§ 153a Abs. 2 StPO

Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte – Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage

Unserem Mandanten wurde mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, sich im Rahmen einer vorläufigen Festnahme den Anordnungen von zwei Polizeibeamten widersetzt zu haben, indem er seine Arme versteift und trotz Fesselung versucht habe sich loszureißen. Auf dem Boden fixiert, habe er sich mehrmals hochgedrückt und mit den Füßen um sich getreten.

Hierdurch habe sich unser Mandant wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 StGB und tätlichen Angriffs gemäß § 114 StGB strafbar gemacht.

Strafverteidiger Rechtsanawalt Stern nahm bei der zuständigen Geschäftsstelle Akteneinsicht und regte in einem Schriftsatz die Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 800,00 Euro an.

Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern trug vor, dass unser Mandant zum Tatzeitpunkt Einsichts- und steuerungsunfähig und mithin gemäß § 20 StGB schuldunfähig gewesen sei. Unser Mandant habe eine Psychose induziert durch vorherigen Cannabiskonsum erlitten und dabei die Kontrolle über sein Handeln verloren.  Sogenannte Intoxikationspsychosen können Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Angst- und Panikattacken, kognitiven Einbußen und Kommunikationsarmut hervorrufen.

Unser Mandant wies mehrere dieser Symptome auf. Zunächst habe er suizidale Gedanken gehabt und sich vom Balkon seiner in der fünften Etage befindlichen Wohnung in die Tiefe stürzen wollen. Seiner Frau und einem helfenden Nachbarn sei es gelungen, unseren Mandanten zu beruhigen und ihn zurück in die Wohnung zu holen. Aus Angst vor sich selbst habe unser Mandant daraufhin die Polizei rufen und Hilfe suchen wollen. Davon habe er jedoch abgesehen und sei stattdessen plötzlich in das Treppenhaus und auf die Straße gerannt.

Sodann sei unser Mandant orientierungslos durch die Straßen gelaufen und habe an verschiedenen Türen geklopft. Nach einigen hundert Metern sei er auf zwei Polizeibeamte getroffen, die ihn aufforderten, die Hände auf die Wand zu legen. Nach dem Anlegen der Handschellen habe unser Mandant jedoch ein weißes Licht gesehen, woraufhin er eine Panikattacke und Wahnvorstellungen entwickelt und geglaubt habe, demnächst getötet zu werden. An das weitere Geschehen könne unser Mandant sich nicht mehr erinnern.

Unser Mandant befand sich zum Zeitpunkt der Tat in einer psychotischen Episode und war folglich schuldunfähig.

Nach alledem sah das Gericht von einer Eröffnung der Hauptverfahrens ab und stellte das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und unseres Mandanten gemäß § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 800,00 Euro ein.

Die Einstellung hatte gegenüber einem möglichen Freispruch mangels Schuldfähigkeit den Vorteil, dass eine Begutachtung des Mandanten nicht erforderlich war, die insbesondere auch zu beruflichen Problemen hätte führen können. Auch wurde auf diese Weise eine Hauptverhandlung vermieden, zu der unser Mandant hätte erscheinen müssen.

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Vorwurf des Diebstahls – Verfahrenseinstellung nach § 153a Abs. 2 StPO

Unserer Mandantin wurde mit Anklageschrift der Amtsanwaltschaft vorgeworfen, in einem Kaufhaus eine Hose und zwei Paar Ohrringe entwendet zu haben. Hierdurch soll sie sich wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben.

Rechtsanwalt Stern nahm nach Mandatierung umgehend Akteneinsicht bei der zuständigen Geschäftsstelle und verfasste sodann einen umfangreichen Schriftsatz. In diesem regte er die Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage nach § 153a Abs. 2 StPO an. Der Einstellung stand eigentlich entgegen, dass in der Vergangenheit bereits Verfahren gegen unsere Mandantin eingestellt worden waren. Für unsere Mandantin sprach jedoch auch einiges:

Rechtsanwalt Stern führt zunächst ihr kooperatives Verhalten an. Aus der Ermittlungsakte ergab sich, dass ein Angestellter unsere Mandantin dabei beobachtet hatte, wie sie die Ohrringe genommen und in einen Beutel gesteckt hatte. Anschließend habe sie das Kaufhaus, ohne zu bezahlen, verlassen. Der Angestellte konfrontierte sie sodann mit dem Gesehenen, woraufhin unsere Mandantin die unbeschädigte Ware unverzüglich und freiwillig herausgab.

Sodann begründete Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern die geringe Schuld unserer Mandantin mit ihrem psychischen Gesundheitszustand. Unserer Mandantin wurden bereits vor der ihr vorgeworfenen Tat eine posttraumatische Belastungsstörungen infolge der ihr in der Vergangenheit durch ihre Eltern widerfahrenden Gewalttätigkeiten diagnostiziert, die sich in Form von gestörten Essverhalten, Selbsthass, raschen Stimmungswechseln und Wutausbrüchen zeigte. Aus diesem Grund besuchte unsere Mandantin bereits mehrere psychotherapeutische Sprechstunden. Nichtsdestotrotz stieß sie herbei häufiger an ihre Grenzen, sodass es auch zu der unserer Mandantin vorgeworfenen Tat kam.

Um die Tat zu verarbeiten, suchte unsere Mandantin verschiedene Therapeuten auf. Diese diagnostizierten ihr unter anderem verschiedene Persönlichkeitsstörungen und Depressionen. Um weiterhin an sich arbeiten zu können, sucht unsere Mandanten derzeit einen Therapieplatz.

Nach alledem sah auch das Gericht die Schuld unserer Mandantin als gering an und betrachteten eine Verfahrenseinstellung gegen die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 300-, € als geeigneten, die wechselseitigen Interessen der Verfahrensbeteiligten wahrenden Weg der Verfahrenserledigung. Das Verfahren konnte schließlich mit Zustimmung der Amtsanwaltschaft eingestellt werden. Über die Einstellung war unsere Mandantin sehr erleichtert, weil im Falle einer Verurteilung die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses konkret gedroht hatte.

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Computerbetrug und Subventionsbetrug – Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer geringen Geldauflage

Unserem Mandanten wurde mit Strafbefehl Folgendes vorgeworfen:

Unser Mandant habe zur Erlangung einer Subvention im Rahmen der Corona-Soforthilfe der Investitionsbank Berlin (IBB) einen Online-Antrag auf Corona-Zuschuss für Kleinunternehmer, Solo-Selbständige und Freiberufler gestellt, obwohl er die dafür notwendigen Voraussetzungen als von der Corona-Krise betroffener Solo-Selbstständiger nicht erfüllt haben soll. Er habe daher unrichtige Angaben bezüglich erheblicher Tatsachen getätigt und 5.000,00 € zum Nachteil der IBB erlangt.

Hierdurch soll sich unser Mandant wegen Computerbetrugs gemäß § 263a Abs. 1, 2 StGB strafbar gemacht haben.

Zudem wurde unserem Mandanten vorgeworfen, außerordentliche Wirtschaftshilfen der Bundesregierung, sogenannte „Novemberhilfe“ und „Dezemberhilfe“, beantragt zu haben. Dabei habe unser Mandant bewusst wahrheitswidrig angegeben, dass das Unternehmen mindestens 80 % Umsatz durch Lieferung und Leistung mit von aufgrund der Covid-19-Pandemie ergangenen Schließungsverordnungen der Bundesregierung eingebüßt habe. Ausweislich seiner Geschäftskonten seien diese Angaben, wie er gewusst habe, falsch gewesen. Eine Antragsberechtigung habe nicht vorgelegen.

Im Vertrauen auf die von ihm gemachten Angaben habe die IBB eine Novemberhilfe in Höhe von ca. 6.000,00 Euro und eine Dezemberhilfe in Höhe von ca. 10.000,00 Euro bewilligt. Auf beide Beträge habe er keinen Anspruch gehabt.

Hierdurch soll sich unser Mandant wegen Subventionsbetrugs gemäß § 264 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben.

Nach Mandatierung nahm Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht und erarbeitete auf Grundlage der Ermittlungsakten einen ausführlichen Schriftsatz, in dem er die Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage, § 153a Abs. 2 StPO, anregte.

Im Hinblick auf den Corona-Soforthilfe-Antrag trug Rechtsanwalt Stern Folgendes vor:

Unser Mandant habe ein Unternehmen für Vertrieb und Import von Speiseölen geführt. Hierfür betreibe er einen Online-Handel und  verkaufe seine Produkte auch auf verschiedenen Messen. Aufgrund der Covid-19-Pandemie habe sich die Selbstständigkeit unseres Mandanten – so wie die vieler anderer Unternehmen, Soloselbstständigen und Freiberufler – allerdings nicht wie erwartet entwickelt. Insbesondere habe es kaum mehr Aufträge gegeben. Aus Angst um seine berufliche und betriebliche Existenz habe er sich daher entschlossen, den Corona-Zuschuss zu beantragen.

Rechtsanwalt Stern teilte mit, dass unser Mandant, soweit dies seinerzeit möglich war, die Antragsvoraussetzungen recherchiert habe. Genaue Informationen seien jedoch erst zu erlangen gewesen, wenn man die Warteschleife passiert hatte und den Antrag selbst lesen konnte. Dies geschah unter erheblichem Zeitdruck, da eine maximale Bearbeitungsdauer festgelegt war, innerhalb derer der Antrag fertiggestellt sein musste. Qualifizierter, belastbarer Rechtsrat war innerhalb der knapp bemessenen Antragsbearbeitungsfrist nicht einholbar.

Des Weiteren könne nach unserer Auffassung nicht hinreichend sicher bewiesen werden, dass unser Mandant mit (auch nur bedingtem) Vorsatz gehandelt habe. Auch wäre ein Verbotsirrtum in dieser dynamischen Situation unvermeidbar gewesen.

Darüber hinaus habe unser Mandant einen Teil der Corona-Soforthilfe aufgrund eines an ihn gerichteten Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids der IBB zurückgezahlt. In diesem Bescheid sei die IBB jedoch grundsätzlich von seiner Antragsberechtigung ausgegangen. Schließlich habe die IBB nicht die komplett ausgezahlte Corona-Soforthilfe zurückgefordert.

Im Hinblick auf die außerordentliche Wirtschaftshilfen der Bundesregierung, sogenannte „Novemberhilfe“ und „Dezemberhilfe“, gestaltete sich die Argumentation wie folgt:

Es musste zunächst zwischen insgesamt drei Anträgen – zwei Anträgen für die Novemberhilfe und einem Antrag für die Dezemberhilfe – differenziert werden:

Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern erklärte, dass sich unser Mandant im Hinblick auf den ersten Novemberhilfe-Antrag nicht strafbar gemacht habe.

Unserem Mandant könnte nicht nachgewiesen werden, dass er einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht habe. Die Angaben sind gemacht, wenn sie im Rahmen eines Subventionsverfahrens der zur Entgegennahme bestimmten zuständigen Behörde, Stelle oder Person zugegangen sind (MüKoStGB/Ceffinato StGB § 264 Rn. 79).

Laut der Ermittlungsakte sei zwar ein Antrag auf Gewährung der „Novemberhilfe“ als außerordentliche Wirtschaftshilfe der Bundesregierung mit Angaben zu der Person unseres Mandanten und dessen Unternehmen gestellt und ausgefüllt worden. Allerdings sei unklar, ob der konkrete Antrag überhaupt gestellt worden und somit der zuständigen Behörde zugegangen sei. Schließlich habe der Antrag von dem zuständigen Sachbearbeiter der IBB im System nicht gefunden werden können.

Ferner sei der Antrag nicht eigenhändig durch unseren Mandanten unterschrieben worden, sodass nicht mit hinreichender Verurteilungswahrscheinlichkeit nachgewiesen werden könne, dass unser Mandant diesen Antrag stellen wollte.

Bezüglich des zweiten Novemberhilfe-Antrags und des Dezemberhilfe-Antrags argumentierte Rechtsanwalt Stern wie folgt:

Die Voraussetzungen einer Gewährung der „Novemberhilfe“ und „Dezemberhilfe“ als außerordentliche Wirtschaftshilfen der Bundesregierung hätten dem Grunde nach vorgelegen.

Die wirtschaftliche Tätigkeit unseres Mandanten als Soloselbstständigem sei vom coronabedingten Lockdown indirekt betroffen gewesen.

Als indirekt Betroffene gelten Unternehmen und Soloselbstständige, die nachweislich und regelmäßig mindestens 80 Prozent ihrer Umsätze mit direkt von den Maßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen.

Als direkt Betroffene für die Novemberhilfe und Dezemberhilfe gelten Unternehmen und Soloselbstständige, die aufgrund der auf Grundlage des Beschlusses von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 erlassenen Schließungsverordnungen der Länder den Geschäftsbetrieb im November und Dezember einstellen mussten. Dazu gehören unter anderem […], Messen, […].

Diese Informationen wurden der Internetseite des Bundeministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz entnommen:

https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/Content/FAQs/NhDh/01_01_.html?cms_templateQueryString=&cms_gtp=.

Unser Mandant führe ein Einzelunternehmen mit dem Zweck „Vertrieb und Import von Speiseölen per Internet“. Vor der Covid-19-Pandemie habe er hauptsächlich in verschiedenen Bundesländern stattfindende Messen mit seinen Produkten beliefert. Somit sei der größte Teil seines Umsatzes mit direkt von den Maßnahmen betroffenen Unternehmen erzielt worden.

Des Weiteren sei laut Rechtsanwalt Stern zu berücksichtigen gewesen, dass die beiden Anträge jeweils durch den Steuerberater unseres Mandanten gestellt worden seien, dem alle für die Prüfung relevanten Unterlagen vorgelegen hätten. Die Anträge haben auch durch einen prüfenden Dritten im Namen des Antragstellenden eingereicht werden müssen, da ein Direktantrag für die Novemberhilfe bzw. Dezemberhilfe für Soloselbstständige nur in Höhe von maximal 5.000,00 Euro möglich gewesen sei.

Unser Mandant habe darauf vertraut, dass sein Steuerberater die Antragsberechtigung eingehend überprüfen würde. Schließlich habe der Steuerberater unter Beachtung seiner allgemeinen Berufspflichten folgende Erklärungen bestätigt:

„[…] Außerdem habe ich die Angaben des Antragstellers zu Umsatz im Vergleichszeitraum sowie den erzielten Umsatz im Leistungszeitraum überprüft und bestätige deren Plausibilität.

Ich habe die Angaben des Antragstellers zu seiner Identität und Antragsberechtigung überprüft und bestätige deren Richtigkeit.

[…]

Ich habe die Angaben des Antragstellers geprüft, dass eine direkte, indirekte oder Betroffenheit über Dritte durch den Corona-bedingten Lockdown bestand und bestätige deren Plausibilität.“

Daher habe unser Mandant im Zeitpunkt der Antragstellung jedenfalls nicht mit dem (auch nur bedingten) Vorsatz oder der jedenfalls erforderlichen Leichtfertigkeit im Sinne des § 264 Abs. 5 StGB, ohne Anspruch einen Antrag auf Auszahlung der Novemberhilfe und Dezemberhilfe über seinen Steuerberater zu stellen, gehandelt. Ein Verbotsirrtum wäre auch unvermeidbar gewesen. Unser Mandant habe sich grundsätzlich auf die Auskunft einer verständigen, sachkundigen, unvoreingenommenen Person, die kein erkennbares Eigeninteresse verfolgt und deswegen Gewähr für eine objektive, sorgfältige, pflichtgemäße und verantwortungsbewusste Auskunftserteilung bietet, verlassen können. Insbesondere habe der Steuerberater nochmals per E-Mail bestätigt, dass unser Mandant den Antrag stellen könnte, da die Voraussetzungen vorliegen würden. Zudem haben sich keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Auskunft ergeben, die unser Mandant bei auch nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen hätte erkennen können.

Des Weiteren habe die IBB nach der durch den Steuerberater erstellten Schlussabrechnung der Novemberhilfe und Dezemberhilfe die zu viel gezahlte Hilfe nicht zurückgefordert.

In der Hauptverhandlung bemühte sich Rechtsanwalt Stern, dem Gericht und dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft all diese Erwägungen nahezubringen. Das Gericht entwickelte Sympathien für die rechtlichen Ausführungen von Rechtsanwalt Stern und überzeugte die Staatsanwaltschaft davon, einer Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer niedrigen Geldauflage und ohne Verpflichtung zur Rückzahlung der erlangten Subventionen zuzustimmen. Unser Mandant gilt weiterhin als unschuldig und war sehr erfreut über das Verfahrensergebnis.

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