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Rassismus im Drogeriemarkt? Einstellung des Verfahrens in der Hauptverhandlung

Unserer Mandantin, Kassiererin eines Drogeriemarktes, wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vorgeworfen, eine Kundin rassistisch beleidigt zu haben, indem unsere Mandantin der
Kundin nicht glauben wollte, dass ihr die für den Bezahlvorgang genutzte EC-Karte gehörte. Konkret soll sie gesagt haben: „Eine Schwarze wie Sie kann so eine Bankkarte nicht besitzen!“

Nach Beauftragung mit der Verteidigung holte sich Rechtsanwalt Stern umgehend die Ermittlungsakte von der Geschäftsstelle. In einem ersten persönlichen Gespräch bestritt unsere Mandanten solche Aussagen jemals getätigt zu haben. Obwohl es Videoaufnahmen zu dem besagten Vorfall gab, konnten diese jedoch mangels Tons nicht weiterhelfen. Darüber hinaus hatte die Zeugin mehrere YouTube-Videos hochgeladen, auf denen sie weinend den gesamten Sachverhalt schilderte und somit sogar die Öffentlichkeit am hiesigen Verfahren teilhaben
ließ.

Rechtsanwalt Stern sicherte diese Aufnahmen, um mögliche Differenzen mit ihrer Aussage gegenüber der Polizei zu ermitteln. In der Hauptverhandlung tauchte die Zeugin sodann mit Zeugenbeistand und Prozessbeobachtern im Publikum auf. Rechtsanwalt Stern ließ sich davon jedoch nicht beirren. Er hatte nämlich tatsächlich zahlreiche Abweichungen zwischen ihren Äußerungen auf YouTube und gegenüber den Polizeibeamten feststellen können und konfrontierte die Zeugin damit.
Dies erweckte erhebliche Zweifel beim Gericht, weshalb Rechtsanwalt Stern die Gelegenheit ergriff und anregte, das hiesige Verfahren gemäß § 153 StPO ohne Auflage wegen hypothetisch geringer Schuld einzustellen.

Das Amtsgericht und die Staatsanwaltschaft ließen sich hiervon überzeugen. Während die Zeugin äußerst unzufrieden ob dieses Ergebnisses war, zeigte sich unsere Mandantin sehr erleichtert und
froh, dass sie nun weiterhin als unschuldig gilt.

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Das Nachschlagewerk zum StGB – Fischer StGB in 69. Auflage erschienen

Eingearbeitet wurden 13 Änderungsgesetze mit 8 neu eingefügten Vorschriften. Besonders hervorzuheben sind:

  • Die Neufassungen des § 261 zur Geldwäsche sowie des § 238 zur Nachstellung
  • Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität
  • Gesetz zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten
  • Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder

Daneben wurden ca. 400 Entscheidungen vor allem des BGH, aber auch von OLGen und des BVerfG umfassend berücksichtigt. Auch die Einarbeitung der Zeitschriften-Literatur, Beiträge in Festschriften, Monografien und anderen Kommentarwerke kommt nicht zu kurz.

Die einzelnen Vorschriften werden zunächst fett abgedruckt und sodann mit einer kurzen und prägnanten Inhaltsübersicht sowie Hinweisen zur (jüngeren) Entstehungsgeschichten unter dem Gliederungspunkt „Allgemeines“ versehen.

Der Kommentar bildet aufgrund seiner Informationsfülle, Präzision und Aktualität ein unentbehrliches Arbeitsmittel für alle am Strafverfahren Beteiligten.

Und auch die Referendare können sich wieder einmal freuen: Der renommierte Kommentar ist in allen Bundesländern zur Zweiten Juristischen Staatsprüfung zugelassen.

Wer wissen will, was im Strafrecht aktuell zu wissen ist, kommt als Verteidiger, Staatsanwalt, Richter, Referendar oder Studierender an diesem Kommentar nicht vorbei. Der nach wie vor zweistellige Preis ist angemessen. Das Geld gut angelegt.

Thomas Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, Kommentar, 69. Auflage, Beck Verlag, München 2022, 2.912 Seiten, 99,00 €.

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Schwere räuberische Erpressung, Betrug und Urkundenfälschung – Ableistung von Freizeitarbeiten

Unserem Mandanten wurde durch die Staatsanwaltschaft Berlin eine schwere räuberische Erpressung vorgeworfen. Um an die Goldringe seiner Mitschülerin zu gelangen, soll er ihr eine Falle gestellt haben. Er soll sie von der Schule abgeholt und an eine vorher verabredete Stelle gebracht haben, an der ein unbekannter Mittäter der Mitschülerin ein Messer vorgehalten und die Herausgabe der Ringe verlangt haben soll.  Um den Tatbeitrag unseres Mandanten zu verschleiern, sollt der unbekannte Mittäter auch von unserem Mandanten Kopfhörer und Weste gefordert und erhalten haben. Die Mitschülerin war kurz darauf überaus verwundert, als sie die vermeintlich geraubten Gegenstände bei unserem Mandanten sah, der für die Rückführung keine plausible Erklärung hatte.

Unserem Mandanten wurde zudem vorgeworfen, nach vorheriger Verabredung über Ebay-Kleinanzeigen, eine gefälschte VBB-Monatskarte zum Preis von 60,00 € an jemanden verkauft zu haben, wobei er diesem vorspiegelte, dass es sich bei der Monatskarte um ein Original handeln würde, um ihn zur Übergabe des Geldes zu veranlassen. Hierdurch soll er sich nicht nur wegen Betruges, sondern auch wegen Urkundenfälschung strafbar gemacht haben.

Nach Mandatierung holte sich Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern umgehend die Akten von der zuständigen Geschäftsstelle und bereitete in mehreren persönlichen Gesprächen mit unserem Mandanten den Hauptverhandlungstermin vor.

In der Hauptverhandlung legte unser Mandant – aufgrund der prekären Aktenlage – ein mit Rechtsanwalt Stern abgesprochenes umfassendes und von Einsicht geprägtes Geständnis ab. Zudem übergab unser Mandant dem Zeugen einen symbolischen Betrag als Schadenswiedergutmachung für die gefälschte VBB-Karte. Eine Schadenswiedergutmachung bezüglich der Mitschülerin war aufgrund ihres Nichterscheinens zur Hauptverhandlung nicht möglich. Diese Handlungen wurden zugunsten unseres Mandanten gewürdigt und wirkten sich erheblich strafmildernd aus.  

Aufgrund dieser Verteidigungslinie sah das Gericht davon ab, gegen unseren Mandanten einen Arrest zu verhängen. Erwachsenen droht bei einer solchen Anklage ohnehin eine mehrjährige Freiheitsstrafe. Das Gericht ordnete lediglich das Ableisten von 60 Stunden Freizeitarbeiten an. Unser Mandant und auch dessen in der Verhandlung anwesender Vater waren über den Ausgang des Verfahrens sehr erleichtert.

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Anspucken und Schlagen eines Fahrkartenkontrolleurs – Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, einen Fahrkartenkontrolleur angespuckt und ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen zu haben. Hierdurch soll er sich wegen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben.

Nach Beauftragung mit der Verteidigung nahm Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern umgehend Einsicht in die Akten. Nach intensivem Durcharbeiten der Ermittlungsakten verfasste Rechtsanwalt Stern einen ausführlichen Schriftsatz an die Staatsanwaltschaft.

Rechtsanwalt Stern trug in dieser Stellungnahme vor, dass bei dem Fahrkartenkontrolleur keine Verletzungen dokumentiert worden waren. Hingegen erlitt unser Mandant deutlich sichtbare Hauptabschürfungen, als der Fahrkartenkontrolleur ihn auf die Bank warf und schlug. Dies war auf den Überwachungsaufnahmen deutlich zu sehen, auch wenn Teile des Geschehens von einem Pfeiler verdeckt waren.

Aus der Ermittlungsakte ergaben sich keine objektiven Beweismittel, die die ursprüngliche Behauptung des Fahrkartenkontrolleurs, er sei von unserem Mandanten geschlagen worden, stützten. Weder der Fahrkartenkontrolleur noch die übrigen Zeugen hatten ihre Zeugenfragebögen ausgefüllt. Auf den Videoaufzeichnungen war keine Verletzungshandlung unseres Mandanten zu erkennen. Wenn unser Mandant tatsächlich im Inneren der U-Bahn den Fahrkartenkontrolleur geschlagen hätte, hätte dieser sicherlich umgehend für die Sicherung der entsprechenden Videoaufzeichnungen gesorgt und bereits zu diesem Zeitpunkt die Polizei hinzugerufen. Die Polizei wurde jedoch erst nach dem Spuckvorfall hinzugezogen. Zudem wurden lediglich Videoaufnahmen vom Bahnsteig übersandt.

Des Weiteren betonte Rechtsanwalt Stern in dem Schriftsatz, dass der Fahrzeugkontrolleur auch im Hinblick auf die behauptete einfache Körperverletzung es unterlassen hatte, einen Strafantrag zu stellen. Ein besonderes öffentliches Interesse an der Verfolgung, welches den fehlenden Strafantrag ersetzen könnte, war aber auch nicht erkennbar. Zwar soll der Schlag in der Öffentlichkeit stattgefunden haben, sodass mehrere Zeugen hiervon hätten Kenntnis nehmen müssen. Allerdings war das Verfolgungsinteresse der unmittelbar Beteiligten Kontrolleure bereits so niedrig, dass sie nicht einmal bereit waren, ihren Zeugenpflichten nachzukommen. Auch die BVG hatte sich zu dem Vorfall nicht verhalten.

Dass unser Mandant hier überwiegend als Geschädigter in Erscheinung getreten war, ließ sich auch daraus schließen, dass sich eine weder im Lager unseres Mandanten noch im Lager der Kontrolleure stehende Frau in den Konflikt eingemischt und – das zeigen die Überwachungsaufnahmen – für unseren Mandanten Partei ergriffen hatte.

Daher beantragte Rechtsanwalt Stern, das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Die Staatsanwaltschaft Berlin schloss sich dieser Auffassung an und stellte das Verfahren antragsgemäß ein. Unser Mandant war mit diesem Verfahren sehr zufrieden, da seinem Einbürgerungsverfahren nun nichts mehr im Wege stand.

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Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren (9. Auflage) und Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung (10. Auflage)

Das Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ist bereits in der 9. Auflage, das Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung bereits in der 10. Auflage erschienen, hauptsächlich betreut vom Herausgeber Detlef Burhoff, Rechtsanwalt und außer Dienst befindlicher Richter am Oberlandesgericht Leer/Augsburg. Detlef Burhoff wurde tatkräftig von einem weiteren Richter, einer Fachanwältin und zwei Fachanwälten für Strafrecht unterstützt, die für Qualität und Aktualität der neuen Auflagen stehen.

Zunächst ist für beide Exemplare festzuhalten, dass sie bereits mit ihrem äußeren Erscheinungsbild glänzen: Hardcover, zwei verschieden farbige Lesebändchen, weißes Dünndruckpapier sowie eine durchdachte inhaltliche Darstellung mit unterschiedlichen Schriftgrößen und grau unterlegten Textpassagen.

Auch der Aufbau der beiden Handbücher nach alphabetisch sortierten Schlagwörtern sticht ins Auge. Zwar mag dies zunächst ungewöhnlich erscheinen. Allerdings ist ein solch sachlicher Aufbau wertzuschätzen. Es können in der Regel alle mit dem jeweiligen Stichwort zusammenhängenden Fragen und Probleme geschlossen dargestellt werden. Damit kann sekundenschnell auf die Themen zugegriffen und schnellstmöglich eine Antwort gefunden werden. Für alle Fälle steht dem Leser jedoch auch ein umfangreiches Stichwortverzeichnis zur Verfügung.

Zudem folgen nach dem jeweiligen Vorwort Hinweise zur Benutzung des Handbuchs, welche unbedingt beachtet werden müssen, um größtmöglich von der Lektüre zu profitieren.

Nach dem jeweiligen im Inhaltsverzeichnis aufgeführten Schlagwort wird zunächst eine Zusammenfassung „Das Wichtigste in Kürze“ in einem schwarz umrahmten Kasten dargestellt. Danach werden ausführliche Literaturhinweise gesammelt angegeben. In der darauffolgenden ausführlichen Erläuterung des Themas erfolgt eine Hervorhebung der relevanten Stichwörter, sodass man gut den Überblick behält und das Lesen erleichtert wird. Zudem ist besonders hervorzuheben, dass sich in vielen Abschnitten spezielle Hinweise für den Verteidiger und auch Mustertexte befinden, auf die der Verteidiger bei seiner täglichen Arbeit dankbar zurückgreifen kann. Dabei ist besonders hilfreich, dass der Download dieser Mustertexte möglich ist, sodass diese schnell und einfach in die Schriftsätze miteingearbeitet werden können.

Im Einzelnen ist zu den beiden Bänden festzuhalten:

1. Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren

Der umfangreichere der beiden Bände (mit insgesamt 1.896 Seiten) behandelt das erste Stadium des Strafverfahrens. Das Ermittlungsverfahren, welchem teilweise zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, hat in der Praxis einen erheblichen Einfluss auf den Strafprozess. Schließlich wird der Strafprozess für den Mandanten in vielen Fällen nicht erst in dem an das Ermittlungsverfahren anschließenden Hauptverfahren entschieden.

In der Neuauflage dieses Handbuchs wurden alle Stichwörter aktualisiert und zum Teil wesentlich erweitert. Das war vor allem im Hinblick auf in Kraft getretene gesetzliche Neuregelungen erforderlich. Insbesondere das „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“ vom 10. Dezember 2019, das „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung“ vom 10. Dezember 2019 und das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ vom 25. Juni 2021 waren Grund für viele Aktualisierungen. Zudem ist noch das „Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren“ vom 9. Dezember 2019, das die die sog. Kinderrechte-Richtlinie EU/2016/800 umsetzt, zu erwähnen. Diese haben die StPO an zahlreichen Stellen geändert und daher auch im Handbuch zu Änderungen bzw. neuen Stichwörtern geführt.

So hat das „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung“ eine vollständige Überarbeitung des Rechts der Pflichtverteidigung erforderlich gemacht.

Neue Stichwörter wurden durch das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ eingeführt, beispielsweise „Automatische Kennzeichenerfassung“, „Beschlagnahme, Zurückstellung der Benachrichtigung/heimliche Beschlagnahme“ und „Durchsuchung, Durchsuchung zur Nachtzeit“.

Darüber hinaus wurde die seit der 8. Auflage veröffentlichte Rechtsprechung (rund 700! neue Entscheidungen) umfassend und sorgfältig eingearbeitet, wodurch die Aktualität dieses Werks kaum zu übertreffen ist.

2. Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung

Dieser Band (mit insgesamt 1.432 Seiten) ist der strafrechtlichen Hauptverhandlung gewidmet, die nach deutschem Strafrecht der Kernbestandteil jedes Strafverfahrens ist. Als Strafverteidiger muss man schnell und insbesondere auch richtig auf die von dem Gericht gegebenen Hinweise und von der Staatsanwaltschaft gestellten Anträge reagieren, um die Verfahrensinteressen des Angeklagten zu wahren und zu einem gerechten Urteil zu gelangen. Umfassende Kenntnisse über das strafrechtliche Hauptverfahren für eine erfolgreiche Strafverteidigung sind daher unabdingbar.

Auch in dieser Neuauflage kam es zu Aktualisierungen und wesentlichen Erweiterungen der Stichwörter, wobei insbesondere das „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“ vom 10. Dezember 2019, das „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung“ vom 10. Dezember 2019, das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ vom 25. Juni 2021 und das „Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren“ vom 9. Dezember 2019 einen erheblichen Einfluss hatten.

Zudem wurde hier ebenfalls ein ganz besonderes Augenmerk auf die Auswertung und Einarbeitung der neuesten Rechtsprechung (rund 600! neue Entscheidungen) gelegt.

Begrüßenswert ist, dass in dem zweiten Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung die grundlegenden Ausführungen zu den Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen, insbesondere zur Berufung und Revision, trotz eines dritten Handbuchs für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe, weiterhin in dem zweiten Handbuch aufzufinden sind. Denn auch eine elementare Darstellung der Berufung und Revision ist besonders hilfreich in der Praxis.

Obwohl beide Handbücher primär für den Strafverteidiger, unabhängig von seiner im Berufsleben gesammelten Erfahrungen, in allen Lagen des Ermittlungsverfahrens und Hauptverfahrens praktische und zugleich unverzichtbare Arbeitshilfen darstellen, werden sowohl Richter als auch Staatsanwälte zuverlässige Lösungen bezüglich in der Praxis auftretenden Probleme finden.

Das Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung ergänzt das Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wunderbar. Aufgrund der Prägnanz, systematischen Durchdringung des Stoffs, hervorragenden Darstellung aller Themen und des angemessenen Preises (beide Bände für insgesamt 248,00 €) wird eine Kaufempfehlung für beide Exemplare ausgesprochen.

Burhoff, Detlef (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 9. Auflage, ZAP Verlag, Bonn 2022, 129,00 €.

Burhoff, Detlef (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 10. Auflage, ZAP Verlag, Bonn 2022, 119,00 €.

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Ingo Lenßen schreibt ein Buch (und es ist gar nicht mal schlecht).

Ich muss Abbitte leisten. Zu Beginn meines Studiums schrieb ich einen lustigen Song über einen angetüterten Jungen aus dem Bildungsbürgertum, der sich in ein einfältiges Mädchen verguckt, weil es so große Brüste hat. Ich weiß, ich weiß. es waren andere Zeiten.

Du hast noch nie von Vargas Llosa gehört,

suchst Lenßen & Partner in den gelben Seiten.

Du nutzt ICQ und MySpace,

Jungs vom „Gymmi“ kannst du nicht leiden.

Doch das macht mir heute gar nichts.

Baby, heute ist dein Tag.

Denn ich hab was im Tee und du Körbchengröße C

Wer hätte damals ahnen können, dass Ingo Lenßen ein echter Rechtsanwalt und nicht nur eine TV-Rolle ist? Ich mach jetzt auf mea culpa: Ingo Lenßen ist ein echter Rechtsanwalt, den man damals voraussichtlich ohne Schwierigkeiten in den Gelben Seiten gefunden hätte. Und er hat ein Buch geschrieben, auf das es sich lohnt hinzuweisen.

„Der Knast Guide für Verurteilte, Angehörige und Interessierte“ heißt der schmissige Titel, der mir schon deshalb so gut gefällt, weil das Buch ausnahmsweise einmal nicht damit wirbt, für Verteidiger, Richter, Staatsanwälte, Journalisten, Politiker, Beschuldigte, den Milchmann und die hübsche Frau aus dem McDonald’s in der Skalitzer Straße zu sein – also für niemanden so richtig.

Ich finde, es ist ein für die Zielgruppe schönes Buch geworden, das sein Ziel, Ängste vor dem Strafvollzug durch konkrete Informationen über den Alltag von Gefangenen in deutschen Gefängnissen abzubauen, erreichen dürfte.

Das Buch klärt über Rechte der Gefangenen auf, beschreibt den Haftalltag, schildert, wie es um die Zellenausstattung, Kleidung, Essen, Besuche, Telekommunikation, Arbeit und Geld steht und zeigt auch, bei welchen Problemen man besser einen Rechtsanwalt hinzuziehen sollte. Auch spezifische Probleme und Personen im Knastalltag (Drogen, Menschen aus fremden Kulturkreisen, Frauen, Jugendliche, Alte usw.) werden nicht ausgespart. Das ist alles verdienstvoll und nützlich.

Freilich sind dies immer nur generelle Aussagen, die konkrete Ausgestaltung hängt im föderalen Deutschland stark vom Ort der Strafvollstreckung ab und erstaunlich oft auch von der jeweiligen Anstalt (und der Strafvollstreckungskammer..).

Lustiger Kokolores ist indes der Versuch, an vielen Stellen Knast-Jargon zu vermitteln. Vielleicht geschieht dies, weil die Autoren beweisen wollen, wie nah sie am Ohr der inhaftierten Mandanten sind. Ich verteidige selbst nicht in Vollstreckung und Vollzug, habe aber natürlich regelmäßig Mandanten in Untersuchungshaft und vor einigen Jahren im Referendariat drei Monate in einer Justizvollzugsanstalt gearbeitet. Aber von den vielen Worten, die Inhaftierte angeblich verwenden, habe ich kaum eines im Kontext der JVA je gehört.

Noch nie hat jemand den Staatsanwalt „Oberverdachtsschöpfer“ oder gar „Musiklehrer“ genannt, sich selbst „Student der Knastologie“, den Justizvollzugsbeamten „Schlüsselanhänger oder gerichtliche Schreiben „Fanpost“. Noch nie. Das kam mir beim Lesen ähnlich vor wie damals mit 14, wenn man ein aktuelles Lexikon der Jugendsprache aufschlug und sich wunderte, wie die erwachsenen Autoren auf so einen Quatsch kamen.

Alles in allem aber ein schönes, kompaktes Buch für die angesprochene Zielgruppe in schwierigen Zeiten zum Preis eines gewöhnlichen Abendessens mit Getränk in der Torstraße.

Ingo Lenßen, Robert Scheel: Der Knast-Guide für Verurteilte, Angehörige und Interessierte, 134 Seiten, Beck, München 2022, 19,90 €.

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Vorwurf: Bestellung von Magic Mushrooms

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, 9 g Psilocybin Pilze bestellt zu haben, die ihm per Briefsendung zugeschickt werden sollten. Dem Verfahren lag zugrunde, dass der Zoll mehrere zweifelhafte Briefsendungen aus den Niederlanden und Belgien angehalten und geöffnet hatte, darunter ein an unseren Mandanten adressierter Brief mit dem oben bezeichneten Inhalt.

Unser Mandant suchte Rechtsanwalt Stern auf, nachdem er ein Anhörungsschreiben des Hauptzollamts Berlin erhalten hatte. 

Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern riet unserem Mandanten, zunächst keine Angaben zu machen, besorgte sich umgehend die Akten und besprach die Angelegenheit mit unserem Mandanten. In der Besprechung wurde schnell klar, dass unser Mandant in einem Studentenwohnheim in einem Studentenappartement für zwei Personen wohnte und sich nicht nur die Wohnung mit seinem Mitbewohner teilte, sondern auch den Briefkasten.

Sodann verfasste Rechtsanwalt Stern eine Stellungnahme.

Rechtanwalt Stern schilderte zunächst, dass sich unser Mandant nicht erklären konnte, wer seinen Namen und seine Adresse verwendet hatte, um die Lieferung zu erhalten. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Mitbewohner die Personalien unseres Mandanten genutzt hatte, weil es ihm zu riskant erschienen war, Betäubungsmittel auf eigenen Namen zu bestellen.

Rechtsanwalt Stern beantragte daher, dass Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ohne Anklageerhebung und ohne Auflagen einzustellen.

Die Staatsanwaltschaft folgte der Auffassung von Rechtsanwalt Stern und stellte das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts ein.

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Vorwurf der Fahrerflucht nach angeblichem Unfall mit Poller – Einstellung

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, einen Verkehrsunfall mit einem Poller verursacht und sich sodann vom Unfallort entfernt zu haben, ohne die notwendigen Feststellungen ermöglicht zu haben. Er soll sich hierdurch wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar gemacht haben.

Nach Mandatierung und Akteneinsicht nahm Rechtsanwalt Stern gegenüber der Staatsanwaltschaft zu dem Vorwurf Stellung.

Aus der Ermittlungsakte ergab sich zunächst, dass es bereits nicht zu einem Verkehrsunfall gekommen sein dürfte. An dem Poller konnte keinerlei Schaden festgestellt werden, der mit dem Pkw unseres Mandanten in Verbindung zu bringen gewesen wäre.

Rechtsanwalt Stern schilderte zudem, dass die Lebensgefährtin des Zeugen keinen Unfall bemerkt haben wollte. Unser Mandant sei nach deren Auffassung nicht gegen den Poller gefahren, da zwischen Fahrzeug und Poller genügend Platz gewesen sei. Sie distanzierte sich insgesamt deutlich vom Vortrag des Zeugen.

Unser Mandant erklärte sich die Anzeige damit, dass der Zeuge verärgert war, dass unser Mandant auf dessen privaten Parkplatz geparkt hätte.

Darüber hinaus argumentierte Rechtsanwalt Stern, dass sich unser Mandant auch nicht vom Ort des Geschehens entfernt, sondern noch mehrere Stunden nachdem im Nachbaraufgang bei einem Umzug geholfen habe. Somit wäre es dem Zeugen ohne Schwierigkeiten möglich gewesen, die Personalien unseres Mandanten festzustellen.

Die Staatsanwaltschaft schloss sich der Auffassung von Rechtsanwalt Stern an und stellte das Verfahren umgehend und ohne Auflagen ein.

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Hundebiss: Fahrlässige Körperverletzung – Einstellung gemäß § 153a Abs. 2 StPO

Unserer Mandantin wurde mit Strafbefehl vom Amtsgericht vorgeworfen, ihren Hund außerhalb eines Hundeauslaufgebietes unangeleint geführt zu haben. Der Hund soll sodann den Dalmatiner der Zeugin und in die Hand der Zeugin gebissen haben, als diese versucht haben soll, den Hund unserer Mandantin abzuwehren. Hierdurch soll sich unsere Mandantin wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar gemacht haben.

Nachdem unsere Mandantin Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern mit der Verteidigung beauftragt hatte, nahm Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht und verfasste eine umfassende Stellungnahme zu dem Vorwurf an das Amtsgericht.

Aus den Akten ergab sich, dass eine ausgebildete Krankenschwester unmittelbar nach dem Vorfall einen kleinen Kratzer an der Hand der Zeugin feststellen konnte, jedoch keine Hundebissverletzung.

Dass es sich um eine echte Bissverletzung gehandelt hatte, war auch vor dem Hintergrund sehr zweifelhaft, dass laut Entlassungsbericht keine Antibiose durchgeführt oder zumindest ärztlich angeraten worden war. Rechtsanwalt Stern argumentierte, dass selbst bei minimalen Wunden durch Tierbisse erfahrungsgemäß eine Antibiose durchgeführt wird, zuweilen auch stationär, damit das betroffene Körperteil ruhiggestellt werden kann und nicht nur – wie im Fall der Zeugin – eine bloße Desinfektion.

Zudem erläuterte Rechtsanwalt Stern, dass die Ärzte in erster Linie von einem Anpralltrauma und weniger von einem echten Biss in die Hand der Zeugin ausgegangen sein müssen, da die Ärzte lediglich eine Schwellung der Hand beschrieben hatten. Ob ein etwaiges Anpralltrauma vom Hund oder der Hunderauferei herrührte, konnte nicht festgestellt werden.

Darüber hinaus schilderte Rechtsanwalt Stern, dass die Zeugin keinen Nachweis für eine Bissverletzung des Dalmatiners zu den Akten gereicht hatte.

Rechtsanwalt Stern beantragte die Verfahrenseinstellung. Das Amtsgericht entschied antragsgemäß.

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Vorwurf des IBB-Betrugs durch Antrag auf Corona-Soforthilfe – Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 Abs. 1 S. 1 StPO

Unser Mandant war einer der mehreren Beschuldigten, die wegen IBB-Betrugs ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft erhalten hatten. Ein Ermittlungsverfahren wegen Computerbetrugs gemäß § 263a Abs. 1, 2 StGB war sodann gegen unseren Mandanten eingeleitet worden.

Besorgt aufgrund des Erhalts eines Anhörungsschreibens wandte sich unser Mandant an Rechtsanwalt Stern. Nach Beauftragung mit der Verteidigung beantragte Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht und holte die Akte auf der Geschäftsstelle ab. Sodann ließ er sich von unserem Mandanten in einem persönlichen Gespräch erklären, wie es zur Beantragung der Subvention in Höhe von 5.000,00 € gekommen war:

Unser Mandant, welcher zum Zeitpunkt der Antragsstellung Student war, ist im Nebenerwerb als Grafiker tätig und tritt als DJ selbstständig für verschiedene Gigs in den unterschiedlichsten Ländern auf. Pandemiebedingt hatte er, so wie viele andere Selbstständige, unter einem erheblichen Umsatzrückgang gelitten. Es gab kaum neue Grafik-Aufträge. Zudem konnte er seine Anfang des Jahres 2020 geplanten Auftritte im Ausland aufgrund der strengen Covid-19-Regelungen nicht wahrnehmen. Er entschloss sich daher, den Corona-Zuschuss der IBB zu beantragen.

In einer umfangreichen Stellungnahme teilte Rechtsanwalt Stern mit, dass unser Mandant, soweit dies seinerzeit möglich war, die Antragsvoraussetzungen recherchiert habe. Genaue Informationen seien jedoch erst zu erlangen gewesen, wenn man die Warteschleife passiert hatte und den Antrag selbst lesen konnte. Dies geschah unter erheblichem Zeitdruck, da eine maximale Bearbeitungsdauer festgelegt war, innerhalb derer der Antrag fertiggestellt sein musste. Qualifizierter, belastbarer Rechtsrat war innerhalb der knapp bemessenen Antragsbearbeitungsfrist nicht einholbar.

Unser Mandant machte uns außerdem darauf aufmerksam, dass zum Zeitpunkt der Antragsstellung noch keinerlei Möglichkeit bestanden habe, auf der Webseite der IBB die FAQs abzurufen, um sich einen Überblick über die von der IBB geforderten Kriterien für eine Antragsberechtigung für die Corona-Soforthilfe zu verschaffen. Erst einige Tage nach der Antragsstellung sei die Webseite dahingehend aktualisiert worden.

Des Weiteren war in dem der Akte beiliegenden Antragsformular, welcher aus der ersten Zeit der Corona-Zuschüsse stammte, noch nicht vorausgesetzt worden, dass die Selbständigkeit die Haupterwerbsquelle darstellen muss. Insofern war keine der von unserem Mandanten im Antrag gemachten Angaben unrichtig im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB.

Unmittelbar nach Erhalt des Geldes und aufgeschreckt durch die Diskussionen in den Medien kamen bei unserem Mandanten Zweifel auf, ob er die Antragsvoraussetzungen erfüllte, da er Student war und die selbstständige Tätigkeit als Grafiker und DJ nicht im Haupterwerb ausführte.

Nur zwei Tage nach Erhalt des Geldes rief er einen Mitarbeiter bei der IBB an und schilderte seine Situation. Er erhielt die Auskunft, dass ihm der Corona-Zuschuss aufgrund der mangelnden Tätigkeitsausführung im Haupterwerb nicht zustehe. Daraufhin zahlte unser Mandant den gesamten Betrag an die IBB zurück.

Angesichts des Antragsformulars zum Zeitpunkt der Antragstellung durch unseren Mandanten, in dem eine Subventionsgewährung bei Nebentätigkeit gerade nicht ausgeschlossen worden war, war fraglich, ob die Auskunft der IBB zu dieser Zeit zutreffend war.

Des Weiteren konnte nach unserer Auffassung nicht hinreichend sicher bewiesen werden, dass unser Mandant mit (auch nur bedingtem) Vorsatz gehandelt hatte. Auch wäre ein Verbotsirrtum in dieser dynamischen Situation unvermeidbar gewesen.

Die Staatsanwaltschaft folgte der Ansicht von Rechtsanwalt Stern insoweit, dass sie das Verfahren gemäß § 153 Abs. 1 S. 1 StPO ohne Auflagen einstellte, weil die Schuld als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Somit gilt unser Mandant weiterhin als unschuldig. Über dieses Ergebnis war unser Mandant äußerst erfreut.

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