Fahrerflucht

Das umgangssprachlich als Fahrerflucht oder Unfallflucht bezeichnete Verhalten nennt der Gesetzgeber „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ und stellt es in § 142 StGB unter Strafe. Die Fahrerflucht kann existenzbedrohend sein, da im Falle einer Verurteilung regelmäßig die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung angeordnet wird.

Nach § 142 Abs. 1 StGB macht sich derjenige strafbar, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

  1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
  2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen (…).

Gemäß § 142 Abs. 2 StGB macht sich zudem derjenige strafbar, der sich

  1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
  2. berechtigt oder entschuldigt

vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

Unfall im Straßenverkehr

Ein Unfall im öffentlichen Straßenverkehr liegt regelmäßig dann vor, wenn Sie mit Ihrem Fahrzeug mit einem anderen Fahrzeug oder einem anderen Gegenstand zusammenstoßen und der dabei verursachte Sachschaden bzw. Personenschaden nicht ganz unerheblich ist.

Der öffentlicher Straßenverkehr umfasst alle Straßen, Wege und Plätze, wie Tankstellen und Supermarktplätze, die von der Allgemeinheit, das heißt von einem unbestimmten Personenkreis, tatsächlich benutzt werden. Betriebsgelände, zu denen nur Betriebsangehörige und andere individuell zugelassene Personen Zutritt haben, oder auch Parkhäuser außerhalb der Betriebszeiten gehören beispielsweise nicht zum öffentlichen Straßenverkehr im Sinne des § 142 StGB.

Nicht ganz unerheblicher Schaden?

Bei Sachschäden schwankt die Bagatellgrenze zwischen 25 € und 50 €.

Bei Personenschäden ist die Erheblichkeitsschwelle dann überschritten, sobald eine Körperverletzung im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB vorliegt. Eine Körperverletzung ist zu bejahen, wenn eine körperliche Misshandlung (also eine mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens oder der körperlichen Unversehrtheit) bzw. eine Gesundheitsschädigung eingetreten ist. Geringfügige Hautabschürfungen und schnell vergehende Schmerzen liegen damit in der Regel noch unterhalb der Erheblichkeitsschwelle.

Wann bin ich Unfallbeteiligter?

Gemäß § 142 Abs. 5 StGB ist Unfallbeteiligter jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Unfallsverursachung beigetragen haben kann.

Neben dem Fahrzeugführer kann sich also auch der Beifahrer nach § 142 StGB strafbar machen, wenn er zum Unfallzeitpunkt anwesend war und durch sein Verhalten, beispielsweise durch einen Griff ins Lenkrad oder das Ziehen der Handbremse, zur Verursachung des Unfalls beigetragen hat.

Wie lange muss ich am Unfallort warten, wenn keine Personen anwesend sind?

Die Rechtsprechung ist hier nicht großzügig.

Wie lange gewartet werden muss, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Dabei müssen Faktoren wie beispielsweise der Unfallort, der Zeitpunkt des Unfalls und die Höhe des Schadens berücksichtigt werden.

Die Wartezeit liegt nie unter 15 min und kann auch einmal eine Stunde betragen. Eine Faustformel: Je höher der durch den Unfall entstandene Schaden ist und je wahrscheinlicher, dass man nicht allein bleibt, desto länger muss man warten. Wer nichts falsch machen will, muss die Polizei rufen, die den Verkehrsunfall aufnimmt.

Reicht es aus, einen Zettel am Unfallort zu hinterlassen?

Grundsätzlich reicht nach der Rechtsprechung das Hinterlassen eines Zettels an der Unfallstelle, beispielsweise durch das Anheften eines Zettels mit seinen Personalien oder einer Visitenkarte hinter dem Scheibenwischer, nicht aus, um der Wartepflicht zu entgehen. Eine Ausnahme kann bestehen, wenn eine persönliche Beziehung zwischen den Beteiligten existiert.

Was ist, wenn ich den Unfall nicht bemerkt habe?

Das Vergehen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 StGB kann nur vorsätzlich begangen werden. Dem Täter muss also bewusst gewesen sein, dass er Beteiligter eines Unfalls war und sich zudem wissentlich sowie gewollt vom Unfallort entfernt haben.

Auch wenn Sie den Unfall aufgrund unterschiedlichster Umstände nicht mitbekommen haben sollten, können die Staatsanwaltschaft und das Gericht beispielsweise einen Gutachter beauftragen, der Feststellungen dazu treffen soll, ob es realistisch ist, dass Sie als Unfallbeteiligter nichts bemerkt haben wollen. Die Verteidigung gegen solche Gutachten muss ausführlich vorbereitet werden.

Welche Strafe droht im Falle einer Verurteilung?

Nach § 142 Abs. 1 StGB wird das unerlaubte Entfernen vom Unfallort mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Zudem stellt die Fahrer- bzw. Unfallflucht einen Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB dar. Im Falle einer Verurteilung entzieht das Gericht daher regelmäßig die Fahrerlaubnis und zieht den Führerschein ein. Gleichzeitig wird die Fahrerlaubnisbehörde angewiesen vor Ablauf einer vom Strafrichter verhängten Sperrfrist keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Weiterhin müssen Sie mit drei Punkten im Fahreignungsregister in Flensburg rechnen.

Verhaltenstipps

Wenn Sie mit dem Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort konfrontiert werden, ist es wichtig, dass weder Sie noch der Fahrzeughalter Angaben gegenüber der Polizei machen. Insbesondere sind Sie nicht verpflichtet anzugeben, wer das Fahrzeug geführt hat. Ist der Fahrzeughalter mit Ihnen verwandt, so hat auch er ein Zeugnisverweigerungsrecht, das er zu Gunsten des Beschuldigten ausüben sollte. Bevor eine Einlassung abgegeben wird, sollte zunächst die Akte eingesehen werden. Diese lässt sich zum Beispiel entnehmen, ob Zeugen den Fahrzeugführer beschreiben oder gar wiedererkennen konnten, und ob es sinnvoll ist, sich darauf zu berufen, man habe den Unfall nicht mitbekommen.

Spätestens im Falle einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis sollte ein Rechtsanwalt mit der Verteidigung beauftragt werden, da dieser auf eine Verfahrensbeschleunigung hinwirken kann.

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