanwalt irgendwie berücksichtigt wurde.  Dieses uns mitgeteilte Vorgehen verstößt aus unserer Sicht gegen gleich mehrere Grundrechte: Zum einen stellt es einen schweren Eingriff in die von Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit der Rechtsanwält*innen dar, der unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigen ist. Es muss offenbar daran erinnert werden, dass bereits in den 1970er Jahren das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden hat, dass die berufliche Tätigkeit von Anwälten besonders geschützt ist und daher etwa ein Ausschluss von Anwält*innen aus Verfahren ohne gesetzliche Grundlage verfassungswidrig ist. § 3 Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), hält folgerichtig fest, dass das Recht der Anwaltschaft, in Rechtsangelegenheiten aller Art und auch gegenüber Behörden wie der Polizei beruflich tätig zu werden, nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden darf. Eine solche gesetzliche Grundlage ist hier nicht zu erkennen. Zudem bedeutet die Festnahme eines Rechtsanwalts zugleich regelmäßig, dass auch den von ihm beratenen Personen der Rechtsbeistand entzogen wird. Damit wird zusätzlich bei derartigen Maßnahmen immer auch in deren Grundrechte schwerwiegend eingegriffen. Der Bundesgerichtshof (BGH) führte dazu in den 1980er Jahren aus, dass etwa das Recht auf umfassende Verteidigung im Strafverfahren Verfassungsrang hat: „Es gehört zu den elementaren Attributen menschlicher Würde und zu den fundamentalen Prinzipien des Rechtsstaats“. Betroffen sind des Weiteren das grundgesetzliche Rechtsstaatsprinzip, das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf rechtliches Gehör. Daher führt eine Kriminalisierung von Rechtsanwält*innen bei der grundrechtlich gewährleisteten Ausübung ihres Berufes zur Missachtung des Rechts auf rechtlichen Beistand insgesamt. Wir wenden uns entschieden gegen das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden und fordern von sämtlichen Akteur*innen und Institutionen in unserem Rechtsstaat, dem Grundgesetz nicht nur am 23. Mai durch Festakte zu gedenken, sondern sondern dafür zu sorgen, dass dieses an jedem Tag im Jahr auch eingehalten wird. Wir fordern, uneingeschränkt die verfassungsrechtlich verankerte Berufsfreiheit für Rechtsanwält*innen anzuerkennen.

Der Vorwurf gegen den Rechtsanwalt muss vor diesem Hintergrund sofort fallengelassen und die Hintergründe dieses Vorgehens müssen unverzüglich und transparent für die Öffentlichkeit aufgeklärt werden. 

Dies dürfte das Grundgesetz weit mehr ehren als jeder Festakt. Damit auch die Berliner Polizei sagen kann: „Grundgesetz: Da für Dich, 365 Tage im Jahr“. (Pressemitteilung des Vorstands der Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen e.V.)
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