Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist ein Straftatbestand, der in § 113 StGB geregelt ist. Er umfasst die vorsätzliche Behinderung von Amtsträgern oder Soldaten der Bundeswehr bei der Durchführung rechtmäßiger Vollstreckungshandlungen durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt. Ziel der Strafvorschrift ist der Schutz der staatlichen Autorität und der körperlichen Unversehrtheit von Vollstreckungsbeamten.

Wann ist der Tatbestand des § 113 StGB erfüllt?

Der Tatbestand des § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) ist erfüllt, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Geschützte Personen

  • Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB) wie Polizisten, Gerichtsvollzieher oder Richter.
  • Soldaten der Bundeswehr, sofern sie zur Vollstreckung berufen sind.
  • Personen, die gemäß § 115 StGB den Amtsträgern gleichgestellt sind, z.B. Jagd- oder Fischaufseher, Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft, Feuerwehrkräfte.

2. Vornahme einer Diensthandlung bzw. Vollstreckungshandlung

  • Die geschützte Person muss eine Diensthandlung vornehmen, z.B. Festnahmen, Durchsuchungen oder Verkehrsüberwachungen.
  • Die Handlung muss auf die Durchsetzung eines hoheitlichen Willens gerichtet sein. Zudem muss die Vollstreckungshandlung unmittelbar bevorstehen oder bereits begonnen haben.

3. Tathandlung: Widerstand

  • Widerstand wird durch Gewalt (körperliche Kraftanwendung) oder Drohung mit Gewalt (Inaussichtstellen von Gewalt) geleistet.
  • Ziel ist es, die Durchführung der Diensthandlung zu verhindern oder zu erschweren.

4. Subjektiver Tatbestand

  • Der Täter muss vorsätzlich handeln, d.h., er muss wissen, dass er gegen einen Vollstreckungsbeamten Widerstand leistet und diesen behindern wollen.

5. Objektive Bedingung der Strafbarkeit: Rechtmäßigkeit der Diensthandlung

  • Die Vollstreckungshandlung muss rechtmäßig sein (sachliche und örtliche Zuständigkeit des Beamten, Einhaltung wesentlicher Förmlichkeiten sowie pflichtgemäße Ermessensausübung). Andernfalls ist die Tat nicht strafbar (§ 113 Abs. 3 StGB).

Strafen

1. Regelfall (§ 113 Abs. 1 StGB):

  • Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder
  • Geldstrafe

2. Besonders schwerer Fall (§ 113 Abs. 2 StGB):

  • Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren
  • Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn:
    • Der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug bei sich führt.
    • Der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Beamten in Lebensgefahr oder in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
    • Die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

3. Milderung oder Straffreiheit (§ 113 Abs. 4 StGB):

  • Das Gericht kann die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen, wenn der Täter irrigerweise annimmt, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und dieser Irrtum vermeidbar war.

Typische Situationen für Widerstandsdelikte

  • Festnahme: Ein Verdächtiger wehrt sich körperlich gegen das Anlegen von Handschellen, indem er die Arme wegzieht und die Beamten schubst.
  • Verkehrskontrolle: Ein Fahrer bedroht Polizeibeamte verbal und versucht, einen von ihnen zu schlagen, um eine Kontrolle zu verhindern.
  • Pfändung durch Gerichtsvollzieher: Der Wohnungsinhaber schubst einen Gerichtsvollzieher in Richtung der Tür, um ihn am Betreten der Wohnung zu hindern.
  • Demonstrationen: Teilnehmer einer Demonstration blockieren eine Straße und leisten körperlichen Widerstand gegen Polizeibeamte, die die Blockade auflösen möchten.
  • Drohung mit Gewalt: Eine Person kündigt an, einen Beamten bei einer Durchsuchung körperlich anzugreifen oder zeigt bedrohliche Gesten mit einem gefährlichen Gegenstand.

Demgegenüber kann ein Anspucken einer der geschützten Personen oder das Werfen eines Gegenstandes (Flasche, Stein etc.) auf eine der geschützten Personen bereits als tätlicher Angriff im Sinne des § 114 Abs. 1 StGB gewertet werden. Der tätliche Angriff auf Vollstreckungsbeamte kann mit Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren bestraft werden.

Verteidigungsstrategien

Die Kontaktaufnahme zu einem Anwalt sollte möglichst frühzeitig erfolgen. Dieser kann Akteneinsicht nehmen und anschließend das weitere Vorgehen gezielt planen. Bei einem Vorwurf des Widerstands gegen oder tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte oder Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen, gibt es verschiedene Verteidigungsstrategien (u.a. Prüfung der Rechtmäßigkeit der Diensthandlung, Nachweis des fehlenden Vorsatzes, Aufklärung von Missverständnissen und Fehlinterpretationen), die individuell auf Ihren Fall abgestimmt werden. Auf diese Weise kann möglicherweise eine Verfahrenseinstellung oder eine Reduzierung der Strafe auf eine Geldstrafe im unteren Bereich erreicht werden.