Alles verkehrt herum in dieser Geschichte.
In der JVA Vechta sitzt eine Frau ein, die kürzlich die Beziehung zu ihrem Freund beendet hatte. Der (Ex-)Freund hatte aber noch Klärungsbedarf.
Der Freund dachte jedoch nicht daran, sich einen Besuchsschein zu besorgen, sondern brach kurzerhand in die JVA ein, indem er an einer Laterne emporkletterte und sich von dort an die Fassade und das Fenster der Angebeteten schwang. Freiwillig wollte er nicht mehr herunterkommen, sodass er mit einer Drehleiter der Feuerwehr abgeholt werden musste. Um die Verflossene auf seine äußerlichen Vorzüge aufmerksam zu machen nicht am Stacheldraht hängen zu bleiben, hatte er sich überdies eines Großteils seiner Kleidung entledigt. Das nennen wir Einsatz.
Der Einbruch in die JVA kann – je nachdem wie weit er es geschafft hatte – als Hausfriedensbruch strafbar sein, was allerdings einen Strafantrag voraussetzt. Vielleicht zeigt sich die JVA Vechta ja verständnisvoll. Ging das Fenster zur Außenmauer raus, ist es evtl. nicht mal ein Hausfriedensbruch.
In jedem Fall, und das sehen wir hier anders als der Kollege Vetter, dürfte eine Ordnungswidrigkeit vorliegen, denn nach § 115 OWiG ist der Verkehr mit Gefangenen bußbar.
Wenn sich der junge Mann bereits im Inneren der JVA aufgehalten hatte, dürfte richtig sein, dass er sich nicht im Sinne der Nr. 2 fehlverhalten hat. Danach handelt ordnungswidrig, wer unbefugt
2. sich mit einem Gefangenen, der sich innerhalb einer Vollzugsanstalt befindet, von außen durch Worte oder Zeichen verständigt.
Tatsächlich ist das Tatbestandsmerkmal „von außen“ relevant. Man könnte zwar argumentieren, eine Verständigung innerhalb der Anstalt „erst recht“ bußbar sein muss, wenn der Nicht-Inhaftierte verbotswidrig in die JVA eingedrungen war. Denn das Reinrufen / Morsen in die Anstalt ist ja weniger als das Reinklettern und Vor-Ort-Kommunizieren.
Die herrschende Meinung fasst den Tatbestand aber eng (KK-Rogall § 115 Rn. 24; Senge OWiG § 115 Rn. 14; Göhler OWiG § 115 Rn. 15), denn der Schutzzweck des § 115 besteht insbesondere in der Aufrechterhaltung des geordneten Ablaufs des Strafvollzugs, der durch Sprechchöre u. ä. vor der Anstalt tatsächlich erheblich aus der Bahn geworfen werden kann. Ein ungebetener Gast hat freilich, wenn er entdeckt wird, noch viel gravierende Folgen, doch liegen die in seiner Anwesenheit, nicht in der Verständigung begründet.
Allerdings hat sich der junge Mann nach Nr. 1 der Vorschrift bußbar gemacht. Danach handelt ordnungswidrig, wer unbefugt
1. einem Gefangenen Sachen oder Nachrichten übermittelt oder sich von ihm übermitteln lässt.
Nachrichten sind alles, was über eine harmlose Kontaktaufnahme wie Zurufe oder Begrüßungen hinausgeht, in jedem Fall auch ein tiefschürfendes Beziehungsgespräch. Übermitteln ist ferner kein „Vermitteln“. Der wohl häufigste Fall des Übermittelns einer eigenen Nachricht ist unproblematisch erfasst.
Was kann nun der Verteidiger machen?
Im Ordnungswidrigkeitenrecht gibt es genau wie im Strafrecht Einstellungsvorschriften. Die zentrale ist § 47 OWiG:
Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ließt im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Solange das Verfahren bei ihr anhängig ist, kann sie es einstellen.
Diese Opportunitätsvorschrift entspricht im Kern der Intention des § 153 StPO. Dies führt leider insbesondere dazu, dass eine Einstellung im Sinne des § 153a StPO (gegen eine Geldauflage) nicht vorgesehen ist, was § 47 Abs. 3 zur Sicherheit noch einmal festschreibt:
Die Einstellung des Verfahrens darf nicht von der Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung oder sonstige Stelle abhängig gemacht werden oder damit in Zusammenhang gebracht werden.
Also entweder der Vorwurf ist so geringfügig, dass man ihn gänzlich ohne Sanktion einstellen kann, oder es gibt den Bußgeldbescheid. Dem Verteidiger eröffnen sich hier sicherlich Argumentationsräume. Falls die JVA den Strafantrag stellt, dann ist § 153a StPO sicherlich eine gute Option zur Erledigung des Verfahrens.
[…] Mann bricht in Gefängnis ein. Ist das verboten?In der JVA Vechta sitzt eine Frau ein, die …Quelle : stern-strafrecht Blog […]