Jugendstrafe

Gemeinschädliche Sachbeschädigung an Schulfenstern – Sozialstunden

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, abends mit zwei Freunden Steine in mehrere Fensterscheiben einer Schule geworfen zu haben, sodass Fensterscheiben zersprungen seien.

Unser minderjähriger Mandant und seine Mutter nahmen Kontakt zu Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern auf, nachdem sie sich ohne Anwalt in der ersten Instanz vor dem Amtsgericht Tiergarten bestreitend verteidigt hatten und unser Mandant wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung verurteilt wurde. Ihm wurden eine Verwarnung und die Weisung erteilt, binnen vier Monaten 60 Sozialstunden Freizeitarbeiten abzuleisten.

Um eine Vorstellung über die Härte der ausgesprochenen Sanktionen zu bekommen, lohnt sich ein kurzer Blick auf die möglichen Strafen im Jugendstrafrecht. Während im Erwachsenenstrafrecht die Sanktionen in der jeweiligen Strafnorm determiniert sind (Geld- oder Freiheitsstrafe) sieht das Jugendgerichtsgesetz drei Gruppen möglicher Rechtsfolgen vor:

Erziehungsmaßregeln

Die Erziehungsmaßregeln der §§ 9 ff. JGG, die die mildeste Sanktionsform darstellen, sind die Erteilung von Weisungen gem. § 10 JGG und die Hilfe zur Erziehung gem. § 12 JGG. Der – nicht abschließende – Katalog für Weisungen gem. § 10 JGG sieht dabei beispielsweise vor, dass der Richter dem Jugendlichen auferlegen kann:

Im Rahmen der Hilfe zur Erziehung gem. § 12 JGG kann der Richter einen Erziehungsbeistand auferlegen oder die Unterbringung in einer betreuten Wohnform anordnen.

Zuchtmittel

Die Zuchtmittel sind die zweite Stufe der Sanktionen im Jugendstrafrecht und dienen schon eher der Bestrafung, wobei grundsätzlich auch hier der pädagogische Erziehungsgedanke im Vordergrund steht. Sie sollen aber – im Gegensatz zu den Erziehungsmaßregeln – insbesondere das Unrechts- und Verantwortungsgefühl des Jugendlichen schärfen. Nach § 13 JGG ahndet der Richter die Straftat mit Zuchtmitteln, wenn dem Jugendlichen „eindringlich zum Bewusstsein gebracht werden muss, dass er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat“ aber noch keine Jugendstrafe geboten ist.

Zuchtmittel sind dabei die Verwarnung gem. § 14 JGG, die Auflagen gem. § 15 JGG und der Jugendarrest gem. § 16 JGG. Durch die Verwarnung soll dem Jugendlichen das Unrecht der Tat eindringlich vom Richter vor Augen gehalten werden.

Das häufigste Zuchtmittel ist die Erteilung von Auflagen. Der Richter kann dem Jugendlichen beispielsweise auferlegen:

Das eindringlichste Zuchtmittel ist der Jugendarrest. Jugendarrest ist in den Formen Freizeitarrest, Kurzarrest und Dauerarrest möglich. Der Freizeitarrest wird für die wöchentliche Freizeit des Jugendlichen verhängt und auf eine oder zwei Freizeiten bemessen. Unter einer Freizeit wird meist das Wochenende verstanden, weshalb auch oft von Wochenendarrest gesprochen wird. Kurzarrest wird statt des Freizeitarrests verhängt, wenn der zusammenhängende Vollzug aus Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint und weder die Ausbildung noch die Arbeit des Jugendlichen beeinträchtigt werden. Er kann bis zu vier Tage verhängt werden. Der Dauerarrest beträgt zwischen einer und vier Wochen.

Jugendstrafe

Die Jugendstrafe ist die schwerste Sanktionsform des Jugendstrafrechts. Es handelt sich um die klassische Freiheitsstrafe wie im Erwachsenenstrafrecht. Sie darf allerdings nur unter engen Voraussetzungen verhängt werden. Gem. § 17 Abs. 2 JGG darf der Richter sie insbesondere nur dann anordnen, wenn entweder

Als schädliche Neigungen sind anlagebedingte oder durch unzulängliche Erziehung oder Umwelteinflüsse bedingte Mängel zu verstehen, die die Gefahr begründen, dass der Jugendliche ohne längere Gesamterziehung durch weitere Straftaten auffällig werden wird. Die frühere Begehung von Straftaten ist dabei grundsätzlich als ein für das Vorliegen von schädlichen Neigungen sprechendes Anzeichen anerkannt. Somit scheidet die Annahme schädlicher Neigungen in der Regel bei Ersttätern aus, aber auch bei Taten, die durch Konflikt- oder Notsituation motiviert sind.

Die Schwere der Schuld bemisst sich nach dem Gewicht der Tat und der in der Persönlichkeit des Täters begründeten Beziehung zu ihr. Entscheidend ist die innere Tatseite, also inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Auch wenn dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat keine selbstständige Bedeutung zukommt, wird die Schwere der Schuld regelmäßig bei Tötungsdelikten oder Delikten mit Todesfolge möglicherweise gegeben sein.

Die Jugendstrafe beträgt mindestens 6 Monate, das Höchstmaß 5 Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als 10 Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß 10 Jahre.

Weiterer Verlauf des hiesigen Verfahrens

Nach Mandatierung holte Rechtsanwalt Stern sodann umgehend die Ermittlungsakten auf der Geschäftsstelle ab. Beim Durcharbeiten der Akten erkannte Rechtsanwalt Stern, dass die Beweislage eindeutig war. Schließlich gab es nicht nur Zeugen, die das gesamte Geschehen beobachtet hatten, sondern auch erhebliche Widersprüche in den polizeilichen Vernehmungen der Beschuldigten. Überdies war das Verhalten unseres Mandanten gegenüber dem Amtsgericht teilweise nicht angemessen.

Nach Einlegung der Berufung, die ein Rechtsmittel zur Überprüfung einer erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung, in diesem Fall des Amtsgerichts Tiergarten, darstellt, entschloss sich Rechtsanwalt Stern daher, den im hiesigen Verfahren zuständigen Richter telefonisch zu kontaktieren und anzuregen, die Verwarnung aufzuheben und weniger Sozialstunden im Gegenzug für ein Geständnis zu erteilen. Der Richter sagte dies zu. Entsprechend wurde in der Berufungshauptverhandlung entschieden. Mithin erhielt unser Mandant eine Sanktion auf der niedrigsten Stufe.

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Handeltreiben mit Betäubungsmitteln – 1 Jahr Jugendstrafe auf Bewährung

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, Betäubungsmittel verschiedenster Art (u.a. Heroin und Kokain) in einer nicht geringen Menge zum Verkauf bereitgehalten und auch verkauft zu haben.

Die Polizei nahm unseren Mandanten aufgrund dessen in Gewahrsam, woraufhin Rechtsanwalt Stern von unserem Mandanten kontaktiert wurde.

Rechtsanwalt Stern fuhr umgehend zu unserem Mandanten und handelte mit der Bereitschafts-Staatsanwaltschaft eine unverzügliche Freilassung unseres Mandanten aus.

Nur eine Woche später wurde unser Mandant jedoch erneut mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge festgenommen. Der Bereitschaftsstaatsanwalt war nun nicht mehr bereit, unseren Mandanten aus der Untersuchungshaft zu entlassen.

Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage und forderte gegen unseren zwanzigjährigen Mandanten eine Strafe nach dem Erwachsenenstrafrecht.  In einem Alter zwischen 18 und 21 Jahren gilt man als Heranwachsender. Auf Heranwachsende kann das Erwachsenenstrafrecht oder das Jugendstrafrecht Anwendung finden. Letzteres ist für den Beschuldigten in der Regel günstiger, weil es eine mildere Bestrafung ermöglicht. Maßgeblich ist insbesondere die soziale und ökonomische Verselbstständigung. Wer mit eigenem Job und eigener Wohnung lebt, ist eher Erwachsener, wer in Ausbildung ist und noch zu Hause wohnt, eher Jugendlicher. Unser Mandant lebte fernab seiner Heimat in einer eigenen Wohnung und hatte einen Job als Barkeeper. Niemand aus seiner Familie lebte in Deutschland.

Einen Tag vor der Hauptverhandlung wollte Rechtsanwalt Stern unseren Mandanten in der Haft besuchen, um die letzten entscheidenden Vorbereitungen für die Hauptverhandlung zu treffen. Allerdings wurde ihm nicht ermöglicht, unseren Mandanten zu sehen.

Rechtsanwalt Stern schilderte diesen Vorfall in einem Schreiben an das Gericht.

In der Hauptverhandlung schlug Rechtsanwalt Stern vor, dass man im Gegenzug zur Nichtgewährung des Besuches die Anwendung des Jugendstrafrechts erörtern könne. Andernfalls würde er die Aussetzung der Hauptverhandlung beantragen. Die Staatsanwaltschaft stimmte diesem Vorschlag zu.

Rechtsanwalt Stern schilderte daraufhin umfassend die persönlichen Verhältnisse unseres Mandanten, wobei er insbesondere auf die familiäre Situation einging.

Unser Mandant war aus Syrien infolge des Bürgerkriegs geflohen. Dabei war die Idee, dass seine Familie im Rahmen einer Familienzusammenführung nachkommen soll, was so jedoch nicht funktionierte. Zwar lebte unser Mandant schon seit einigen Jahren räumlich getrennt von seiner Familie. Allerdings war er von seiner Familie sowohl finanziell als auch emotional stark abhängig.

Die Staatsanwaltschaft und das Gericht schlossen sich Rechtsanwalt Stern an und erklärten das Jugendstrafrecht für anwendbar.

Das Gericht hielt eine Bewährungsstrafe für angemessen. Unser Mandant war über dieses Ergebnis sehr erfreut und wurde nach der Hauptverhandlung aus der Untersuchungshaft entlassen.

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