Stalking/Nachstellen

Stalking besitzt eine erhebliche kriminalpolitische Bedeutung, so wurden beispielsweise im Jahr 2023 23.156 derartige Fälle in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst.

Im Strafgesetzbuch ist Stalking in § 238 StGB unter der Überschrift Nachstellung geregelt.

Voraussetzungen des Nachstellens/Stalkings nach § 238 Abs. 1 StGB

1. Objektiver Tatbestand

a. Tathandlung: Unbefugtes und wiederholtes Nachstellen

Tatbestandsmäßig ist unbefugtes und wiederholtes Nachstellen, das durch eine der in § 238 Abs. 1 Nr. 1- 8 StGB aufgelisteten Handlungen erfolgen kann.

Vom Nachstellen erfasst sind sämtliche Handlungen, die darauf ausgerichtet sind, durch unmittelbare oder mittelbare Annäherung an das Opfer in dessen persönlichen Lebensbereich einzugreifen und dadurch seine Handlungs- und Entschließungsfreiheit zu beeinträchtigen (BT-Drucks. 16/575, S. 7; BeckOKStGB/Valerius, § 238 Rn. 4.).

Unbefugt handelt, wer sein Verhalten nicht auf eine gesetzliche oder auf eine privatautonome Befugnisnorm bzw. auf ein Einverständnis des Opfers stützen kann (Wessels/Hettinger/Engländer, BT I Rn. 343.).

Nicht tatbestandsmäßig ist deshalb das Senden unzähliger Liebesbotschaften und Aufmerksamkeiten an noch unschlüssige Angebetete (BeckOKStGB/Valerius, § 238 Rn. 14).

Eine wiederholte Begehung setzt mindestens zweifaches Nachstellen voraus (BeckOKStGB/Valerius, § 238 Rn. 13). Dafür muss jedoch nicht zwei Mal die gleiche Handlungsvariante verwirklicht werden.

Tathandlungen nach § 238 Abs. 1 Nr. 1 – 8 StGB

Nr. 1 Aufsuchen der räumlichen Nähe

Erforderlich ist die physische Annäherungen an das Opfer. Dies ist beispielsweise beim Auflauern, Verfolgen, Vor-dem-Haus-Stehen und der häufigen Präsenz in der Nähe der Wohnung oder des Arbeitsplatzes des Opfers gegeben. Nicht tatbestandsmäßig sind hingegen Zufallsbegegnungen.

Nr. 2 Versuch des Kontaktherstellens unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte

Die Kontaktaufnahme kann mittels Briefen und schriftlicher Botschaften über verschiedene Telekommunikationsmittel wie E-Mails, SMS, Botschaften auf DVD, Facebook, Instagram, X oder durch mittelbare Kontaktaufnahme über Dritte erfolgen. Tatbestandsmäßig ist bereits der Versuch der Kontaktaufnahme.

Nr. 3 Missbräuchliche Verwendung von personenbezogenen Daten zur

a) Aufgabe von Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für das Opfer

Die Aufgabe einer Warenbestellung kann beispielsweise das Abonnieren einer Zeitschrift sein; eine taugliche Dienstleistung ist das Herbeirufen des Notdienstes.

b) Veranlassung Dritter, Kontakt mit dem Opfer aufzunehmen,

Die Handlungsvariante ist beispielsweise beim Angebot sexueller Dienstleistungen unter Angabe der Telefonnummer des Opfers erfüllt. Es genügt hierbei, wenn ein Dritter Kontakt mit dem Opfer zu begründen versucht, zu einem tatsächlichen Kontakt muss es nicht kommen.

Nr. 4 Drohung mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit des Opfers selbst, eines seiner Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person

Nr. 5 Begehen einer Tat nach § 202a, § 202b oder § 202c zulasten des Opfers, eines seiner Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person

Die fünfte Handlungsvariante ist erfüllt, wenn der Beschuldigte sich unbefugten Zugang zu E-Mails oder Social-Mediakonten oder zu auf einem PC oder Smartphone gespeicherten Daten des Opfers verschafft, etwa durch das Erraten von Passwörtern, Hacking oder durch den Einsatz von Stalkingware.

Nr. 6 Verbreiten oder der Öffentlichkeit Zugänglichmachen einer Abbildung des Opfers, eines seiner Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person

Nr. 7 Verbreiten oder der Öffentlichkeit Zugänglichmachen eines Inhalts (§ 11 Absatz 3), der geeignet ist, das Opfer verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, unter Vortäuschung der Urheberschaft des Opfers

Tatbestandsmäßig ist zum Beispiel die Kommunikation über ein unter dem Namen des Opfers angelegtem Social-Media-Konto mit Dritten in sexualisierter Sprache; das Veröffentlichen angeblicher Fantasien oder das Ankündigen krimineller Vorhaben unter dem Namen des Opfers.

Nr. 8 Vornahme einer mit den Nummern 1 bis 7 vergleichbaren Handlung

Die Handlungsvariante ist erfüllt, wenn das Opfer im persönlichen und beruflichen Umfeld durch nicht in den Nr. 1-7 aufgelistete Verhaltensweisen diskreditiert wird, zum Beispiel durch die Veröffentlichung von persönlichen Daten des Opfers im Internet oder der dauerhaften anonymen Zusendung von Geschenken.

b. Potenzielle Eignung der Handlung, die Lebensgestaltung des Opfers nicht unerheblich zu beeinträchtigen

Eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Lebensumstände liegt vor, wenn das Verhalten des Täters erhebliche negative Veränderungen für das Opfer mit sich bringt. Alltägliche Streitigkeiten oder Konflikte in Folge einer scheiternden Beziehung erfüllen den Tatbestand der Nachstellung deshalb nicht. Hingegen sind einzelne bedrohliche Anrufe aufgrund derer das Opfer seine Telefonnummer wechselt tatbestandsmäßig. Aber auch eine länger andauernde Vielzahl unerwünschter Anrufe oder negative berufliche Auswirkungen, wie häufige Fehlzeiten aufgrund der Nachstellungshandlungen oder die Beeinträchtigung der Reputation bei Vorgesetzten oder Kollegen durch das Streuen von Gerüchten, erfüllen den Tatbestand des § 238 Abs. 1 StGB.

2. Subjektiver Tatbestand

Erforderlich ist das Handeln mit Eventualvorsatzes im Sinne eines Für-möglich-haltens und zumindest Billigend-in-Kauf-nehmens der Merkmale des objektiven Tatbestandes.

Strafrahmen des Nachstellens/Stalkings

1.Einfache Nachstellung

Nachstellung oder Stalking wird gemäß § 238 Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

2. Besonders schwerer Fall

Bei Vorliegen eines besonders schweren Falls wird eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren verhängt, vgl. § 238 Abs. 2 StGB .

Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

Nr. 1 durch die Tat eine Gesundheitsschädigung des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person verursacht,

Erfasst sind sowohl physische als auch psychische Gesundheitsschädigungen.

Nr. 2 das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahestehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt,

Eine schwere Gesundheitsschädigung liegt vor, wenn das Opfer in eine ernste langwierige Krankheit verfällt oder seine Arbeitskraft erheblich beeinträchtigt wird.

Nr. 3 dem Opfer durch eine Vielzahl von Tathandlungen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nachstellt,                                                                                                       

Nr. 4 bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 ein Computerprogramm einsetzt, dessen Zweck das digitale Ausspähen anderer Personen ist,

Nr. 5 eine durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangte Abbildung bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 6 verwendet,

Nr. 6 einen durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangten Inhalt (§ 11 Absatz 3) bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 7 verwendet oder

Nr.7 über einundzwanzig Jahre ist und das Opfer unter sechzehn Jahre ist.

3. Erfolgsqualifikation

Wird durch die Tat der Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderem dem Opfer nahestehenden Person verursacht, wird eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren verhängt.

Verhaltenstipps

Wenn Sie nun eine Vorladung, eine Anklage oder einen Strafbefehl erhalten haben, sollten Sie nicht lange zögern und einen Fachanwalt für Strafrecht kontaktieren.

In einem ersten kostenlosen Beratungsgespräch kläre ich mit Ihnen das weitere Vorgehen.

Die Kontaktaufnahme mit einem Anwalt sollte möglichst frühzeitig erfolgen. Auf diese Weise kann, möglicherweise noch vor Beginn der Hauptverhandlung, eine Verfahrenseinstellung erreicht und eine Eintragung ins Führungszeugnis sowie Bundeszentralregister verhindert werden. Auch während der Hauptverhandlung bleibt eine Verfahrenseinstellung weiterhin möglich. Das genaue Vorgehen hängt von den Umständen jedes Falles ab.

Außerstrafrechtliche Unterstützung

Auch außerstrafrechtlich unterstützen wir unsere Mandanten, indem wir sie an Psychotherapeuten, insbesondere Verhaltenstherapeuten, weitervermitteln.

Wenn Sie mit dem Vorwurf des Nachstellens konfrontiert werden, kontaktieren Sie uns gerne. Wir stehen Ihnen zur Seite.