Das neue Cannabisgesetz (KCanG) und was strafbar bleibt:

Zum 1. April 2024 ist das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG) in Kraft getreten. Nach § 3 Abs. 1 KCanG ist Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, der Besitz von bis zu 25g Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt. Am Wohnsitz oder am gewöhnlichen Aufenthalt einer Person ist der Besitz von bis zu 50g Cannabis (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 KCanG) und von bis zu drei lebenden Cannabispflanzen (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 KCanG) erlaubt. Irrelevant ist, ob das Cannabis legal oder auf dem Schwarzmarkt erworben wurde.

Mit Inkrafttreten des KCanG unterfallen cannabisbezogene Handlungen nicht mehr den §§ 29 ff. BtMG. Stattdessen ergibt sich die Strafbarkeit im Zusammenhang mit Cannabis zu nicht medizinischen Zwecken nunmehr aus § 34 KCanG.

1.Tatobjekte

a. Cannabis

Der Begriff des Cannabis ist in § 1 Nr. 8 KCanG legaldefiniert. Dieser umfasst:

  • Marihuana (= Cannabispflanze, Blüten und sonstige Pflanzenteile)
  • Haschisch (= das abgesonderte Harz)
  • Cannabinoide (= die in der Cannabispflanze natürlich vorkommenden Inhaltsstoffe)
  • Zubereitungen aller vorgenannten Stoffe

Dem Begriff des Cannabis unterfällt auch Cannabisöl aus dem extrahierten, natürlich vorkommenden THC.

Keine taugliches Tatobjekt im Sinne des § 34 KCanG ist Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken sowie nicht konsumfähige Anhaftungen oder nicht wiegbare Rückstände von Cannabis.

b. Cannabispflanzen

Taugliche Tatobjekte sind überdies Cannabispflanzen. Samen und Stecklinge dieser Gewächse unterfallen hingegen noch nicht dem Begriff der Cannabispflanze.

2. Strafbarkeit nach § 34 Abs. 1 KCanG

a. Tathandlungen

Strafbar nach § 34 Abs. 1 KCanG sind folgende Handlungen:

Nr. 1: Besitz von

  • mehr als 30g Cannabis außerhalb des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. a KCanG)
  • mehr als 60g insgesamt (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. b KCanG)
  • mehr als 3 lebenden Cannabispflanzen (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 lit. c KCanG)

Besitz im Sinne dieser Vorschrift ist das willentliche Innehaben eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses, das darauf gerichtet ist, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die Sache zu erhalten.

Beihilfehandlungen in diesem Sinne können zum Beispiel das Entnehmen von Cannabis auf Bitten eines Dritten aus einem Schließfach, die Weitergabe des entnommenen Cannabis oder das Schmiere stehen für eine andere Person, die sich Cannabis illegal verschaffen will, sein.

Nr. 2: Anbau von

  • mehr als 3 lebenden Cannabispflanzen zum Zwecke des Eigenkonsums (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 lit. a)

Nicht tatbestandsmäßig ist der nicht-gewerbliche, das heißt private Eigenanbau von Cannabis zum Zweck des Eigenkonsums durch die Mitglieder in Anbauvereinigungen in §§ 11 ff. KCanG.

  • Cannabispflanzen nicht zum Eigenkonsum (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 lit. b)

Ausreichend in diesem Fall ist bereits der Anbau einer Pflanze.

Nicht zum Eigenkonsum gedacht ist Cannabis, das mit anderen gemeinsam konsumiert oder an andere abgegeben werden soll.

Anbau meint das Erzielen pflanzlichen Wachstums durch gärtnerische Bemühungen. Dies umfasst unter anderem das Einpflanzen von Samen und Stecklingen sowie die Pflege und Aufzucht von Cannabispflanzen. Nicht erfasst ist hingegen das Abschneiden, Ernten, Trocknen, Einweichen und sonstige Bearbeiten von abgetrenntem Pflanzenmaterial.

Nr. 3: Herstellen von Cannabis

Dem Herstellungsprozess unterfallen das Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten, Reinigen und Umwandeln. Nicht verwirklicht ist die Tatbestandsvariante hingegen beim Umfüllen, Abfüllen, Abpacken, Abwiegen oder Kennzeichnen.

Nr. 4: Handeltreiben mit Cannabis

Handeltreiben ist jede eigennützige, auf Umsatz gerichtete Tätigkeit, auch wenn diese sich nur als gelegentlich, einmalig oder ausschließlich vermittelnd darstellt.

Problematisch in diesem Zusammenhang sind insbesondere Anbauvereinigungen. Hierbei ist wie folgt zu differenzieren:

Anbauvereinigungen dürfen sich ausschließlich durch laufende Beiträge der Mitglieder und zusätzliche Pauschalen finanzieren. Bei der Weitergabe an Mitglieder dürfen keine Entgelte verlangt werden. Andernfalls kommt eine Strafbarkeit wegen Handeltreibens in Betracht.

Strafbar ist zudem der gewinnbringende Weiterkauf eines Mitgliedes an ein anderes Mitglied der Vereinigung oder an Nichtmitglieder.

Nr. 5: Ein- und Ausfuhr

Einfuhr ist das Verbringen von Cannabis über die deutsche Hoheitsgrenze aus dem Ausland in den Geltungsbereich des KCanG.

Die Ausfuhr umfasst hingegen das Verbringen von Cannabis aus dem Geltungsbereich des KCanG über die deutsche Hoheitsgrenze ins Ausland.

Nr. 6: Durchfuhr von Cannabis

Durchfuhr meint die Beförderung von Cannabis durch den Geltungsbereich des KCanG. In dieser Zeit darf das Cannabis weder dem Durchführenden noch einem Dritten zur Verfügung stehen. Durchführen kann beispielsweise bei Flugreisen mit kurzen Transitaufenthalten in Deutschland vorliegen.

Nr. 7: Ab- oder Weitergabe von Cannabis

Abgabe ist die unerlaubte Übertragung der eigenen tatsächlichen Verfügungsgewalt ohne rechtsgeschäftliche Grundlage und ohne Gegenleistung an einen Dritten, der über das Cannabis frei verfügen kann. Dies kann bei Tauschgeschäften oder Schenkungen der Fall sein.

Weitergabe meint die Übertragung der Sachherrschaft unter den Voraussetzungen der §§ 11 ff. KCanG. Erlaubt ist die Weitergabe innerhalb von Anbauvereinigungen nach § 19 KCanG. Strafbar ist hingegen die Weitergabe an Dritte.

Nr. 8: Cannabis zum unmittelbaren Verbrauch überlassen

Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch meint das Zuführen an Dritte zum sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle.

Nr. 9: Verabreichen von Cannabis

Verabreichen liegt bei unmittelbarer Anwendung von Cannabis am Körper des Patienten bzw. Dritten ohne dessen aktiver Beteiligung vor.

Nr. 10: Sonstiges Inverkehrbringen von Cannabis

Sonstiges Inverkehrbringen ist jedes Verursachen eines Wechsels der Verfügungsgewalt über das Cannabis durch einen anderen.

Das Merkmal ist erfüllt, wenn Cannabis in einer Weise weggeworfen wird, welche die Gefahr begründet, dass Dritte das Cannabis auffinden, konsumieren oder weitergeben oder beim Unterschieben von Cannabis ohne das Wissen des Adressaten.

Nr. 11: Sich-Verschaffen von Cannabis

Sich-Verschaffen liegt vor, wenn der Täter die tatsächliche Verfügungsgewalt über Cannabis auf andere Weise als beim Erwerb oder bei der Entgegennahme erlangt. Dies kann zum Beispiel durch Diebstahl, Raub oder Erpressung geschehen.

Nr. 12: Erwerb oder Entgegennahme von mehr als 25g Cannabis pro Tag oder 50g pro Monat

Erwerb ist das entgeltliche Erlangen der eigenen tatsächlichen Verfügungsgewalt über Cannabis. Entgegennahme liegt hingegen bei unentgeltlicher Besitzerlangung, zum Beispiel durch Schenkung, vor.

Nr. 13: Extrahieren von Cannabinoiden

Extrahieren meint das Herauslösen von Cannabinoiden aus der Cannabispflanze.

Nr. 14: Umgang mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken ohne Erlaubnis

Nr. 15: Anbau und Weitergabe von Cannabis ohne Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 KCanG

Nr. 16: Anbau von Cannabis entgegen § 17 Abs. 1 S. 1

Strafbar hiernach ist der Anbau von Cannabispflanzen in Anbauvereinigungen unter Mitwirkung von Nichtmitgliedern.

b. Strafmaß

Ein Verstoß gegen § 34 Abs. 1 KCanG wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bestraft.

3. Besonders schwere Fälle nach Maßgabe des § 34 Abs. 3 KCanG

a. Merkmale

Gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 1-4 KCanG macht sich strafbar, wer

  • gewerbsmäßig in Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 bis 10, 13, 15, 16 handelt (§ 34 Abs. 3 Nr. 1 KCanG),
  • die Gesundheit eines Menschen durch eine in Absatz 1 Nr. 2-5. 7, 10, 13-16 bezeichnete Handlung gefährdet (§ 34 Abs. 3 Nr. 2 KCanG),
  • als Person über 21 Jahre (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 KCanG)
    • eine in Absatz 1 Nummer 7-9 genannte Handlung begeht und dabei Cannabis an ein Kind oder einen Jugendlichen ab- oder weitergibt, zum unmittelbaren Verbrauch überlässt oder verabreicht (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) oder
    • ein Kind oder einen Jugendlichen bestimmt, eine in Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a, Nummer 11, 12 oder Nummer 15 genannte Handlung zu begehen oder zu fördern (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 lit. b),
  • eine Straftat nach Absatz 1 begeht und sich die Handlung auf eine nicht geringe Menge bezieht (§ 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG).

b. Strafmaß

Bei Vorliegen eines besonders schweren Falles wird eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren verhängt.

4. Qualifikationen nach Maßgabe des § 34 Abs. 4 KCanG

a. Merkmale

Nach § 34 Abs. 4 KCanG macht sich strafbar, wer

  • im Fall des Absatzes 3 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe a gewerbsmäßig handelt (§ 34 Abs. 4 Nr. 1 KCanG),
  • als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, eine in Absatz 1 Nummer, 4, 5, 7 oder Nummer 10 genannte Handlung zu begehen oder eine solche Handlung zu fördern (§ 34 Abs. 4 Nr. 2 KCanG),
  • eine in Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Nummer 13 genannte Handlung begeht, die sich auf eine nicht geringe Menge bezieht, und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat (§ 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG), oder
  • eine in Absatz 1 Nummer 4, 5 oder Nummer 11 genannte Handlung begeht, die sich auf eine nicht geringe Menge bezieht und dabei eine Schusswaffe oder einen sonstigen Gegenstand mit sich führt, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist (§ 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG).

b. Strafmaß

Das Erfüllen eines Qualifikationstatbestandes wird mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren sanktioniert.

5. Versuch

Die versuchte Tatbegehung ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 3 bis 16 strafbar nach § 34 Abs. 2 KCanG. Der Versuch eines Qualifikationstatbestandes nach § 34 Abs. 4 KCanG ist, da es sich bei diesem um einen Verbrechenstatbestand handelt (vgl. § 12 Abs. 1 StGB), stets strafbar (vgl. § 23 Abs. 1 StGB).

6. Fahrlässigkeit

Eine fahrlässige Begehung wird in Fällen des Absatzes 1 Nummer 3-13, 15, 16 mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft.

7. Tatbegehung zu einem Zeitpunkt vor Inkrafttreten des KCanG

Es gilt das Meistbegünstigungsprinzip des § 2 Abs. 3 StGB. Der § 2 Abs. 3 StGB lautet wie folgt:

Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

Aus diesem Grund wird in Fällen im Zusammenhang mit Cannabis in der Regel das KCanG, welches zumeist mildere Strafen als das BtmG vorsieht, zur Anwendung kommen.

8. Was tun nach Erhalt einer Anhörung, eines Strafbefehls etc.

Wenn Sie eine Vorladung, eine Anklage oder einen Strafbefehl erhalten haben, sollten Sie nicht lange zögern und einen Fachanwalt für Strafrecht kontaktieren.

In einem kostenlosen Beratungsgespräch kläre ich mit Ihnen das weitere Vorgehen.

Die Kontaktaufnahme mit einem Anwalt sollte möglichst frühzeitig erfolgen. Auf diese Weise kann, gegebenenfalls noch vor Beginn der Hauptverhandlung, eine Verfahrenseinstellung erreicht und eine Eintragung ins Führungszeugnis sowie Bundeszentralregister verhindert werden. Auch während der Hauptverhandlung bleibt eine Verfahrenseinstellung weiterhin möglich. Das ist nicht immer der Fall. Das genaue Vorgehen hängt von den Umständen jedes Falls ab.