Wirtschaftsstrafrecht

Gewerbsmäßiger Betrug – Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe in der Berufungsinstanz trotz Freiheitsstrafe in Höhe von 3 Jahren und 6 Monaten in der 1. Instanz

Unserem Mandanten wurde mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Rostock vorgeworfen, mehreren Personen eine gute Geschäftsidee vorgespiegelt zu haben, für deren Umsetzung er ein Unternehmen gründen wollte. Die angeworbene Person sollte zunächst Geschäftspartner und zukünftig Geschäftsführer des jeweiligen Unternehmens werden.

Nach Unternehmensgründung habe unser Mandant unter Verwendung der persönlichen Daten seiner Geschäftspartner zunächst Konten bei verschieden Banken eröffnet und sodann Darlehensverträge zur Anschaffung von Betriebsmitteln abgeschlossen. Auch für den Abschluss der Darlehensverträge soll unser Mandant die persönlichen Daten seiner Geschäftspartner verwendet haben. Dass er das ausgezahlte Geld für die private Lebensführung verwendete und es überdies nicht zurückzahlen wollte, habe er seinen Geschäftspartnern verschwiegen. Um bei der Bank nicht aufgeführt zu werden, habe unser Mandant seine Ehefrau als Kontobevollmächtigte der Auszahlungskonten eintragen und das ausgezahlte Geld abheben lassen.

Auf diese Weise sei unser Mandant in sieben Fällen vorgegangen und habe einen Vermögensschaden von über 90.000,00 € verursacht.

Unser Mandant habe sich hierdurch wegen gewerbsmäßigen Betrugs in sechs gemäß § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB strafbar gemacht. Jeder Fall kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren sanktioniert werden. Das Verfahren wurde auch dadurch erschwert, dass der Mandant mehrmals einschlägig vorbestraft und in der Vergangenheit auch schon zu Freiheitsstrafen verurteilt worden war.

Nach Mandatierung nahm Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht und bereitete die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Rostock vor, die er gemeinsam mit dem Wismarer Kollegen Uwe Kunik führte.

Nach ersten Zeugenbefragungen zeigten sich Widersprüche zwischen Anklageschrift und Beweisprogramm des Gerichts.

Unklar war, gegen wen sich die Handlungen unseres Mandanten gerichtet haben sollen. Das Gericht ging offenbar davon aus, dass unser Mandant seine Geschäftspartner dadurch getäuscht habe, dass er ihnen Geschäftsideen vorgespiegelt und sie veranlasst habe, Privatkredite aufzunehmen. Hingegen konnte man aus der Anklageschrift herauslesen, dass die Anklageverfasserin davon ausgegangen war, dass die beteiligten Banken getäuscht wurden, indem unser Mandant die Darlehen nicht für den angegeben Zweck verwendete.

Nur wenn fest steht, wer der Geschädigte ist, kann der Sachverhalt aufgeklärt und unserem Mandanten sein strafprozessuales Recht auf rechtliches Gehör – § 265 Abs. 1 StPO – gewährt werden.

Auch ist eine zielgerichtete und effektive Verteidigung nur möglich, wenn geklärt ist, wer die geschädigte Person ist, um Zeugen gezielt zu befragen sowie Einlassungen und Beweisanträge vorzubereiten.

Nach der Intervention von Rechtsanwalt Stern stand das Verfahren unter dem Damokles-Schwert einer möglichen erfolgreichen Revision mangels zulässiger Anklageschrift.

Gleichwohl vertiefte das Amtsgericht dieses Problem nicht umfassend, sondern setzte die Beweisaufnahme fort und verurteilte unseren Mandanten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.

Gegen das Urteil legte die Verteidigung Berufung ein. Das Landgericht nahm die Bedenken von Rechtsanwalt Stern deutlich ernster. Nach mehreren Hauptverhandlungsterminen, bei denen zahlreiche Zeugen vernommen wurden, schlug die Verteidigung im Rahmen eines Erörterungsgesprächs eine Verständigung vor.

Unser Mandant sollte zu einer Bewährungsstrafe gegen Schadenswiedergutmachung verurteilt werden. Das Gericht und die Staatsanwaltschaft waren – auch aufgrund des Zeitablaufs –einverstanden. Über den Ausgang des Verfahrens war unser Mandant sehr erfreut.

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Fingierte Windparkbeteiligungen: Durchsuchungen und Festnahmen in Niedersachsen

Die Abteilung für organisierte Kriminalität der Staatsanwaltschaft Osnabrück hat in Zusammenarbeit mit der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück und anderen Polizeidienststellen in mehreren zusammenhängenden Ermittlungsverfahren zeitgleich zahlreiche Durchsuchungsbeschlüsse in insgesamt fünf Bundesländern (Berlin, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt) vollstrecken lassen. Dabei wurden vier Personen festgenommen. Die Festnahmen erfolgten im Oldenburger Münsterland, in, Wallenhorst und Zirndorf. Den insgesamt sieben Beschuldigten im Alter von 26 bis 63 Jahren wird insbesondere die Verabredung zu banden- und gewerbsmäßigen Betrugstaten mit einem drohenden Schaden im mehrstelligen Millionenbereich sowie Urkundenfälschung in einer Vielzahl von Fällen zur vorgeworfen.

Wie hoch der tatsächliche Schaden ist, muss noch ermittelt werden. werden die Ermittlungen der nächsten Tage und Wochen zeigen. Gegen die Festgenommenen wird Untersuchungshaft vollstreckt, ein Beschuldigter soll flüchtig sein. Nach ihm wird gefahndet. Bei den Durchsuchungen waren potentielles Beweismaterial und Wertgegenstände beschlagnahmt worden.

Die Beschuldigten, die überwiegend einer aus dem mittleren Emsland stammenden Unternehmerfamilie und deren Umfeld angehören, entwickeln Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien (Windparks), um diese sodann an institutionelle Investoren europaweit zu veräußern. Sie sind dringend tatverdächtig, sich dazu verabredet zu haben, zukünftige Investoren insbesondere mittels des massiven Einsatzes gefälschter Urkunden über die Realisierungsfähigkeit der von ihnen konzeptionierten Projekte zu täuschen, um die Vorhaben sodann zu weit überhöhten Preisen zu verkaufen. Zwei der Beschuldigten sind darüber hinaus der Anstiftung zur Bestechung dringend verdächtig. Sie sollen versucht haben, einen ausländischen Diplomatenausweis zu erlangen, um fortan diplomatische Immunität zu genießen. Es besteht der Verdacht, dass sie zu diesem Zwecke einen Dritten anstifteten, einem ausländischen Amtsträger Geldzahlungen zu gewähren.

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