Unschuldsvermutung

Häusliche Gewalt – Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage in der Hauptverhandlung

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, seiner Frau an den Haaren gezogen und sie geschubst zu haben. Überdies habe er ihr mit den Fäusten ins Gesicht geschlagen und sie an den Oberarmen festgehalten.  Hierdurch habe sich unser Mandant wegen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

Nach Mandatierung nahm Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht bei der zuständigen Geschäftsstelle.

Im verfahrensgegenständlichen Geschehens lag eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen vor.  Der Verdacht gegen unseren Mandanten konnte ausschließlich auf die Aussage seiner Frau gestützt werden.

Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern arbeitete die Aussagen unseres Mandanten und seiner Frau gründlich durch und trug Widersprüchlichkeiten in der Hauptverhandlung vor.

Zunächst stellte Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern in der Hauptverhandlung die inkonsistenten Angaben der Frau unseres Mandanten dar. Sie hatte ihre am Tag des verfahrensgegenständlichen Geschehens gemachten Angaben bei einer späteren polizeilichen Befragung um Details zum Geschehenshergang ergänzt, an die sie sich zuvor nicht erinnerte.

Auch wichen die Angaben der Frau von denen unseres Mandanten ab. Dieser räumte zwar einen Streit ein, bestritt jedoch seine Frau geschlagen zu haben. Die sich widersprechenden Angaben, sowie das Fehlen weiterer Zeugen, verhinderten eine eindeutige Rekonstruktion des Geschehensverlaufs.

Die Verletzungen – blaue Flecken – der Ehefrau konnten nicht eindeutig auf das unserem Mandanten vorgeworfene Geschehen zurückgeführt werden, da unser Mandant vortrug, dass seine Frau oft blaue Flecken habe und generell anfällig für solche sei.

Abschließend führte Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern aus, dass das Interesse der Ehefrau an dem Verfahren gering sei. Diese habe keinen Strafantrag gegen ihren Mann nach § 230 StGB stellen wollen.

Überdies hatten unser Mandant und seine Frau sich versöhnt, weshalb die Frau auch nicht zum ersten Hauptverhandlungstermin erschien. Das Gericht bemühte sich zwar zu eruieren, ob die Zeugin überhaupt Angaben machen wollte. Dies gelang jedoch nicht mit der Folge, dass es eines zweiten Hauptverhandlungstermins bedurft hätte. Nun waren Staatsanwaltschaft und Gericht jedoch bereit, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen. Unser Mandant gilt somit weiterhin als unschuldig.

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Strafbefehl wegen falscher Verdächtigung – Verfahrenseinstellung ohne Auflagen gemäß § 153 StGB

Unser Mandant kontaktierte uns nach Erhalt eines Strafbefehls vom Amtsgericht Tiergarten. In dem Strafbefehl wurde ihm vorgeworfen, eine Person falsch verdächtigt zu haben.

Der Vorwurf beruhte darauf, dass unser Mandant als Zeuge Angaben machen sollte. Mit dem Auto unsere Mandanten war ein Geschwindigkeitsverstoß begangen worden. Unser Mandant sollte – als Halter – nun den Fahrer des Fahrzeuges zum Zeitpunkt des Verstoßes angeben. Der Strafbefehl unterstellte, dass unser Mandant bewusst einen Familienangehörigen aus Skandinavien benannt hatte, der im Falle einer Ahndung mit Punkten in Flensburg hätte gut leben können, wenn es der Bußgeldstelle überhaupt gelungen wäre, den Bußgeldbescheid im Ausland zustellen zu lassen. Tatsächlich soll ein in Deutschland wohnhafter Familienangehöriger hinterm Steuer gesessen haben.

Im Anhörungsbogen habe unser Mandant bewusst eine falsche Person benannt und sich hierdurch wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 2 StGB strafbar gemacht, um die Ahndung des Geschwindigkeitsverstoßes zu vereiteln.

Gegen den Strafbefehl legte Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern fristgerecht – innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung, § 410 Abs. 1 StPO – Einspruch ein.

Sodann kontaktierte Rechtanwalt Stern das Amtsgericht, um den weiteren Verfahrensverlauf zu besprechen. In diesem Gespräch regte Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern die Verfahrenseinstellung an. Aus unserer Sicht war eine Verurteilung nicht mit Sicherheit zu erwarten. Es war aus Sicht von Rechtsanwalt Stern schließlich nicht eindeutig nachzuvollziehen, wer den Antwortbogen ausgefüllt hatte. Auch die Ehefrau unseres Mandanten kam als mögliche Täterin in Betracht, da der „geschützte“ Familienangehörigen ihr Bruder war.

Das Amtsgericht wollte den Sachverhalt nicht weiter erforschen und stellte das Verfahren wegen hypothetisch geringer Schuld nach § 153 Abs. 1 StPO ein. Unser Mandant gilt weiterhin als unschuldig. Gegen die Ehefrau wurde kein Verfahren eröffnet.

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Aus aktuellem Anlass: Stellungnahme der Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen e.V. zur Unschuldsvermutung

Die Unschuldsvermutung ist aktuell wieder in der Diskussion. Diese Diskussion zeigt, wie schnell grundlegende Prinzipien unseres Zusammenlebens durch emotionale oder politische Dynamiken untergraben werden können. Sie zeigt, dass und wie Einseitigkeit „der guten Sache wegen“ in die Sackgasse führt. Eine solche Entwicklung gefährdet nicht nur Einzelpersonen, auch nicht „nur“ das Strafverfahren, sondern die Grundfesten unserer Demokratie. Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen e.V. setzt sich daher entschieden für den Schutz der Unschuldsvermutung ein. Wir fordern, diese nicht nur in Strafverfahren wieder verstärkt zu achten, sondern sie generell in der Gesellschaft als wesentliches und moralisches Ordnungsprinzip unseres Zusammenlebens anzuerkennen.

Was ist die Unschuldsvermutung?

Ganz allgemein gesagt verlangt die Unschuldsvermutung zunächst nur etwas sehr Schlichtes: Vorwürfe nicht einfach zu glauben, sondern immer (auch) zu bedenken, dass die beschuldigte Person unschuldig sein kann und sie daher bis zum Vorliegen von Beweisen des Gegenteils entsprechend zu behandeln. Sie fordert daher zu Ermittlungen ebenso auf wie dazu, sich über das Ergebnis dieser Ermittlungen ein Bild zu machen. Sie fordert zu prüfen, ob sich die Ermittlungsergebnisse auch durch ein unschuldiges Verhalten erklären lassen können.

Ist die Unschuldsvermutung nur ein rechtliches und kein moralisches Prinzip, das außerhalb der Gerichte oder des Strafverfahrens nicht gilt?

Dazu kommt es zunächst darauf an, wie „Moral“ definiert wird. Nach einer verbreiteten Definition wird als Moral der Teil der Konventionen und Regeln bezeichnet, dessen Befolgung im zwischenmenschlichen Miteinander als „richtig“ und dessen Nichtbefolgung als „falsch“ bewertet wird. Sollen Behauptungen, die Relevanz im zwischenmenschlichen Miteinander haben, überprüft werden, bevor daran Konsequenzen geknüpft werden? Wir halten das als Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger, aber auch als Bürgerinnen und Bürger dieser Gesellschaft, für unbedingt richtig. Eine Gesellschaft, in der Vorwürfe ungeprüft zu Konsequenzen führen sollen, halten wir dagegen nicht für erstrebenswert. Wir gehen davon aus, dass dies ein wesentlicher Teil unserer Gesellschaft ebenso sieht. Insofern handelt es sich also nicht nur um ein rechtliches, sondern auch um ein moralisches Prinzip, das den Diskurs in unserer Gesellschaft grundlegend bestimmen sollte.

Gefahren einer Kultur der Nichtüberprüfung

Die Unschuldsvermutung ist zu allen Zeiten gerade bei denen unbeliebt gewesen, die in die ein oder andere Richtung endlich einmal „durchgreifen“ wollten. Immer schon gab es Stimmen, denen es zu mühsam war, Beweise ergebnisoffen zu sammeln und zu würdigen. Nicht selten im Sinne einer aus Sicht der Handelnden „guten Sache“. Personen werden dann bereits durch bloße Anschuldigungen beruflich und gesellschaftlich ruiniert, bevor eine Klärung erfolgt. Wenn bloße Vorwürfe anstelle von Beweisen über Schuld oder Unschuld entscheiden, verlieren der Rechtsstaat, die Gesellschaft und ihre Organisationen ihre Integrität. Auch dies belegt, dass es sich bei der Unschuldsvermutung  nicht nur um ein rechtliches, sondern um ein moralisches Prinzip handelt.

Nicht erst in der aktuellen Debatte fällt auf, dass die Unschuldsvermutung zunehmend einer „Kultur der Nichtüberprüfung“ weicht. Natürlich kann sich eine Organisation, ein Verband oder eine Partei sich für ihre inneren Angelegenheiten dafür entscheiden, ihre Handlungen von unüberprüften Vorwürfen leiten zu lassen. Ihr sollte dann klar sein, dass sie sich damit bei denjenigen einreiht, die Glauben über Wissen stellen, die Gerüchte wie Tatsachen behandeln, die das eigene Gefühl als Beweis ausreichen lassen.

Handlungen auf unüberprüfter Grundlage schaden auch tatsächlichen Opfern

Wenn in der aktuellen Debatte etwa Aussagen getroffen werden wie „was es aber bedeutet, in einer feministischen Partei zu sein, ist, dass Betroffenen geglaubt wird“, dann könnten diese die vorstehend beschriebene, bedenkliche Entwicklung nicht besser illustrieren. Wir bezweifeln, dass der Feminismus verlangt, andere auf Basis von unüberprüften Behauptungen zu sanktionieren. Vielmehr schwächt eine unkritische Übernahme von Anschuldigungen auch die Glaubwürdigkeit wirklicher Opfer in Aussage-gegen-Aussage-Situationen. Dies untergräbt deren Anliegen und erschwert es, wahre Taten aufzuklären.

Unbestreitbar muss es für Betroffene die Möglichkeit geben, Unterstützung zu erhalten. Dass der Ausgleich der beiden gleichermaßen moralischen Prinzipien der Betroffenenunterstützung und der Unschuldsvermutung nicht einfach ist, ist ebenfalls eindeutig. Die Geschichte zeigt, dass es keine sinnvolle Lösung sein kann, nur einer Seite zu glauben, auch dann nicht, wenn man diese Einseitigkeit als „Betroffenengerechtigkeit“ verkauft.

Berlin, den 11. Februar 2025 Der Vorstand des Vereinigung Berliner Strafverteidiger*innen e.V.

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Besitz von BtM – Verfahrenseinstellung

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, ein braunes Gefäß mit Pipettenschraubverschluss mit einer unbekannten Flüssigkeit besessen zu haben. Bei der Flüssigkeit soll es sich um GHB (= Liquid Ecstasy) gehandelt haben.


Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern nahm Akteneinsicht bei der zuständigen Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft und beantragte sodann die Verfahrenseinstellung mangels hinreichenden Tatverdachts.


Im Rahmen eines Polizeieinsatzes in der Wohnung unseres Mandanten wurde ein braunes Gefäß mit einer unbekannten Flüssigkeit aufgefunden. Dieses konnte jedoch keiner Person eindeutig zugeordnet werden.

Zum Zeitpunkt des Polizeieinsatzes habe sich ein stark intoxikierter und nackter Freund unseres Mandanten in seinem Wohnzimmer befunden. Dies deutete auf einen möglichen aktuellen Konsum von GHB des Freundes hin, weshalb auch nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das braune Gefäß dem Freund gehörte.


Überdies wurde der Inhalt des Gefäßes nicht untersucht, sodass nicht festgestellt wurde, ob es tatsächlich Betäubungsmittel enthielt.

Der ehemalige Lebensgefährte unseres Mandanten behauptete, dass das Gefäß unserem Mandanten gehörte. Jedoch war die Aussage, da er die Trennung von unserem Mandanten noch nicht verwunden hatte, ihn in der Vergangenheit mehrfach angeschwärzte hatte und seinen Verdacht auch nicht begründen konnte, nicht glaubhaft.


Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren antragsgemäß ein, unser Mandant gilt weiterhin als unschuldig.

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