Berufung

Es kommt vor, dass Angeklagte mit dem Urteil des Amtsgerichts unzufrieden sind, etwa weil die Strafe unangemessen hoch ausgefallen ist. Mithilfe des Rechtsmittels der Berufung kann das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts in einer neuen Hauptverhandlung vor einem neuen Gericht vollständig überprüft werden. Ebenso kann es Ziel der Berufung sein, eine ursprünglich unbedingte Freiheitsstrafe in eine Bewährungsstrafe umwandeln zu lassen. Wir prüfen für Sie die Erfolgsaussichten der Berufung und vertreten Sie in der Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht als Wahlverteidiger oder Pflichtverteidiger.

Hieraus ergibt sich, dass eine Berufung in vier Fällen sinnvoll ist:

1. Der Angeklagte ist mit der Rechtsfolge nicht einverstanden.

Die Strafe kann in der ersten Instanz zu hoch ausgefallen sein. Das ist häufig der Fall, wenn der Angeklagte vor dem Amtsgericht auf die Zuziehung eines Rechtsanwalts verzichtet hat. Es kommt vor, dass

  • statt einer Freiheitsstrafe eine Geldstrafe angemessen gewesen wäre
  • die Freiheitsstrafe entgegen der Auffassung des Amtsgerichts zur Bewährung hätten ausgesetzt werden können
  • die Geldstrafe oder die Freiheitsstrafe insgesamt zu hoch ausgefallen ist

2. Der Richter hat die Beweise nicht richtig gewürdigt.

Richter sind Menschen und Menschen machen Fehler, etwa weil sie einem Zeugen Glauben schenken, der sie belügt. Ein auf einer solchen fehlerhaften Beweiswürdigung beruhendes Urteil kann in der Berufungsinstanz korrigiert werden. Nicht selten ist auch ein Freispruch möglich.

3. Der Richter hat einen rechtlichen Fehler gemacht.

Kernaufgabe des Gerichts ist die sogenannte materiell-rechtliche Würdigung. Der Richter muss den festgestellten Sachverhalt unter eine oder mehrere Vorschriften des Strafgesetzbuchs oder eines strafrechtlichen Nebengesetzes subsumieren. Auch wenn diese Tätigkeit das ist, was Richter im Jurastudium lernen, passieren hier häufig Fehler, die im Rahmen einer Berufung korrigiert werden können

4. Für die Berufung sprechen taktische Gründe

Es kommt vor, dass das Amtsgericht ein formell und materiell korrektes Urteil gesprochen hat, und es dennoch empfehlenswert ist, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Das ist der Fall, wenn es für den Angeklagten sinnvoll ist, den Eintritt der Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung hinauszuzögern, etwa um noch wichtige Dinge vor dem Strafantritt zu regeln. Ein Berufungsverfahren gewährt nicht selten eine „Gnadenfrist“ von mehreren Monaten. Ebenso häufig wird Berufung allein mit dem Ziel eingelegt, eine zum Zeitpunkt der Entscheidung korrekte Ablehnung der Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung zu korrigieren, indem in der Zeit zwischen dem Urteil und der Berufungshauptverhandlung die Grundlage für eine positive Bewährungsentscheidung erst geschaffen werden – etwa indem ein Arbeitsverhältnis aufgenommen oder eine Wohnung bezogen wird.

Risiko Berufung?

Die Berufung kann insofern risikolos eingelegt werden, als dass aufgrund der Berufung des Angeklagten die Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat grundsätzlich nicht zu seinem Nachteil verändert werden dürfen. Dies wird Verschlechterungsverbot genannt. Es gilt unabhängig von der Einlegung der Berufung durch den Angeklagten nur dann nicht, wenn (auch) die Staatsanwaltschaft Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegt hat. Somit besteht lediglich ein Kostenrisiko, weil im Falle einer neuerlichen Verurteilung die Kosten des Verfahrens und die Gebühren des Verteidigers vom Angeklagten zu tragen sind.

Neuer Anwalt für die Berufung?

Es kommt vor, dass das Urteil des Amtsgerichts nicht den eigenen Erwartungen entsprach, obwohl ein – möglicherweise gar teurer – Verteidiger beauftragt worden war. Das ist misslich. Der Angeklagte hat jedoch jederzeit das Recht, seinen Verteidiger wechseln. Die Zeit zwischen dem ggf. nicht zufriedenstellenden Urteil in der ersten Instanz und der Berufungshauptverhandlung ist regelmäßig ein günstiger Zeitpunkt, um über personelle Änderungen nachzudenken und einen neuen Verteidiger mit der Durchführung der Berufung zu beauftragen. Ein frischer Blick etwa auf die zur Verfügung stehenden Beweismittel hat schon in vielen Fällen zum Erfolg geführt. Außerdem wissen viele Angeklagte erst nach einer erfolglosen ersten Instanz, was für eine Art Verteidiger sie sich wünschen und mit wie viel Engagement der mit großen Hoffnungen beauftragte Verteidiger tätig wird. Insbesondere wenn die Einstellung des Verteidigers mangelhaft war, sollte der Verteidiger ausgetauscht werden, denn der Angeklagte hat nur eine Chance für eine erfolgreiche Berufung.