Das kommt heraus, wenn man jahrelang eine JVA leitet und dann die Seiten wechselt und nun als Rechtsanwalt tätig ist: Der Kollege Thomas Galli hat in der Zeit einmal zusammengetragen, was ihn am Gefängnis stört. Nichts neues dabei, aber immerhin prägnant:
- Nur wenige echte Schwerstkriminelle finden den Weg ins Gefängnis, 7 % sitzen sogar nur Ersatzfreiheitsstrafen ab, etwa wegen (wiederholten) Schwarzfahrens
- Wegen Sexualdelikten Verurteilte machen 6 % der Verurteilten aus, wegen Straftaten gegen das Leben Verurteilte 7 %
- Die Hälfte entfällt entsprechend auf Eigentums- und Vermögensdelikte
- Auch die Hälfte der Freiheitsstrafen ist kürzer als ein Jahr.
- das strikte Regime im Gefängnis hat wenig zu tun mit den Anforderungen an das Leben in Freiheit; Resozialisierung -eigentlich ein Strafzweck – ist da schwierig.
- Gewalt und Drogen sind weit verbreitet und tragen auch nicht zur Resozialisierung bei, ebenso nicht die spärlichen Besuchszeiten
- Schul- und Berufsabschlüsse in der Haft zählen „draußen“ fast nichts
Daher verwundert es nicht, dass jeder dritte Inhaftierte irgendwann in die Haft zurückkehren muss.
Galli spricht sich für dezentrale Wohngruppen oder Freiheitseinschränkungen durch Fußfesseln oder die Entziehung der Fahrerlaubnis aus. Strafe sollte in erster Linie das Ableisten gemeinnütziger Arbeit sein.
Zu den Thesen:
https://www.zeit.de/2020/21/gefaengnisse-freiheitsstrafe-gesellschaftlicher-nutzen
Konstantin Stern, Rechtsanwalt Strafrecht