Ehrschutzdelikte

Zu den Ehrschutzdelikten gehören unter anderem die Beleidigung (§ 185 StGB), die üble Nachrede (§ 186 StGB) und die Verleumdung (§ 187 StGB), wobei die Verleumdung das stärkste und die Beleidigung das schwächste Delikt darstellt.

Entsprechend ihres Namens schützen diese Tatbestände die Ehre eines Menschen. Darunter fällt die Menschenwürde (sog. innere Ehre) sowie die Wertschätzung und der Ruf (sog. äußere Ehre) einer Person.

1. Beleidigung, § 185 StGB

Wann ist der Tatbestand erfüllt?

Eine Äußerung ist tatbestandsmäßig im Sinne des § 185 StGB, wenn sie als eine ehrrührige Tatsachenbehauptung oder ein ehrverletzendes Werturteil gegenüber dem Betroffenen oder auch gegenüber einem Dritten kundgetan wird. Die Beleidigung ist also die Kundgabe eigener Miss- oder Nichtachtung.

Werturteile sind Äußerungen, die durch Elemente der subjektiven Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind und daher nicht wahr oder unwahr, sondern nach der persönlichen Überzeugung richtig oder falsch sein können (z.B. „A ist ein Idiot“).

Im Gegensatz dazu versteht man unter Tatsachen alle vergangenen oder gegenwärtigen Sachverhalte, die objektiv bestimmt und dem Beweis zugänglich sind (z.B. „A hat mir gestern meine Uhr gestohlen.“)

Der Tatbestand ist nicht erfüllt bei allgemeinen Unhöflichkeiten, Distanzlosigkeiten oder Persönlichkeitsverletzungen ohne abwertenden Charakter.

Sonderfall der Beleidigung eines Kollektivs als Kollektiv

Fraglich ist, ob die Beleidigung einer Personengemeinschaft ebenfalls den Tatbestand der Beleidigung erfüllt.

Nach herrschender Ansicht der Strafrechtsliteratur und Rechtsprechung sind auch Personengemeinschaften im Hinblick auf ihr soziales Wirken in der Gesellschaft für sich genommen ehrfähig und damit auch beleidigungsfähig, wenn die Personengemeinschaft eine rechtlich anerkannte gesellschaftliche (auch wirtschaftliche) Funktion erfüllt und sie einen einheitlichen Willen bilden kann (OLG Karlsruhe NJW-RR 2007, 1342; LG Stuttgart NStZ 2006, 633.).

Damit unterfallen Beleidigungen die sich gegen „die Polizei“ (OLG Düsseldorf NJW 81, 95; BayObLG Jz 1990, 348.), „die Banker“, „die Politiker“ oder „die Juristen“ richten nicht dem Tatbestand, da sie nicht in der Lage sind einen einheitlichen Willen zu bilden.

Auch die Familienehre ist durch § 185 StGB nicht geschützt (BGH NJW 1951, 531; Fischer, Vorbemerkung zu §§ 185-200 Rn. 11a.).

Sonderfall Beleidigung Einzelner unter einer Sammel- (oder Kollektiv-)bezeichnung

Damit solche Beleidigungen dem Straftatbestand der Beleidigung unterfallen muss eine klare Umgrenzung und Überschaubarkeit des betroffenen Personenkreises gegeben sein und die Äußerung muss in Bezug auf bestimmte, individualisierbare Personen und nicht bloß als allgemeines Werturteil abgegeben worden sein.

Dies ist beispielsweise einschlägig bei der Phrase: „Die Mitarbeiter des RKI sind korrupte Knechte der Pharmalobby“. Allgemeine Werturteile erfüllen die Anforderungen hingegen nicht (z.B. „Die Katholiken sind alle falsch und Lügner“ oder „Alle Männer sind Schweine“).

Beleidigung als Kundgabedelikt

Bei der Beleidigung handelt es sich um ein sogenanntes Kundgabedelikt, das heißt es muss eine Kundgabe eigener Miss- und Nichtachtung stattfinden.

Damit werden Tagebuchaufzeichnungen und Selbstgespräche nicht vom Tatbestand des § 185 StGB erfasst.

Auch Äußerungen im engsten Familienkreis oder auch in vergleichbar engen persönlichen Verhältnissen werden nicht von § 185 StGB erfasst (BVerfG NJW 2007, 1194 (1195).). Anders ist dies nur, wenn sich die Familienangehörigen untereinander beleidigen, da es in diesen Fällen am Vertraulichkeitscharakter der Situation fehlt.

Was unterfällt den Qualifikationstatbeständen der Beleidigung nach § 185 Var. 2, 3 StGB.

Die Variante 2 des § 185 StGB erfasst die öffentliche Beleidigung. Dies sind Äußerungen, die gegenüber einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten oder durch nähere Beziehungen nicht verbundenen Personenkreisen kundgetan werden, beispielsweise kann das bei einer Versammlung oder beim Verbreiten von Inhalten wie Schriften, die mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden geschehen.

Die tätliche Beleidigung wird von Variante 3 erfasst. Hierfür ist ein körperlicher Bezug einer Beleidigung erforderlich, zum Beispiel das Ohrfeigen oder Anspucken.

Wie wird die Beleidigung bestraft?

Die Beleidigung wird grundsätzlich mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe wird die Qualifikation nach § 185 Var. 2, 3 StGB sanktioniert.

Daneben können Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht werden.

Wann sind Beleidigungen von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt?

Die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG schützt grundsätzlich nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen, sondern auch pointierte, polemische und überspitzte Kritik. Wichtig ist, dass nur Meinungen, nicht aber Tatsachen ihrem Schutz unterfallen.

Ob eine Äußerung dabei im Einzelfall der Meinungsfreiheit unterfällt, muss im Rahmen einer Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der geschädigten Person geklärt werden.

Formalbeleidigungen, Schmähkritik oder Angriffe auf die Menschenwürde unterfallen dabei nicht mehr dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG.

2. Üble Nachrede, § 186 StGB

Was beinhaltet der Tatbestand des § 186 StGB?

§ 186 StGB fordert, dass eine ehrrührige Tatsache in Beziehung auf einen anderen behauptet oder gegenüber einem Dritten verbreitet wird. Als objektive Bedingung ist die Nichterweislichkeit der Tatsache erforderlich.

Überdies muss die Tatsache objektiv geeignet sein, den Betroffenen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen; wird nur ein unverfängliches Geschehen abwegig bewertet so genügt das nicht.

Die Nichterweislichkeit einer Tatsache liegt vor, wenn im Strafverfahren nicht festgestellt werden kann, dass die geäußerte Tatsache in ihrem Kern, das heißt in ihrem wesentlichen Punkt, zutrifft.

Behaupten bedeutet, eine Tatsache als nach eigener Überzeugung wahr hinstellen, unabhängig davon, ob die Tatsache als Produkt eigener oder fremder Wahrnehmung erscheint.

Verbreiten ist die Weitergabe einer fremden Äußerung.

Im Gegensatz zum Behaupten macht sich der „Verbreiter“ die Tatsache nicht zu eigen, er tritt also nicht für die Richtigkeit der Aussagen ein, vielmehr gibt er sie als eine fremde Äußerung weiter. In solchen Fällen wird der Täter auch dann nicht entlastet, wenn er sich ausdrücklich von diesen Äußerungen distanziert (BGHSt 18, 182).

Wie wird die üble Nachrede sanktioniert?

Nach § 186 StGB kann eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe verhängt werden.

3. Verleumdung, § 187 StGB

Der Tatbestand der Verleumdung ist erfüllt, wenn eine unwahre, ehrrührige bzw. kreditgefährdende Tatsache in Beziehung auf einen anderen behauptet oder gegenüber einem Dritten verbreitet wird.

Neben dem Tatbestandsvorsatz, im Sinne eines billigend-in-Kauf-nehmens, erfordert der § 187 StGB Wissentlichkeit (dolus directus zweiten Grades) hinsichtlich der Unwahrheit der behaupteten Tatsache.

Wie hoch ist die Strafe für eine Verleumdung?

Die Verleumdung wird gemäß § 187 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

4. Wie sollte bei Konfrontation mit dem Vorwurf der Beleidigung, üblen Nachrede oder Verleumdung vorgegangen werden?

In der Regel erfährt man von solchen Vorwürfen durch ein Anhörungsschreiben der Polizei. Auf dieses sollte jedoch vor Kenntnis der Aktenlage nicht reagiert werden. Vielmehr sollte zunächst ein Anwalt kontaktiert werden. Dieser kann Akteneinsicht nehmen und anschließend das weitere Vorgehen gezielt planen.

Die Kontaktaufnahme mit einem Anwalt sollte möglichst frühzeitig erfolgen. Auf diese Weise kann möglicherweise bereits vor Beginn der Hauptverhandlung eine Verfahrenseinstellung erreicht und so eine Eintragung ins Führungszeugnis verhindert werden. Auch während der Hauptverhandlung bleibt eine Verfahrenseinstellung weiterhin möglich.

Überdies kann auch bei Erhalt eines Strafbefehls die Kontaktaufnahme mit einem Anwalt hilfreich sein, damit dieser gegen den Strafbefehl Einspruch einlegen und für die anschließende Verhandlung eine Verteidigungsstrategie erarbeiten kann.