Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und Fahren ohne Fahrerlaubnis – Verfahrenseinstellung gemäß § 153 StPO trotz erdrückender Beweislage.

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, bei dem Versuch, mit einem PKW-Transporter aus einer Parklücke herauszufahren, einen in der Nähe abgeparkten PKW beschädigt zu haben. Sodann soll sich unser Mandant vom Unfallort entfernt haben, ohne die erforderlichen Feststellungen ermöglicht zu haben. Zudem hätte unser Mandant zu diesem Zeitpunkt über keine gültige Fahrerlaubnis verfügt und sich nach alledem wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 StGB sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG strafbar gemacht.

Nach Mandatierung nahm Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht, arbeitete die Akte umgehend durch und verfasste anschließend einen umfangreichen Schriftsatz an die Staatsanwaltschaft. In diesem beantragte er, da gegen unseren Mandanten kein hinreichender Tatverdacht im Sinne einer überwiegenden Verurteilungswahrscheinlichkeit bestehe, die Verfahrenseinstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO:

Zunächst konnte unser Mandant von keinem Zeugen als Fahrzeugführer identifiziert werden, da der Halter des beschädigten Pkw zum Unfallzeitpunkt nicht vor Ort gewesen sei.

Zwar hätte eine Zeugin beobachtet, dass am Tag des verfahrensgegenständlichen Geschehens ein Transporter beim Rangieren mit der hinteren Fahrzeugseite gegen die vordere Fahrzeugseite eines abgeparkten PKW gestoßen sei und Fahrer und Beifahrer nach Schadensbegutachtung den Ort des Geschehens wieder verlassen hätten. Zu den beobachteten Personen gab die Zeugin jedoch lediglich an, dass diese männlich gewesen seien.

Dies konnte sie jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit aussagen. Die Zeugin verfügte nämlich nach eigenen Angaben über eine Sehbeeinträchtigung und trug zur Zeit des Unfalls keine Brille. Weshalb sie selbst angab: „Wenn ich das richtig erkannt habe, waren es zwei Männer.“ Mithin kann nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob es sich bei den beobachteten Personen tatsächlich um männliche Personen handelte.

Höchst problematisch war jedoch, dass mehrere Familienangehörige schriftliche Stellungnahme zum Sachverhalt zur Akte gereicht hatten und darin unseren Mandanten schwer belasteten.

Im Rahmen eines Schriftsatzes schilderte der Anwalt eines Zeugen, dass unser Mandant zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Handlung Fahrzeugführer gewesen sei. Dies war überaus belastend. Rechtsanwalt Stern gelang es jedoch, den Zeugen über dessen Zeugnisverweigerungsrecht aus § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO zu belehren, da der Zeuge der Halbbruder unseres Mandanten war. Der Halbbruder entschloss sich daraufhin, keine weiteren Angaben zu machen und auch im Falle einer Hauptverhandlung der Verwendung der im Rahmen des anwaltlichen Schriftsatzes getätigten Angaben nicht zuzustimmen, sodass eine Verwertung des Anwaltsschreibens in einer Hauptverhandlung ausschied. Des Weiteren stand dem Bruder ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO zu, wonach ein Zeuge die Auskunft auf solche Fragen verweigern kann, deren Beantwortung ihn selbst oder einen nach § 52 Abs. 1StPO bezeichneten Angehörigen in die Gefahr bringen würden, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Auch die überaus belastende Erklärung einer weiteren Person konnte keinen hinreichenden Tatverdacht gegen unseren Mandanten begründen. Zunächst wurde diese Person fehlerhaft als Zeuge belehrt. Stattdessen wäre diese Person als Mitbeschuldigten zu führen gewesen. Somit stand auch dem Mitbeschuldigten ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO zu, von welchem dieser, nach später erfolgter Belehrung, auch Gebrauch machen würde.

Eine Verlesung der schriftlichen Stellungnahme hätte voraussichtlich nur einen sehr geringen Beweiswert, da der Mitbeschuldigte der deutschen Sprache nicht mächtig sei und kein Wort der schriftlichen Stellungnahme selbst verfasst habe, womit unklar ist, auf wessen Wahrnehmungen die Erklärung beruhen soll. Folglich wäre der Wahrheitsgehalt der Angaben in einer Hauptverhandlung nicht nachprüfbar. Überdies würde sich der Mitbeschuldigt auf sein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 52 StPO berufen, da er der Schwager unseres Mandanten sei.

Nach diesen Ausführungen standen keine verwertbaren Beweismittel zur Verfügung, die den behaupteten Unfall in Verbindung mit unserem Mandanten bringen konnten. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts gemäß § 153 Abs.1 StPO eingestellt.

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Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – versuchte gefährliche Körperverletzung – Beleidigung – Bedrohung – Tätlicher Angriff – Verurteilung zu einer Geldstrafe

Unserem Mandanten wurde mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vorgeworfen, wegen einer vorangegangenen Sachbeschädigung und Bedrohung vorläufig in Polizeigewahrsam genommen worden zu sein. Dabei sei er auf einem Stuhl platziert und durch mehrere Beamte bewacht worden. Unser Mandant hätte mehrfach versucht den Platz zu verlassen, weshalb ihn die Beamten zurückdrängt hätten. Hiergegen hätte unser Mandant sich zur Wehr gesetzt, indem er mit seinem Fuß einem Beamten gegen das Knie getreten hätte. Die Füße seien mit Arbeitsschuhen mit Stahlkappen bekleidet gewesen. Währenddessen hätte unser Mandant die Beamten schwer beleidigt. Als unser Mandant erneut vom Stuhl aufgesprungen und drohend auf die Beamten zugelaufen sei, hätten diese ihn zu Boden gebracht, wogegen sich unser Mandant erneut zur Wehr gesetzt habe.

Nach Erhalt der Anklageschrift kontaktierte unser Mandant Rechtsanwalt Stern und vereinbarte mit diesem einen persönlichen Besprechungstermin. Anschließend holte Rechtsanwalt Stern die Ermittlungsakte bei der zuständigen Geschäftsstelle und arbeitete sie umgehend durch. Während des persönlichen Gesprächs mit dem Mandanten in unserem Büro berichtete unser Mandant, dass er die ihm vorgeworfenen Taten bereue. Aus diesem Grund entschied Rechtsanwalt Stern, dass unser Mandant sich selbst vor Gericht äußern sollte. Bei einem weiteren Gespräch bereitete Rechtsanwalt Stern den Mandanten umfassend auf seine Aussage vor Gericht vor. Dabei wurden mögliche Fragen sowie darauf passende Antworten besprochen.

Während der Hauptverhandlung äußerte sich unser Mandant – wie zuvor besprochen – selbst. Er räumte die ihm vorgeworfenen Taten ein und entschuldigte sich bei den Polizeibeamten. Diese nahmen die Entschuldigung an.

Anschließend wurden zahlreiche Zeugen – insbesondere die Polizeibeamten – von Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern detailliert befragt.

Wegen des umfangreichen Zeugenprogramms kam es schließlich zu zeitlichen Problemen. Aus diesem Grund unterbrach das Gericht die Hauptverhandlung für ein Gespräch über das weitere Verfahren. Dabei schlug Rechtsanwalt Stern die Verurteilung zu einer Strafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro vor, da unser Mandant nicht vorbestraft war und auch keine Eintragungen im Führungszeugnis aufwies. Allein der Tritt gegen das Knie des Polizeibeamten sieht eigentlich im Mindestmaß Freiheitsstrafe vor.

Unser Mandant ist sehr erleichtert über den Verfahrensausgang, insbesondere über die geringe Strafe. Er gilt aufgrund der Tagessatzanzahl von 90 als nicht vorbestraft.

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Gemeinschaftlicher Diebstahl eines Mercedes-Benz Sprinter von einem Firmengelände – Bewährungsstrafe

Unserem Mandanten wurde mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin Folgendes vorgeworfen:

Unser Mandant habe sich nachts mit unbekannten Personen zu einem Firmengelände begeben. Dort angekommen, habe sie zwei weiße Kraftfahrzeuge vom Typ Mercedes-Benz Sprinter entwendet. Unser Mandant habe die verschlossenen Fahrzeuge im Gesamtwert von ca. 100.000,00 Euro mittels unbekannten Werkzeugs geöffnet und die Steuerungseinheit aus- und eine mitgebrachte eingebaut.. Anschließend sei er mit den unbekannten Personen losgefahren. Hierbei seien sie von der Polizei erwischt und verfolgt worden. Auf der Verfolgungsjagd sei eines der beiden Fahrzeuge verunfallt. In dem verunfallten Sprinter seien sodann DNA-Spuren von unserem Mandanten sichergestellt worden.

Hierdurch habe sich unser Mandant wegen eines gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall strafbar gemacht.

Gegen unseren Mandanten wurde ein Haftbefehl erlassen, aufgrund dessen er in Untersuchungshaft genommen wurde. Bei unserem Mandanten bestand aus Sicht des Bereitschaftsgerichts Fluchtgefahr. Nach den Umständen des Falles sowie im Hinblick auf die Schwere des Vorwurfs lagen Anhaltspunkte dafür vor, dass sich unser Mandant dem Verfahren durch Flucht entziehen würde. Er habe mit einer fluchtanreizbietenden Strafe zu rechnen und sei als polnischer Staatsangehöriger auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne festen Wohnsitz. Im Übrigen habe sich unser Mandant bereits für ein anderes Verfahren, in welchem ihm ebenfalls ein Diebstahl im besonders schweren Fall vorgeworfen wurde, in Untersuchungshaft befunden.

In solchen Fällen ist es das Wichtigste, die Staatsanwaltschaft zu einer schnellen Anklageerhebung zu bewegen und mit dem Amtsgericht einen möglichst zeitigen Hauptverhandlungstermin zu vereinbaren. Rechtsanwalt Stern setzte sich daher unmittelbar mit den Akteuren in Verbindung und konnte einen Hauptverhandlungstermin nur wenige Wochen nach der Inhaftierung erzielen.

Aufgrund der erdrückenden Beweislage bereitete Rechtsanwalt Stern mit unserem Mandanten eine vollumfängliche geständige Einlassung vor.

In der Hauptverhandlung ließ sich unser Mandant dahingehend ein, dass er an dem Tag des Diebstahls eine Nachricht über sein Handy bekommen habe. Er sei dann mit anderen Personen, die er nicht kenne, von Polen nach Deutschland gefahren. Unser Mandant habe sich entsprechend der Anweisung mit unbekannten Dritten zu dem Firmengelände begeben und die Fahrzeuge – wie oben beschrieben – gestohlen. Im Anschluss daran habe sich die Verfolgungsjagd mit der Polizei ereignet.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes befand das Amtsgericht unseren Mandant des gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall für schuldig und verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden. Hierbei berücksichtigte das Amtsgericht, dass unser Mandant ein Geständnis abgelegt und insgesamt in Deutschland eine längere Zeit in Untersuchungshaft gesessen hatte.

Unser Mandant wurde umgehend aus der Haft entlassen. Er war über den Ausgang des Verfahrens sehr erleichtert.

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Streit im Nachtbus: Beleidigung des Busfahrers – Einstellung des Verfahrens

Unserer Mandantin wurde vorgeworfen, im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung in einem Nachtbus den Busfahrer als „Arschloch“ bezeichnet und ihm den Mittelfinger gezeigt zu haben. Hierdurch soll sie sich wegen Beleidigung strafbar gemacht haben.

Nach Mandatierung besorgte sich Rechtsanwalt Stern die Ermittlungsakte und arbeitete diese gründlich durch. Im Anschluss daran verfasste Rechtsanwalt Stern einen ausführlichen Schriftsatz an die Staatsanwaltschaft Potsdam, in dem er beantragte, das Verfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts einzustellen.

Rechtsanwalt Stern schilderte, dass die Angaben des Busfahrers nach Aktenlage stark von denen unserer Mandantin abweichen würden.

Unsere Mandantin soll gegenüber den Polizeibeamten angegeben haben, dass sie den Bus an ihrer Haltestelle habe verlassen wollen. Dafür habe sie sich zunächst an die mittlere Tür gestellt und anschließend den Anhalteknopf gedrückt. Der Busfahrer sei jedoch an der Haltestelle vorbeigefahren, weshalb unsere Mandantin ihn aufgefordert habe, anzuhalten. Demgegenüber soll der Busfahrer bestritten haben, dass unsere Mandantin den Anhalteknopf gedrückt habe, weshalb er auch an der Haltestelle vorbeigefahren sei. Dabei hätte unsere Mandantin laut geschrien, dass sie aussteigen wolle.

Überdies soll unsere Mandantin angegeben haben, dass der Busfahrer sie beim Aussteigen als „Dumme Fotze“ bezeichnet habe, woraufhin sie ihn „Arschloch“ genannt habe. Der Busfahrer habe jedoch behauptet, dass unsere Mandantin ihn zunächst als „Arschloch“ bezeichnet habe, worauf der Busfahrer zu unsere Mandantin „Sie auch“ gesagt habe und unsere Mandantin dem Busfahrer anschließend den Mittelfinger gezeigt hätte.

Rechtsanwalt Stern argumentierte, dass für die Glaubhaftigkeit der Angaben unserer Mandantin jedenfalls spreche, dass sie selbst die Polizei über den Sachverhalt informiert hatte.

Aufgrund der gegensätzlichen Einlassungen und dem Umstand, dass keine weiteren objektiven Beweismittel zur Verfügung gestanden haben, hätte laut Rechtsanwalt Stern in einer etwaigen Hauptverhandlung ein sicherer Tatnachweis nicht geführt werden können.

Daher beantragte Rechtsanwalt Stern, das Verfahren einzustellen. Die Staatsanwaltschaft folgte seiner Auffassung und stellte das Verfahren antragsgemäß ein.

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Urkundenfälschung – Verfahrenseinstellung gemäß § 153 Abs. 1 S. 1 StPO

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, einen gefälschten ausländischen Führerschein zur Umschreibung in eine deutsche Fahrerlaubnis der Klasse B vorgelegt zu haben. Hierdurch habe sich unser Mandant wegen Urkundenfälschung und versuchter mittelbarer Falschbeurkundung strafbar gemacht.

Nach Erhalt eines polizeilichen Anhörungsschreibens bat uns der Mandant um rechtliche Hilfe und Unterstützung. Wir rieten ihm, sich vorerst nicht zu äußern. Rechtsanwalt Stern beantragte unmittelbar nach Mandatierung Akteneinsicht und verfasste auf Grundlage der Akte einen umfangreichen Schriftsatz an die Staatsanwaltschaft, in dem er die Verfahrenseinstellung anregte.

Zunächst setzte sich Rechtsanwalt Stern in der Stellungnahme mit den Ergebnissen der kriminaltechnischen Auswertung des Führerscheins auseinander. Das LKA war von einer Fälschung ausgegangen.

Es konnte festgestellt werden, dass der Führerschein dem zur Herstellung verwendeten Druckverfahren und in der Art der Personalisierung den Beschreibungen und Abbildungen echter Führerscheine des Ausstellungslandes entspricht. Zwar wich das Dokument in Teilen von der Gestaltung und dem Textinhalt von dem Original ab, jedoch wurde im Gutachten ausgeführt, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich bei dem Papierführerschein um eine den Gutachtern nicht bekannte Variante eines echten Formulars handele.

Dass die kriminaltechnische Untersuchung bemängelt hatte, dass auf der ausländischen Fahrerlaubnis einige Begriffe (insbesondere „license“) falsch geschrieben worden seien, konnte Rechtsanwalt Stern verhältnismäßig leicht entkräften: Die Übersetzung für (Fahr-)Erlaubnis wurde zwar ungewöhnlicherweise in zwei verschiedenen Varianten „License“ und „Licence“ verwendet, allerdings seien beide orthographisch korrekt (britisches und amerikanisches Englisch).

Unserem Mandanten wurde außerdem vorgeworfen, das Dokument durch Rasuren im Bereich der Namenseintragung verfälscht zu haben. Dem konnte Rechtsanwalt Stern jedoch entgegenhalten, dass es sich dabei um eine bloße Beschädigung des Papiers handle, da die Beschriftung, die auf beiden Seiten des Papiers festgestellt werden konnte, dem Vor- und Vatersnamen unseres Mandanten entspreche. Auf diese Weise werden im Ausstellungsland des Papiers regelmäßig die Namensangaben auf Führerscheinen vorgenommen.

Zuletzt konnte durch eine Anfrage beim Fahrerlaubnisregister des Ausstellungslandes bestätigt werden, dass die Fahrerlaubnis unseres Mandanten im System registriert ist.

Die Staatsanwaltschaft schloss sich den Ausführungen von Rechtsanwalt Stern an und stellte das Verfahren mit Zustimmung des Gerichts schließlich ein. Unser Mandant ist sehr erleichtert über den Verfahrensausgang und gilt mit Verfahrenseinstellung weiterhin als nicht vorbestraft. Das Strafverfahren steht der begehrten Einbürgerung nun nicht mehr im Wege.

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Seifert: Forensische Psychiatrie

Regelmäßige Leser des Fachblogs haben sicherlich festgestellt, dass wir besonders gern Kommentarliteratur rezensieren und darüber berichten, was sich zwischen der 57. und der 58. Auflage geändert hat. Ab und zu bringt der freundliche DHL-Bote jedoch eine Erstauflage ins Büro. Und wenn dann die Pausenglocke läutet, ist Zeit für ganz Neues. So auch hier:

Der Autor, Dieter Seifert, Jahrgang 1959, ist studierter Humanmediziner und Ärztlicher Direktor der Alexianer Christophorus Klinik in Münster (Habilitation zu Gefährlichkeitsprognosen von Patienten des psychiatrischen Maßregelvollzugs), lehrt forensische Psychiatrie sowohl an medizinischen als auch juristischen Fakultäten und ist zudem seit 30 Jahren als Gerichtsgutachter tätig. Sagen wir es so: Seifert braucht für dieses Werk keinen Ghostwriter.

Das Buch hat eine gut nachvollziehbare Gliederung: Der Autor widmet sich zunächst der psychiatrischen Krankheitslehre und erläutert dann verschiedene Krankheitsbildern an, die gelungen nach den Eingangsmerkmalen des § 20 StGB – der Zentralnorm für Schuldunfähigkeit aufgrund seelischer Störungen – geordnet sind. Im Anschluss werden Fragen des gerichtlichen Sachverständigengutachtens, des Maßregelvollzugs und der Beurteilung von Legalprognosen erörtert.

Immer wieder gelingt es ihm dabei, einen Bogen zu spannen von der medizinisch-psychiarischen Fachmaterie zum juristischen Anwendungsbereich, was es nicht nur für Studierende und Praktiker der forensischen Psychologie, sondern auch Studierende und Praktiker der Juristerei äußerst empfehlenswert macht.

Der Text ist angenehm lesbar, was auch an den immer wieder eingestreuten reale Fallbeispielen und solchen aus Filmen und Romanen dient. Eine gute Idee!

Etwas stärker ins Detail hätte der Autor allenfalls hinsichtlich der Differenzierung zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die in der forensischen Psychiatrie sonst nach meiner Wahrnehmung eine große Rolle spielen. Auch ein Exkurs in die Strafrechtssysteme anderer Staaten und deren Beurteilung psychischer Krankheiten in Bezug auf persönlich vorwerfbare Schuld. Nichtsdestotrotz handelt es sich um ein äußerst gelungenes Fachbuch, welches sich mit der Schnittstelle zwischen Psychiatrie und Strafrecht befasst.

Insgesamt zeigt das Werk jedoch auf eine umfangreiche, aber nicht überfordernde Art die Grundlagen vor psychischer Erkrankungen im juristischen und kriminologischen Kontext auf. Dabei wird das Buch ohne Zweifel seinem Anspruch gerecht, die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Bereich der forensischen Psychiatrie zu fördern. Wir empfehlen es gern.

Seifert, Dieter: Forensische Psychiatrie, Beck, München 2024, 69 Euro.

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Betrug und strafbare Verletzung einer Unionsmarke – Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StGB in der Hauptverhandlung

Unserm Mandanten wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vorgeworfen, einer Zeugin gefälschte Kopfhörer (angebliche AirPods) verkauft zu haben, die er zuvor im Internet inseriert und im Rahmen eines Chats mit der Zeugin als Originalprodukte dargestellt habe. Dabei habe unser Mandant das gefälschte Produkt zu einem deutliche geringeren Preis als das Originalprodukt angeboten, jedoch hätte der Wert deutlich oberhalb des Wertes des gefälschten Produktes gelegen. Unser Mandant habe sich wegen Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB strafbar gemacht und wegen strafbarer Verletzung der Unionsmarke gemäß § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG.

Nach Mandatierung legte Rechtsanwalt Stern fristgerecht Einspruch gegen den Strafbefehl ein und beschaffte sich die Ermittlungsakte bei der zuständigen Geschäftsstelle.

In einem Verständigungsgespräch vor Beginn der Hauptverhandlung regte Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern die Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage gemäß § 153a StPO an. Dies lehnten jedoch das Gericht und die Staatsanwaltschaft ab.

Während der Hauptverhandlung wurde die Zeugin vernommen. Dabei konnte Rechtsanwalt Stern nachweisen, dass die Zeugin nicht gutgläubig hinsichtlich der Echtheit der Kopfhörer gewesen war. Die Zeugin hätte herausgefunden, dass die Kopfhörer keine Originale gewesen seien, als sie die Kopfhörer reparieren lassen wollte. Jedoch fand dies erst mehrere Monate nach dessen Erwerb statt, sodass nicht mehr geklärt werden konnte, ob es sich wirklich um die aus dem Internet erworbenen Kopfhörer handelte.

Später erwarb die Zeugin noch ein zweites Paar Kopfhörer. Sie wusste, dass dies keine Originale waren. Diese Kopfhörer waren nicht Gegenstand des Verfahrens und wurden dennoch auf Bildern begutachtet, als gefälscht eingeschätzt und als Beweise für die mangelnde Echtheit der verfahrensgegenständlichen Kopfhörer verwendet. Die zuerst erworbenen Kopfhörer wurden nicht begutachtet, so dass sich nicht mehr feststellen ließ, ob diese tatsächlich gefälscht waren.

Überdies konnte auch nicht nachgewiesen werden, dass unser Mandant tatsächlich am Tatort anwesend war. Die Täterbeschreibung der Zeugin war sehr oberflächlich und passte überdies nicht eindeutig auf unserem Mandanten.

Nach dieser Argumentation erklärte sich die Staatsanwaltschaft mit der Verfahrenseinstellung bereit, wenn unser Mandant den Schaden ersetzte. Dem stimmten unser Mandant und Rechtsanwalt Stern zu, sodass das Gericht das Verfahren einstellen konnte.

Unser Mandant ist sehr glücklich über den Ausgang des Verfahrens und gilt weiterhin als nicht bestraft.

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Meyer-Goßner/Schmitt: Unentbehrlicher Klassiker in 67. Auflage erschienen

Der beliebteste und wohl meist genutzte Kurzkommentar zur Strafprozessordnung von Bundesrichter und Richter des Internationalen Gerichtshofs Bertram Schmitt, unter Mitarbeit von Bundesrichter Marcus Köhler, ist am 29. April 2024 in 67. Auflage erschienen.

Zugelassen in allen Bundesländern für das zweite Staatsexamen, zitiert in jeder strafprozessualen Hausarbeit, vorhanden in jedem Sitzungssaal und jeder Kanzlei, ist der Meyer-Goßner/Schmitt in Wissenschaft und Praxis unentbehrlich.

Den Bearbeitern der 67. Auflage gelingt – wie immer – eine präzise und praxisorientierte Darstellung relevanter Vorschriften. Es überzeugen insbesondere die gute Strukturierung, klare Gliederung und der Fettdruck von Schlüsselbegriffen, der das Auffinden relevanter Informationen beschleunigt. Unterstützt wird dies durch das Stichwortverzeichnis.

Vereinfacht wird das vertiefte und fallorientierte Arbeiten mit dem Meyer-Goßner/Schmitt durch die umfassende Einarbeitung aktueller Rechtsbesprechung, wobei sowohl Grundsatzentscheidungen des BGH und BVerfG als auch Entscheidungen des EGMR und des EUGH ausgewertet und zitiert wurden.

In die Neuauflage einbezogen wurden unter anderem das in der Strafrechtswissenschaft, aber auch der Gesellschaft viel diskutierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Unvereinbarkeit des § 362 Nr. 5 StPO mit Art. 103 Abs. 3 GG und dem Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) (BVerfG 31.10.2023 – 2 BVR 900/22). Außerdem ergänzenden die Bearbeiter das Werk um das Rückführungsverbesserungsgesetz vom 21. Februar 2024, sowie das Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vom 26. Juli 2023, das Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2022, zur elektronischen Erhebung der Bankenabgabe und zur Änd. der StPO vom 25. März 2023.

Herausgeber, Bearbeiter und Richter am Internationalen Strafgerichtshof Bertram Schmitt richtete beim Kommentieren der Neuauflage ein besonderes Augenmerk auf das geplante Gesetzes zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts, welches insbesondere die Rechte von Opfern erweitern und den völkerrechtlichen Strafprozess verbessern soll.

Die Kommentierung befindet sich durchweg auf dem neuesten Stand und berücksichtigt die aktuellen Entwicklungen im Strafverfahrensrecht für den Zeitraum März 2023 bis März 2024.

Eine Leseprobe zur aktuellen Ausgabe befindet sich im Beck-Shop: https://www.beck-shop.de/meyer-gossner-schmitt-strafprozessordnung-stpo/product/35691077 

Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung: StPO, Beck´scher Kurzkommentar, München 2024, 2852 S., 115,00 Euro.

Posted by stern in Rezension

Vorwurf der Körperverletzung – Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 As. 2 StPO

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, seinen WG-Mitbewohner im Rahmen eines Streits mit einem heißen Wasserkocher verletzt zu haben. Dies wäre als gefährliche Körperverletzung mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 6 Monaten bedroht.

Nach Mandatierung und Akteneinsicht beantragte Rechtsanwalt Stern bei der Staatsanwaltschaft in einem umfangreichen Schriftsatz, das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Rechtsanwalt Stern argumentierte, dass die verschiedenen Aussagen des Mitbewohners stark voneinander abwichen und nicht mit den Angaben einer weiteren Zeugin übereinstimmten.

Zunächst schilderte der Zeuge folgenden Sachverhalt: Er habe sich in der Küche befunden und sich geärgert, dass unser Mandant den Wasserkocher genutzt habe. Aus diesem Grund hätte der Zeuge den Wasserkocher ausgeleert und in die Mülltonne geworfen. Unser Mandant habe dies mitbekommen und sei in der Küche erschienen. Daraufhin hätte er den Wasserkocher aus dem Mülleimer genommen und es sei zum Streit zwischen beiden gekommen. Dabei hätte unser Mandant den heißen Wasserkocher auf den Unterarm des Zeugen gedrückt.

In einer späteren schriftlichen Stellungnahme schildert der Zeuge eine andere Motivation für den Streit, einen abweichenden Geschehensablauf und auch eine andere Verletzungsfolge.

Streitauslöser soll nunmehr gewesen sein, dass sich unser Mandant darüber geärgert habe, dass der Wasserkocher nicht an der „richtigen“ Stelle gestanden habe. Beim Zurückstellen des Wasserkochers habe dieser den rechten Ellenbogen des Zeugen berührt.

Im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung schilderte der Mitbewohner unseres Mandanten erneut einen anderen Sachverhalt. Der Zeuge gab nun einen anderen Standort des Wasserkochers an. Dies stimmte jedoch nicht mit der vom Zeugen im Rahmen der schriftlichen Stellungnahme angefertigten Skizze überein.

Auch den zeitlichen Ablauf stellte der Zeuge anders dar. Der Mitbewohner habe, nachdem er sich verbrannt habe, den Wasserkocher genommen, ihn in der Küchenspüle ausgeleert und anschließend aus dem Fenster des Wohnzimmers in den Vorgarten geworfen. Er erwähnte nicht mehr, dass sich der Wasserkocher zwischenzeitlich im Mülleimer befunden haben soll.

Die Angaben des Mitbewohners wichen auch von denen einer weiteren Zeugin – ebenfalls Mitbewohnerin – ab. Der Zeuge schilderte zu allen drei Zeitpunkten konstant, dass die Zeugin während des verfahrensgegenständlichen Geschehens in der Küche gewesen sei. Anders erklärte dies jedoch die Zeugin selbst. Sie gab an, dass sie erst in die Küche gegangen sei, nachdem sie aus dieser Hilferufe vernommen habe.

Aufgrund dieser stark voneinander abweichenden Angaben bestand kein hinreichender Tatverdacht gegen unseren Mandanten. Die Staatsanwaltschaft schloss sich den Ausführungen von Rechtsanwalt Stern an und stellte das Verfahren antragsgemäß ein.

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Laterne angefahren – Fahrerflucht – Einstellung des Verfahrens

Unserer Mandantin wurde vorgeworfen, an einem Unfall auf dem Parkplatz des Flughafens BER beteiligt gewesen zu sein. Hierbei sei unsere Mandantin mit einem gemieteten Carsharing PKW gegen 04:50 Uhr morgens verunfallt. Sie sei mit dem Bordstein einer Parklücke kollidiert und sodann in den dahinter befindlichen Graben gefahren, wodurch sie eine Laterne beschädigt und in Schieflage gebracht habe. Für den Austausch der Laterne wären Kosten in Höhe von ca. 7.000,00 € entstanden, am Carsharing-Auto ein Schaden in Höhe von ca. 2.000,00 €.

Anschließend habe sich unsere Mandantin in den Innenbereich des Flughafens begeben, am Schalter eingecheckt und nach Durchlaufen der Sicherheitskontrolle gegen 05:45 Uhr die Polizei verständigt.

Hierdurch soll sich unsere Mandantin wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 StGB strafbar gemacht haben.

Besorgt aufgrund des Erhalts eines Anhörungsbogens wandte sich unsere Mandantin an Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern. Nach Beauftragung mit der Verteidigung beantragte Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht, holte die Akte auf der Geschäftsstelle ab, arbeitete diese umfassend durch und schrieb einen Schriftsatz an die zuständige Staatsanwaltschaft.

Rechtsanwalt Stern trug in dieser Stellungnahme vor, dass eine Strafbarkeit gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB ausscheide, da keine feststellungsbereiten Personen vor Ort anwesend gewesen seien und unsere Mandantin ihrer Wartepflicht nachgekommen sei:

Die Bestimmung der Angemessenheit der Wartezeit sei dabei insbesondere abhängig von dem voraussichtlichen Eintreffen feststellungsbereiter Personen, dem Grad des Feststellungsinteresses der Berechtigten, der Eindeutigkeit der zivilrechtlichen Haftungslage und dem Interesse des Unfallbeteiligten, die Unfallstelle aufgrund gesundheitlicher Risiken, wie Kälte, oder dringender beruflicher Verpflichtungen zu verlassen (MüKo-StGB/Zopfs § 142 Rn. 81-86 m.w.N.).

Rechtsanwalt Stern schilderte, dass sich der Unfall an einem Donnerstag zwischen 04:50 Uhr und 04:55 Uhr morgens ereignet habe. Während dieser Tageszeit seien nur wenige Menschen auf dem Parkplatz des Flughafens anzutreffen gewesen. Zudem seien alle Passanten in Eile und nur selten feststellungsbereit.

Es sei auch nicht zu Personenschäden gekommen. Zudem habe sich der Unfall nicht im fließenden Verkehr ereignet, was für ein erhöhtes unfallortbezogenes Feststellungsinteresse der Berechtigten gesprochen hätte (MüKo- StGB/Zopfs § 142 Rn. 82, 84).

Des Weiteren argumentierte Rechtsanwalt Stern, dass die zivilrechtliche Haftungslage im hiesigen Verfahren eindeutig gewesen sei, was ebenfalls für eine kürzere Wartefrist spreche, da die insoweit erforderlichen Feststellungen auch nachträglich ohne die Gefahr eines größeren Beweisverlustes getroffen werden konnten. Unsere Mandantin habe den PKW auf dem Parkplatz belassen und nicht von der Laterne entfernt. Am PKW seien Unfallspuren erkennbar gewesen, die danebenstehende Laterne sei korrespondierend in leichter Schieflage gewesen. Es habe auch keinen Zweifel an der Fahrereigenschaft von unserer Mandantin gegeben. Diese habe ein Carsharing-Fahrzeug genutzt und sich hierfür mit Fahrerlaubnis und Personalausweis persönlich legitimieren und vor der Fahrt mit ihrem eigenen Mobiltelefon anmelden müssen. Vor diesem Hintergrund wäre es ihr nicht glaubwürdig möglich gewesen, ihre Fahrereigenschaft zu bestreiten.

Ferner sei zu berücksichtigen, dass eine nur ex post, das heißt im Nachhinein, sicher festzustellende Schadenshöhe kein entscheidendes Kriterium für das Verhalten des Unfallbeteiligten am Unfallort sein könne, da der Umfang des Schadens aus der Sicht eines objektiven Betrachters an der Unfallstelle zu bestimmen sei, und dem Berechtigten oder sogar der den Unfall aufnehmenden Polizei hierbei häufig Fehleinschätzungen unterlaufen, da zum Beispiel das Ausmaß der Beschädigung erst bei sachverständiger Betrachtung deutlich werde oder die Reparaturkosten mit einem nicht absehbaren Arbeitsaufwand oder nicht kalkulierbaren Materialkosten zusammenhängen (MüKo-StGB/Zopfs § 142 Rn. 84).

Rechtsanwalt Stern teilte mit, dass die erhebliche Schadenshöhe (ca. 9.000,00 €) für einen Laien nicht erkennbar gewesen sei. An dem PKW seien nur leichte Kratzer an der Stoßstange entstanden. Dass die Reparatur einer Laterne solch enorme Ressourcen verschlinge, habe auch Rechtsanwalt Stern überrascht. Es sei nicht zu erkennen gewesen, dass die Laterne nicht einfach hätte gerichtet werden können, sondern letztendlich ersetzt werden musste.

Nach alledem habe sich unsere Mandantin nicht gemäß § 142 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

Rechtsanwalt Stern erklärte, dass unsere Mandantin auch unverzüglich nachträglich die erforderlichen Feststellungen ermöglicht und sich somit auch nicht gemäß § 142 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB strafbar gemacht habe.

Der Begriff der Unverzüglichkeit sei dabei nicht nach fallbezogenen strafrechtlichen Kriterien auszulegen. Sofortiges Handeln im Sinne einer starren Zeitspanne sei nicht verlangt; der Unfallbeteiligte habe aber in der Regel alsbald nach dem Verlassen des Unfallortes, sofern er dazu in der Lage ist, seinen Mitteilungspflichten nachzukommen. Er erfülle diese unverzüglich, wenn die konkrete Gefahr des Beweisverlustes noch nicht eingetreten sei, bzw. die zur Klärung der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit erforderlichen Feststellungen vollständig und ohne zusätzlichen Ermittlungsaufwand noch getroffen werden können. So genüge beispielsweise bei einem nächtlichen Unfall und eindeutiger Haftungslage auch bei erheblichem Sachschaden eine Benachrichtigung alsbald am nächsten Morgen (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09. Juli 1981 – 3 Ss 60/81; OLG Köln, Beschluss vom 09. Juli 1981 – 3 Ss 60/81; Fischer StGB § 142 Rn. 54).

Diese funktionale Auslegung des Unverzüglichkeitsgebots erfordere deshalb ein umgehendes Handeln, wenn ein Unfall vorliege, bei dem Grund und Höhe der Ersatzansprüche von Umständen abhängen, deren erfolgreiche Feststellung mit fortschreitender Zeit abnehme. Eine solche Abhängigkeit bestehe im Hinblick auf die Fahrtauglichkeit des Unfallbeteiligen bei Unfällen mit Personenschaden oder bei Sachschadensunfällen, bei denen sich beide Beteiligte in Bewegung befunden haben (MüKo-StGB/Zopfs § 142 Rn. 109). Die letzten beiden Umstände lagen im hiesigen Verfahren nicht vor.

Indem ohne Rechtsnachteile für die beiden Feststellungsberechtigten die für die Feststellung der zivilrechtlichen Ansprüche erforderlichen Beweise noch haben erhoben werden können, die Beweissituation also nicht konkret und erheblich gefährdet gewesen sei, sei die nachträgliche Meldung und Ermöglichung der relevanten Feststellungen gegenüber den von ihr selbst herbeigerufenen Polizeibeamten ca. 50 Minuten nach dem Unfallgeschehen noch unverzüglich gewesen.

Daher regte Rechtsanwalt Stern an, das Verfahren gemäß § 153 Abs. 1 StPO einzustellen. Die Staatsanwaltschaft Cottbus stimmte diesem Vorschlag zu und stellte das Verfahren ein.

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