Mit Beschluss vom 2. Mai 2023 entschied der dritte Senat des BGH, dass ein Täter, der die Verwirklichung mehrerer der in § 226 Abs. 1 StGB bezeichneten Tatfolgen beabsichtigt, davon jedoch nur eine erreicht, bloß wegen beabsichtigter schwerer Körperverletzung zu bestrafen sei. Eine zusätzliche tateinheitliche Bestrafung wegen versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung hinsichtlich anderer Tatfolgen sei nicht gegeben.
Im vom BGH zu entscheidenden Fall wurde ein Angeklagter vom Landgericht Wuppertal wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, gemeinsam mit einem Mittäter, unter Zusage einer Entlohnung, einen Anschlag auf eine Person zu verübt zu haben. Der Angeklagte und sein Nebentäter hätten das Opfer rücklinks zu Boden gebracht und ihm hochkonzentrierte Schwefelsäure ins Gesicht geschüttet. Das Opfer erlitt dadurch schwerste Verletzungen im Gesicht und vor allem im Bereich der Augen, weshalb es vielfach operiert werden musste, sowie dauerhafte und erhebliche Entstellungen erlitt. Jedoch konnte das Sehvermögen auf beiden Augen gerettet werden.
Mit dem Beschluss beanstandete der dritte Senat die Entscheidung des Landgerichts, welches den Angeklagten neben vollendeter absichtlicher schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung auch in Tateinheit mit versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung verurteilte.
Dazu führte der BGH aus, dass mit den in § 226 Abs. 1 StGB bezeichneten Tatfolgen keine eigenständigen Straftatbestände bezeichnet würden, sondern allein Varianten der Erfolgsqualifikation der schweren Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 StGB.
Ausreichend für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes sei demnach, dass der Täter – auch wenn er die Verursachung mehrerer Merkmale von § 226 Abs. 1 StGB beabsichtige – eine der beabsichtigten Tatfolgen verursacht. Damit sei bereits der Qualifikationstatbestand des § 226 Abs. 2 Alt. 1 StGB insgesamt erfüllt. Eine Strafbarkeit aufgrund der versuchten Verwirklichung des § 226 Abs. 2 Alt. 1 StGB ist daneben nicht gegeben.
BGH Beschl., v. 2. Mai 2023 – 3 StR 65/23