Akteneinsicht im Strafverfahren

Wird gegen eine Person ein Strafverfahren eingeleitet, ermitteln die Strafverfolgungsbehörden, in den meisten Fällen ist das die Polizei, den Sachverhalt. Sie durchsuchen Wohnungen, sichern und sichten Urkunden oder befragen Zeugen. Alle Erkenntnisse müssen in der Verfahrensakte dokumentiert werden, Geheimakten darf es nicht geben. In einer Strafakte finden sich daher regelmäßig Protokolle von Zeugenbefragungen und Beschuldigtenvernehmungen, Kopien beschlagnahmter Dokumente, Fotos und Aufnahmen von Überwachungskameras und Handys (auf CD), Gutachten – etwa zum Wirkstoffgehalt von beschlagnahmten Betäubungsmitteln oder zur Überstimmung von DNA-Proben -, Vermerke des Staatsanwalts oder der Polizeibeamten und schließlich ein Auszug aus dem Bundeszentralregister, aus dem sich die Vorstrafen ergeben.

Um sich effektiv gegen den erhobenen Vorwurf, eine Straftat begangen zu haben, zur Wehr setzen zu können, ist in einem Strafverfahren möglichst frühe und umfassende Akteneinsicht erforderlich. Ziel ist, denselben Kenntnisstand zu erhalten, den auch Staatsanwaltschaft und Gericht haben, und zusammen mit den vertraulichen Angaben des Beschuldigten ein umfassendes Bild von der Sachlage zu gewinnen.

Nach aktueller Rechtslage erhält nur ein Verteidiger, also ein Rechtsanwalt im Strafrecht, umfassende Akteneinsicht. Sobald die elektronische Akte eingeführt sein wird, können aber auch unverteidigte Beschuldigte Akteneinsicht nehmen. Bislang wird dem Beschuldigten Akteneinsicht häufig verweigert. Regelmäßig werden ihm auch nur einzelne Aktenbestandteile zur Verfügung gestellt, wobei der Beschuldigte nicht weiß, welche – möglicherweise entlastende – Aktenteile zurückgehalten werden. Zudem ist ein Verteidiger auch in der Lage, die Ermittlungsakte zu interpretieren, Verfahrensfehler zu finden und anhand der gesetzlichen Straftatvoraussetzungen und eine Verteidigungsstrategie zu entwickeln, um so den Beschuldigten von Strafe freizuhalten oder aber zumindest eine möglichst milde Sanktion zu erreichen.

Konkret wird der Verteidiger überlegen, ob er weitere Unterlagen zur Akte reicht oder Ermittlungen und Beweiserhebungen beantragt oder gar selbst durchführt, ob er für den Mandanten eine Einlassung zur Sache vorbereitet oder ob es am besten ist, sich zunächst durch Schweigen zu verteidigen. In den meisten Fällen ist es jedoch die beste Option, zunächst keine Angaben zum Tatvorwurf zu machen und im persönlichen Gespräch mit der Staatsanwaltschaft auf eine Verfahrenseinstellung hinzuwirken. Auch hierfür ist die detaillierte Durcharbeitung des Ermittlungsakte die wichtigste Voraussetzung.