Cyberkriminalität

Computerbetrug (§ 263a StGB) – Erfolgreicher Nachweis des fehlenden Vorsatzes führt zur Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO

Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren gegen unsere Mandantin wegen des Vorwurfs des Computerbetrugs (§ 263a StGB) ein. Dies bezog sich auf die Abholung von Pizzen, die zuvor über ein Online-Bestellsystem unter falschem Namen und ohne ordnungsgemäße Bezahlung generiert worden waren. Die Staatsanwaltschaft legte der Mandantin zur Last, durch die Entgegennahme der Ware wissentlich an der unrechtmäßigen Erlangung der Leistung mitgewirkt und damit die Tathandlung vollendet zu haben.

Rechtsanwalt Stern übernahm die Verteidigung, nahm Akteneinsicht und reichte umgehend eine umfassende Stellungnahme ein, in der die Einstellung des Verfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO beantragt wurde.

Die Strategie konzentrierte sich darauf, den für eine Verurteilung notwendigen Vorsatz zu entkräften. Der Vorsatz als innere Tatsache muss bei den allermeisten Straftaten zweifelsfrei nachgewiesen werden, um eine Bestrafung zu rechtfertigen. Rechtsanwalt Stern legte dar, dass die Mandantin die Pizzen lediglich als Botendienst für einen Bekannten abholte. Sie bestritt vehement, gewusst zu haben, dass die Bestellung nicht ordnungsgemäß bezahlt wurde oder dass ihr Bekannter einen falschen Namen verwendet hatte. Für unsere Mandantin handelte es sich um einen harmlosen Gefallen.

Die Staatsanwaltschaft Berlin folgte der Argumentation der Verteidigung: Da die Kenntnis von der Unrechtmäßigkeit der Bestellung und somit auch ein Vorsatz der Mandantin nicht mit der für eine Anklageerhebung notwendigen Sicherheit nachgewiesen werden konnte, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren vollständig ein.

Durch diese frühzeitige und fundierte Verteidigung konnte eine Hauptverhandlung und die Belastung mit einem Betrugsvorwurf vollständig abgewendet werden.

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Anklageerhebung Cyberkriminalität („App-Tester“)

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück – Zentralstelle Internet- und Computerkriminalität (Cybercrime) – hatte im März 2020 Anklage gegen drei junge Männer im Alter zwischen 19 und 22 Jahren u.a. wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Fälschung beweiserheblicher Daten und gewerbsmäßigen Betruges zum Landgericht Osnabrück erhoben.

In der Anklageschrift wird den drei Beschuldigten unter anderem zur Last gelegt, zwischen April und Oktober 2019 zunächst in 18 Fällen über das Internet vermeintliche „App-Tester“ von Banking-Apps angeworben zu haben, denen vorgetäuscht wurde, sie sollten auf Basis einer geringfügigen Nebenbeschäftigung die Banking-Apps bzw. den Service der N26-Bank oder der Postbank testen und bewerten. Tatsächlich eröffneten die „App-Tester“ jedoch unwissentlich auf den eigenen Namen für die Beschuldigten Bankkonten. Die Konten wurden anschließend in 140 Fällen als Empfangskonten für Zahlungen aus betrügerischen Verkaufsinseraten bei Internetportalen durch die Beschuldigten genutzt, wodurch ein Schaden in Höhe von ca. 85.000,00 € entstand. Die überwiesenen Gelder wurden anschließend in Bitcoins umgewandelt.

Neben diesen Taten werden den Beschuldigten in der Anklage teilweise auch noch für weitere Taten vorgeworfen. Dabei handelt es sich beispielsweise um weitere Betrugstaten, Urkundenfälschung, Verstoß gegen das Waffengesetz und Fahren ohne Fahrerlaubnis.

Die Beschuldigten, die bemüht waren, ihre Identität im Internet durch technische Maßnahme zu verbergen, konnten nach intensiven gemeinsamen Ermittlungen mit der Zentralinspektion Oldenburg -Task Force Cybercrime / Digitale Spuren- identifiziert und am 09.10.2019 im Raum Köln/Bonn festgenommen werden. Ein Beschuldigter befindet sich weiterhin in Untersuchungshaft. Die Haftbefehle gegen die beiden anderen Beschuldigten wurden außer Vollzug gesetzt.

Der erste Hauptverhandlungstermin vor dem Landgericht Osnabrück – Große Jugendkammer ist für den 04.06.2020 angesetzt.

Das Verfahren ist insofern interessant, als wir im Büro häufig Mandanten haben, die als vermeintliche App-Tester engagiert worden sind und gegen die nun Strafverfahren wegen Betrugs und Geldwäsche geführt werden. Je nachdem ob die Staatsanwaltschaft von der „Masche“ schon gehört hat oder nicht, ist es leichter oder schwieriger, die Staatsanwaltschaft zur Einstellung zu bewegen.

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