Verteidigung im Revisionsverfahren

Die Revision ist ein anspruchsvolles, aufwendiges und zugleich wichtiges Rechtsmittel im Strafverfahren. Die Einlegung einer Revision hemmt nicht nur die Rechtskraft eines Strafurteils, sondern kann auch dazu führen, dass die darin verhängte Strafe geändert oder aufgehoben wird. Die Revision kann somit den Ausgang des Verfahrens entscheidend beeinflussen.

Der Erfolg der Revision hängt maßgeblich davon ab, ob es dem Verteidiger gelingt, innerhalb der knapp bemessenen Revisionsbegründungsfrist die Urteilsbegründung, sowie das Hauptverhandlungsprotokoll mit den Gerichtsbeschlüsse in einer Tiefe durchzuarbeiten, die es erwarten lässt, Fehler des erkennenden Gerichts zu entdecken und den hohen Formerfordernissen der Revisionsgerichte entsprechend zu rügen.

Es ist im Rahmen dieser Website unmöglich, alle denkbaren mit der Revision angreifbaren Fehler aufzulisten. Wir wollen jedoch den Versuch unternehmen, Ihnen zumindest den Ablauf des Revisionsverfahrens zu schildern und dabei deutlich zu machen, worauf der Beschuldigte achten muss, wenn er das Urteil mit der Revision angreifen möchte.

Innerhalb welcher Zeit muss das Urteil mit der Revision angegriffen werden?

Nach Verkündung des Urteils hat der Beschuldigte eine Woche Zeit, das Urteil mit der Revision anzugreifen. Diese Frist kann nicht verlängert werden. Es empfiehlt sich, den bisherigen Verteidiger zu beauftragen, die Revision einzulegen. Die Einlegung der Revision verursacht keine zusätzlichen Kosten, da sie von der jeweiligen Verfahrensgebühr bereits erfasst ist. Es empfiehlt sich, um Übersendung einer schriftlichen Bestätigung zu bitten, dass der Verteidiger die Revision tatsächlich eingelegt hat. Wurde der Beschuldigte verurteilt, ohne dass ihm ein Verteidiger zur Seite stand, sollte spätestens jetzt ein im Revisionsrecht erfahrener Verteidiger beauftragt werden. Zwar erlaubt es die Strafprozessordnung, dass der Beschuldigte die Revision selbst einlegt, doch trägt er dann auch das Risiko, wenn die Revision nicht innerhalb der Wochenfrist das Gericht erreicht. Zudem kann die Revision ohnehin nur von einem Rechtsanwalt begründet werden.

Innerhalb welcher Frist ist die Revision zu begründen?

Die Revision muss in der Regel innerhalb eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsbegründung (§ 345 Abs. 1 S. 2) begründet werden. Da der Verteidiger zur Begründung der Revision das Hauptverhandlungsprotokoll durcharbeiten muss, sollte er sich bemühen, dieses schon vorab zu erhalten, um den vollen Monat nutzen zu können. Auch wenn ein Monat eine lange Zeit zu sein scheint, ist es dies in der Praxis nicht. Urteil und Hauptverhandlungsprotokoll samt Beschlüssen nehmen nicht selten mehrere Bände Akten in Anspruch. Für eine erfolgreiche Revision sollte alles mindestens vier bis fünf mal gelesen werden.

Gegen welche Entscheidungen kann Revision eingelegt werden?

Revision kann gegen alle Urteile der Amts- und Landgerichte und gegen erstinstanzliche Urteile der Oberlandesgerichte eingelegt werden, mithin gegen

  • erstinstanzliche Urteile des Amtsgerichts
  • erstinstanzliche Urteile des Landgerichts
  • Berufungsurteile des Landgerichts
  • erstinstanzliche Urteile des Oberlandesgerichts / Kammergerichts

Da eine Revision gegen ein Urteil des Amtsgerichts die sonst zulässige Berufung überspringt, nennt man diese Revision „Sprungrevision“.

Welches Gericht entscheidet über die eingelegte Revision?

Das zur Entscheidung über die Revision zuständige Gericht ist bei Revisionen gegen Urteile des Amtsgerichts (Sprungrevision, s. o.) und Berufungsurteile des Landgerichts das Oberlandesgericht
bzw. Kammergericht (§ 121 Abs. 1 Nr. 1 a-c GVG).

Über eine Revision gegen erstinstanzliche Urteile des Landgerichts oder Oberlandesgerichts bzw. Kammergerichts entscheidet der Bundesgerichtshof (§ 135 Abs. 1 GVG).


Sachrüge und Verfahrensrüge – welche kommt in Ihrem Fall in Betracht?

Die Revision ist eine reine Rechtskontrolle. Im Gegensatz zur Berufung wird hierbei der von der vorangegangenen Instanz festgestellte Sachverhalt zugrunde gelegt. Es erfolgt keine neue Tatsachenverhandlung. Bei der Revision wird überprüft, ob eine Rechtsnorm nicht bzw. falsch
angewendet wurde (sog. Sachrüge) oder das Verfahren an sich fehlerhaft war (sog. Verfahrensrüge).

Die Erhebung der Sachrüge

Im Gegensatz zur Verfahrensrüge (dazu siehe unten) genügt bei einer ordnungsgemäßen allgemeinen Sachrüge bereits der Satz: „Ich rüge die Verletzung sachlichen Rechts.“ Die Sachrüge erfordert somit grundsätzlich keine detaillierte Revisionsbegründung. In der Praxis ist sie dennoch ausführlich zu begründen.

Typische Rechtsfehler, die mit der Sachrüge angegriffen werden

Typische Rechtsfehler bei einem rechtlich nicht korrekten Urteil sind beispielsweise:

  • Fehler bei der Anwendung geltenden Rechts
  • Unstimmigkeiten bei der Urteilsbegründung
  • Widersprüchlichkeiten bei der Beweiswürdigung

Enthält das Urteil einen solchen Rechtsfehler, kann das Revisionsgericht das Urteil aufheben.

Die Tatsachenfeststellung kann durch die Revision leider nicht zulässig angegriffen werden.


Die Erhebung der Verfahrensrüge


Die Verfahrensrüge bedarf einer detailreichen und vollständigen Begründung, sodass das Revisionsgericht allein auf Grundlage dieser Rüge prüfen kann, ob der von gerügte Verfahrensmangel vorliegt. Das klingt banal, tatsächlich genügen Verfahrensrügen in formeller Hinsicht häufig nicht den hohen Anforderungen der Revisionsgerichte. Sie gelten dann als unzulässig erhoben mit der Folge, dass sich das Revisionsgericht nicht weiter mit ihnen befassen muss.

Die Verfahrensrüge kann auf absolute und relative Revisionsgründe gestützt werden.

Die absoluten Revisionsgründe sind in § 338 StPO kodifiziert:

  • Nr. 1: Vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts
  • Nr. 2: Mitwirkung eines kraft Gesetzes ausgeschlossenen Richters oder Schöffen
  • Nr. 3: Mitwirkung eines gemäß §§ 22 ff. StPO abgelehnten Richters
  • Nr. 4: Unzuständigkeit des Gerichts
  • Nr. 5: Vorschriftswidrige Abwesenheit eines Beteiligten (z.B.: Staatsanwaltschaft)
  • Nr. 6: Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens
  • Nr. 7: Fehlende oder verspätete Urteilsbegründung
  • Nr. 8: Unzulässige Beschränkung der Verteidigung

Relative Revisionsgründe können in Verbindung mit § 337 StPO jede Verfahrensnorm betreffen, wobei insbesondere die Strafprozessordnung (StPO) und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) zu berücksichtigen sind. Eine sich auf relative Gründen stützende Revision kann beispielsweise diese Gesichtspunkte anführen:

  • Missachtung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes und des Mündlichkeitsprinzips
  • Nichtbeachtung des Beschleunigungsgrundsatzes (Art. 6 EMRK)
  • ausgebliebene Belehrung über die Zeugnisverweigerungsrechte (§§ 52 ff. StPO)
  • Verwendung unzulässiger Beweismittel (Verstoß gegen § 252 StPO)
  • Widerrechtliche Ablehnung von Beweisanträgen

Wird ein relativer Verfahrensfehler gerügt, dann muss dargelegt werden, dass das Urteil auf diesem Fehler beruht. Dies bedeutet, dass die Möglichkeit bestehen muss, dass das Verfahren ohne diesen Mangel anders ausgegangen wäre. Das Beruhenserfordernis ist – kontraintuitiv – in der Praxis eine erstaunlich hohe Klippe, die schwer zu umschiffen ist.

Kann sich das Urteil durch die Revision „verschlechtern“?

Allein auf Grundlage der Revision des Beschuldigten darf das Urteil in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Beschuldigten verändert werden. So ist insbesondere eine Erhöhung der ursprünglich ausgeurteilten Strafe unzulässig. Besonderheiten gibt es bei der Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung. Deren Nichtanordnung kann aber vom Rechtsmittelangriff ausgenommen werden.

Allerdings kann auch die Staatsanwaltschaft – unabhängig von der Revision des Beschuldigten – das Rechtsmittel der Revision erheben. In diesem Fall ist eine Verschlechterung zulässig.

Verteidiger im Revisionsverfahren

Kontaktieren Sie uns zeitnah, wenn Sie das gegen Sie oder einen Angehörigen ergangene Urteil angreifen wollen. Revisionsverfahren sind ein Schwerpunkt unserer Tätigkeit als Strafverteidiger. Wir vertreten bundesweit, da wir im Revisionsverfahren ausschließlich mit den Dokumenten arbeiten, die auch dem Revisionsgericht zur Verfügung stehen. Ein persönlicher Beratungstermin in unserem Büro – auf den wir im Rahmen unserer Tätigkeit vor den Instanzgerichten sonst großen Wert legen, ist im Revisionsverfahren entbehrlich. Die Fehler stehen in den Akten – wir finden sie.