Die besondere Herausforderung für die Strafverteidigung in Sexualstrafverfahren besteht oftmals in sog. „Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen“. Hierbei stehen sich nur die Aussagen des vermeintlichen Opfers und des Täters gegenüber. Weitere unmittelbare Zeugen oder Sachbeweise sind nicht verfügbar.
In einer solchen Konstellation kommt es erheblich darauf an, wem geglaubt wird. Dabei wird dem Opfer – egal wie verzerrt oder übertrieben die Situation geschildert wird – ein bestimmter Vertrauensvorsprung gewährt. Dies gilt insbesondere auch bei Falschbeschuldigungen aus Motiven wie Rache, Eifersucht, Selbstschutz oder schlicht bösen Absichten.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist daher in den „Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen“ von besonders streng geworden. Schließlich darf der Aussage des Opfers nicht höheres Gewicht als den entgegenstehenden Angaben des Beschuldigten beigemessen werden. Der Bundesgerichtshof hat somit festgelegt, dass das Tatgericht die Aussagen des einzigen Belastungszeugen einer besonderen Glaubwürdigkeitsüberprüfung unterziehen muss. Zu den elementarsten Kriterien, anhand derer die Glaubhaftigkeit einer Aussage zu beurteilen ist, zählen unter anderem:
- sorgfältige Inhaltsanalyse der Angaben
- möglichst genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage
- Bewertung des feststellbaren Aussagemotivs
- Prüfung von Konstanz, Detailliertheit (insbesondere hinsichtlich Nebensächlichem undAusgefallenem) und Plausibilität der Angaben
- spontane Verbesserungen der eigenen Aussage
- Eingeständnis von Erinnerungslücken
- Einwände gegen die Richtigkeit der eigenen Aussage
- Selbstbelastungen
- Entlastung des Angeschuldigten
Um sicherzustellen, dass das Tatgericht anhand entsprechender Kriterien die Glaubhaftigkeit einer Aussage beurteilt, sollten Sie sich durch einen erfahrenen Strafverteidiger vertreten lassen. Dieser kann unter Umständen ein aussagepsychologisches Gutachten einholen.
Bei einem aussagepsychologischen Gutachten prüft ein Gutachter, der in der Regel ein Psychologe beziehungsweise eine Psychologin ist, die Glaubwürdigkeit der belastenden Person und die Glaubhaftigkeit von ihren Aussagen. Die Aussage wird dabei anhand gesicherter wissenschaftlicher Kriterien untersucht, auf die hier aus verständlichen Gründen nicht weiter eingegangen wird.
Zu beachten ist, dass das Gericht einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigen zur Überprüfung einer Aussage weiterhin mit der Begründung ablehnen darf, selbst kompetent genug für die Beweiswürdigung zu sein.
Eine Pflicht zur Einholung eines solchen Gutachtens besteht jedoch beispielsweise in folgenden Fällen:
- Gefahr suggestiver Beeinflussung des Zeugen
- Massenbeschuldigungen
- anderweitige Falschbelastungen durch den Zeugen sind bekannt
- Widersprüche in Aussagen, die auf Aussageentstehung zurück zu führen sein können (kurioseSachverhalte werden berichtet, aber nur karge Tatschilderung)
- sehr lange zurück liegende Taten, lange zurück liegend und zunächst Verneinung jeglicherKontakte zu dem Beschuldigten
Bei „Aussage-gegen-Aussage-Situation“ und kindlichen Zeugen wird in der Regel ein aussagepsychologisches Gutachten einzuholen sein.
Sollte ein aussagepsychologisches Gutachten nicht zu Ihren Gunsten ausfallen, ist noch längst nicht alles verloren.
Es ist möglich, Fehler im Gutachten selbst zu suchen, insbesondere in der Methodik und dem jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft. Sollten entsprechende Fehler vorliegen, werden Sie diese auch mit einem fachspezifisch belesenen Strafverteidiger an Ihrer Seite finden. Dieser kann dann gegebenenfalls durch Beibringung eines Gegengutachtens eines weiteren Sachverständigten den Sachverstand des anderen widerlegen. Ausgiebige und aktuelle Kenntnisse auf dem Gebiet der aussagepsychologischen Methodik sind somit unumgänglich für jeden Strafverteidiger im Sexualstrafrecht.
Um das bestmöglichste Ergebnis für unseren Mandanten zu erzielen, untersucht Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern die Aussage des (vermeintlichen) Opfers ausführlich unter aussagepsychologischen Gesichtspunkten mit dem Ziel, die Glaubwürdigkeit des vorgeblichen Opfers zu entkräften und Ihre Unschuld zu beweisen.
Verteidiger im Sexualstrafverfahren
Kontaktieren Sie uns zeitnah, wenn Sie eine polizeiliche Vorladung oder gar eine Anklage der Staatsanwaltschaft wegen einer Sexualstraftat erhalten haben. Kein anderes Rechtsgebiet ist von so viel subjektiven Interpretationen abhängig. Dies betrifft nicht nur die Frage des tatsächlichen Geschehensablaufs, sondern auch die rechtliche Einordnung der vorgeworfenen Handlungen.
Wir raten Ihnen dringend davon ab, ohne anwaltlichen Beistand vor der Polizei oder dem Gericht auszusagen. Alles, was Sie ohne Anwalt gegenüber der Polizei, Staatsanwaltschaft oder dem Gericht sagen, kann und wird gegen Sie vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Zögern Sie also nicht und nehmen Sie Kontakt zu Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern auf.