Der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b StGB stellt eine Verkehrsstraftat dar. Bei dieser Tat ist der Täter regelmäßig selbst kein aktiver Verkehrsteilnehmer, sondern greift von außen in den öffentlichen Straßenverkehr ein. Man spricht mithin – im Gegensatz zu § 142 StGB und § 315c StGB – auch von einem verkehrsfremden Eingriff.
Anders als bei der Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB, handelt es sich bei § 315b StGB – wie bei § 315c StGB – um ein konkretes Gefährdungsdelikt und kein abstraktes Gefährdungsdelikt, sodass allein die Begehung der in § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 aufgelisteten Tathandlungen nicht ausreicht, sondern eine konkrete Rechtsgutgefährdung eintreten muss.
Nach § 315b Abs. 1 StGB macht sich derjenige strafbar, der die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, dass er
1. Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2. Hindernisse bereitet oder
3. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet (…).
Welche Tathandlungen sind strafbar?
Nr. 1: Zerstörung, Beschädigung, Beseitigung von Anlagen (z.B.: Verkehrszeichen, Ampeln) oder Fahrzeugen
Eine Verwirklichung dieser Tatvariante ist bei folgenden, beispielhaft aufgezählten Handlungen gegeben:
- Durchtrennen des Bremsschlauches
- Werfen von Steinen auf fahrende Fahrzeuge
Es gilt jedoch immer zu beachten, dass die in § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 StGB aufgezählten Handlungen zu einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs führen müssen und zudem eine konkrete Gefährdung einer Person oder einer Sache nach sich ziehen (siehe unten). Dementsprechend macht man sich durch die folgenlose Beschädigung eines Fahrzeugs nicht nach § 315b StGB strafbar.
Nr. 2: Bereiten von Hindernissen
Hierunter fällt insbesondere:
- Errichtung von Straßensperren, z.B. mit Hilfe von Baumstämmen, Felsen oder Seilen
- Treiben von Tieren auf Verkehrsstraßen
Zu berücksichtigen ist, dass der Eingriff von außen in den Straßenverkehr erfolgen muss. Wenn Sie aufgrund eines waghalsigen bzw. missglückten Wendemanövers den Straßenverkehrmit Ihrem Fahrzeug blockieren, fällt dies nicht unter § 315b StGB.
Nr. 3: Vornahme eines ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffes
Hierunter sind sonstige gefährliche Eingriffe zusammengefasst, die nicht schon unter Nr. 1 oder Nr. 2 fallen, z.B.:
- Aufstellen von falschen Verkehrsschildern
- Umdrehen eines Einbahnschildes
- Greifen in das Lenkrad durch den Beifahrer in einer Weise, dass der Fahrer das Fahrzeug nicht mehr sicher lenken kann
- Geben falscher Zeichen oder Signale
Besonders zu beachten ist, dass bereits der Versuch der Tathandlungen und eine dadurch hervorgerufene Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremden Sachen von bedeutendem Wert strafbar ist.
Anhand der beispielhaft aufgezählten Tathandlungen der Nr. 1 bis Nr. 3 kann man erkennen, dass man sich als aktiver Verkehrsteilnehmer grundsätzlich nicht gemäß § 315b StGB strafbar machen kann. Allerdings macht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) eine Ausnahme, wenn der Täter das von ihm gesteuerte Fahrzeug zur Begehung der Tat bewusst zweckentfremdet, es also nicht mehr im öffentlichen Straßenverkehr, sondern als bloßes Tatwerkzeug (als „Waffe“) nutzt. Fälle der bewussten Zweckentfremdung sind beispielsweise:
- scharfes willkürliches Abbremsen zur Provokation eines Verkehrsunfalls
- gezieltes, nötigendes und konkret gefährdendes Zufahren auf Polizeibeamte oder andere Personen, um die Freigabe des Weges zu erzwingen
- vorsätzliches Rammen eines geparkten Fahrzeugs
Wann spricht man von Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs?
Aufgrund der vorgenannten Handlungen muss es zu einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs gekommen sein. Dies ist dann zu bejahen, wenn sich der Eingriff störend auf Verkehrsvorgänge auswirkt und so zu einer Steigerung der allgemeinen Betriebsgefahr führt.
Der Straßenverkehr i.S.d. § 315b StGB versteht sich – wie bei § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort), § 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) und § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr) – ausschließlich als öffentlicher Straßenverkehr, also Verkehr in Bereichen, die der Allgemeinheit zugänglich sind.
Wann liegt eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen vor?
Zusätzlich muss durch diese erhöhte Gefahr eine konkrete Gefährdung für Leib oder Leben eines anderen Menschen verursacht werden. Eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines Menschen liegt vor, wenn entweder dessen körperliche Integrität oder aber sogar dessen Leben durch den Vorfall gefährdet oder gar verletzt werden.
Wann sind fremde Sache von bedeutendem Wert konkret gefährdet?
Fremde Sachen von bedeutendem Wert sind dann gefährdet, wenn Gegenstände, die aus Tätersicht in fremdem Eigentum stehen, gefährdet oder beschädigt werden.
Die Mindestgrenze für einen bedeutenden Sachwert dürfte nach der Rechtsprechung bei 750,00 € beginnen. Bei Gefährdung minderwertiger Gegenstände kann je nach Lage des einzelnen Falles eine Strafbarkeit ausgeschlossen sein.
Welche Strafe droht im Falle einer Verurteilung?
Bei einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr wird eine Unterscheidung zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Verhalten getroffen.
Bei vorsätzlichem Verhalten reicht der vorgesehene Strafrahmen von Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren.
Handelt der Täter vorsätzlich, verursacht die Gefahr allerdings nur fahrlässig, kann der Täter mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden.
Handelt der Täter fahrlässig und verursacht er damit auch nur fahrlässig eine Gefahr, droht eine Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder eine Geldstrafe.
Gerade die Frage nach dem Vorsatz oder der Fahrlässigkeit ist bei den Straßenverkehrsdelikten von erheblicher Bedeutung, wenn es um die Kostenübernahme der Verkehrsrechtsschutzversicherung geht. In der Regel werden die Verteidigungskosten nur dann übernommen, wenn nicht gerichtlich festgestellt wird, dass eine Vorsatztat vorliegt.
Weiterhin drohen dem Verurteilten laut derzeit gültigem Bußgeldkatalog bei einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr mindestens 2 Punkte im Flensburger Fahreignungsregister.
Darüber hinaus kann das Gericht den Entzug der Fahrerlaubnis anordnen (vgl. § 69 StGB). Dafür erhält man nicht nur 3 Punkte im Flensburger Fahreignungsregister, sondern es kann auch eine Sperrfrist von bis zu 5 Jahren (vgl. § 69a StGB) für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis verhängt werden.
Des Weiteren kann das Gericht auch ein Fahrverbot zwischen 1 und 6 Monaten unabhängig vom Entzug der Fahrerlaubnis erteilen (vgl. § 44 StGB).
Gerade die strafrechtlichen Nebenfolgen können leicht die berufliche Existenz bedrohen. Daher ist es sinnvoll, sich in einem Strafverfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr durch einen erfahren Strafverteidiger vertreten zu lassen.