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Fingierte Windparkbeteiligungen: Durchsuchungen und Festnahmen in Niedersachsen

Die Abteilung für organisierte Kriminalität der Staatsanwaltschaft Osnabrück hat in Zusammenarbeit mit der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück und anderen Polizeidienststellen in mehreren zusammenhängenden Ermittlungsverfahren zeitgleich zahlreiche Durchsuchungsbeschlüsse in insgesamt fünf Bundesländern (Berlin, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt) vollstrecken lassen. Dabei wurden vier Personen festgenommen. Die Festnahmen erfolgten im Oldenburger Münsterland, in, Wallenhorst und Zirndorf. Den insgesamt sieben Beschuldigten im Alter von 26 bis 63 Jahren wird insbesondere die Verabredung zu banden- und gewerbsmäßigen Betrugstaten mit einem drohenden Schaden im mehrstelligen Millionenbereich sowie Urkundenfälschung in einer Vielzahl von Fällen zur vorgeworfen.

Wie hoch der tatsächliche Schaden ist, muss noch ermittelt werden. werden die Ermittlungen der nächsten Tage und Wochen zeigen. Gegen die Festgenommenen wird Untersuchungshaft vollstreckt, ein Beschuldigter soll flüchtig sein. Nach ihm wird gefahndet. Bei den Durchsuchungen waren potentielles Beweismaterial und Wertgegenstände beschlagnahmt worden.

Die Beschuldigten, die überwiegend einer aus dem mittleren Emsland stammenden Unternehmerfamilie und deren Umfeld angehören, entwickeln Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien (Windparks), um diese sodann an institutionelle Investoren europaweit zu veräußern. Sie sind dringend tatverdächtig, sich dazu verabredet zu haben, zukünftige Investoren insbesondere mittels des massiven Einsatzes gefälschter Urkunden über die Realisierungsfähigkeit der von ihnen konzeptionierten Projekte zu täuschen, um die Vorhaben sodann zu weit überhöhten Preisen zu verkaufen. Zwei der Beschuldigten sind darüber hinaus der Anstiftung zur Bestechung dringend verdächtig. Sie sollen versucht haben, einen ausländischen Diplomatenausweis zu erlangen, um fortan diplomatische Immunität zu genießen. Es besteht der Verdacht, dass sie zu diesem Zwecke einen Dritten anstifteten, einem ausländischen Amtsträger Geldzahlungen zu gewähren.

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Verhandlungstermin im Kudamm-Raser-Fall festgelegt

Der BGH wird in Sachen 4 StR 482/19 („Berliner Kudamm-Raser-Fall“ am 23. April 2020 eine mündliche Verhandlung durchführen. Wer dabei sein will, sollte sich beeilen. Für Medienvertreter stehen aufgrund der Corona-Epidemie nämlich lediglich 6 Sitzplätze zur Verfügung, davon sind bereit 3 für Mitglieder der Justizpressekonferenz reserviert. Immerhin wird die Verhandlung in den Medienarbeitsraum im Foyer der Bibliothek gestreamt. Dort stehen immerhin 15 Arbeitsplätze zur Verfügung.

„Interessierte Bürger“ dürfen als Öffentlichkeit natürlich auch an der Verhandlung teilnehmen, allerdings hat der BGH hier nicht geschrieben, wie viele Plätze zur Verfügung stehen.

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Rechtsanwalt Stern engagiert sich bei Spiegel-Lesezeichen

Heute bringt der Spiegel-Verlag ein neues Magazin auf den Markt, das zweimal im Jahr alle Reportagen, Porträts, Interviews und Analysen aus dem SPIEGEL-Kosmos zusammenträgt, die über die Tagesaktualität hinausgehend zeitlos informieren, unterhalten und zum Nachdenken anregen.

Die Texte wurden von 3.000 Lesern vorausgewählt. Die endgültige Auswahl nahmen schließlich 6 Kuratoren in Hamburg vor, zu denen auch Rechtsanwalt Stern gehörte. Wir dürfen auch verraten, dass sich unter den Kuratoren – durch Zufall – noch zwei weitere Juristen befanden.

Rechtsanwalt Stern hat sich unter anderem dafür eingesetzt, dass der Text „Wenn die Erinnerung trügt“ über die Unzuverlässigkeit des menschlichen Gedächtnisses und falsche Erinnerungen an Missbrauch und andere Verbrechen (und deren fatale Folgen vor Gericht) ins Heft gekommen ist.

Weitere Infos: Spiegel Online

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Verhandlungsbeginn in Celler Terrorverfahren

Der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat mit Beschluss vom 16. Januar 2020 die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen einen 33jährigen Syrer zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet (4 StS 1/19).

Dem Angeklagten wird u.a. vorgeworfen, sich in Syrien als Mitglied an einer ausländischen terroristischen Vereinigung („Liwa Al-Izza Lil-lah“) beteiligt zu haben (§§ 129a, 129b StGB). Bei dieser Vereinigung soll es sich um eine militant-islamistische Gruppierung mit dschihadistischen Tendenzen handeln, deren Zwecke und Tätigkeit auf die Begehung von Mord, Totschlag sowie Straftaten gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz gerichtet gewesen sei. Ziel der Vereinigung, die u.a. mit der „Jabhat al-Nusra“ kooperiert habe, sei die Errichtung eines islamischen Staates.

Der Angeklagte soll im Februar 2013 mit einem Schnellfeuergewehr bewaffnet an Kampfhandlungen teilgenommen und gemeinsam mit anderen Kämpfern der „Liwa Al-Izza Lil-lah“ die Residenz des syrischen Luftwaffengeheimdienstes in Tabka erobert sowie nach der Eroberung zwischen August 2013 und Anfang 2014 bewaffnete Patrouillendienste geleistet haben.

Für die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor. Seit dem 15. Juli 2019 befindet sich der Angeklagte in dieser Sache in Untersuchungshaft.

Die Hauptverhandlung beginnt am 20. Februar 2020.

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BGH bestätigt Urteil de Landgerichts Berlin im Fall der Tötung des Sängers der Band „Squeezer“ – Revisionen der Angeklagten, der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger verworfen.

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 22. Januar 2020 – 5 StR 407/19 die beiden Angeklagten wegen Totschlags in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit besonders schwerem sexuellen Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person zu Freiheitsstrafen von dreizehn und vierzehn Jahren verurteilt. 

Nach den Urteilsfeststellungen töteten die stark alkoholisierten und daher in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkten Angeklagten den als Sänger der Band „Squeezer“ (Blue Jeans) bekannten Musiker und Moderator Jim R. im Januar 2016 in einem Berliner Hostel mit brutalen Schlägen und Tritten. Tatmotiv waren Wut und Empörung der Angeklagten darüber, dass ihnen ihr Zimmergenosse sexuelle Avancen gemacht hatte. 

Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen der Angeklagten, der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerinnen verworfen, weil die Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler ergeben hat. Dies gilt insbesondere für die Bewertung der Tat als besonders schweren Fall des Totschlags (§ 212 Abs. 2 StGB), für den das Gesetz die gleiche Strafe wie für Mord vorsieht, nämlich die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe vorsieht. Das Landgericht hat insofern zulasten der Angeklagten rechtsfehlerfrei vor allem auf die brutale und erniedrigende Penetration des bewusstlosen Opfers abgestellt. Die Verneinung des Mordes durch das Landgericht unter dem Aspekt der niedrigen Beweggründe (§ 211 StGB) hat der 5. Strafsenat rechtlich ebenfalls nicht beanstandet. Insbesondere hat das Landgericht bedacht, dass ein allein an die sexuelle Orientierung des Opfers anknüpfendes Motiv als niedrig und die Tat damit als Mord zu bewerten sein kann. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts war dies aber nicht das Hauptmotiv. 

Quelle: PM des BGH vom 22.01.2020

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Voll ausgelastete Untersuchungsgefängnisse

Die Berliner Zeitung schreibt in einem Artikel über „neue Herausforderungen hinter Gittern“ (18. November 2019, S. 9) und meint damit vor allem den Anstieg der Zahl der Inhaftierten mit nichtdeutscher Staatsbürgerschaft. Vor fünf Jahren wären 44,8 % der Inhaftierten in der JVA Moabit Deutsche gewesen. Jetzt seien es nur noch 30,5 %.

Tatsächlich ist dies ein interessante Phänomen. Ob es an der raschen Annahme der Fluchtgefahr bei Hauptwohnsitzen im Ausland liegt? Die kriminalistische Forschung ist jedenfalls voller Ideen, warum besonders viele Ausländer in Haft sitzen.

Irritierend ist jedoch, was die Berliner Zeitung unter einem ausgelasteten Untersuchungsgefängnis versteht:

Die JVA Moabit ist in erster Linie eine Untersuchungshaftanstalt. Wenn irgendwo ein Beschuldigter festgenommen wird und der Ermittlungsrichter einen Haftbefehl erlässt/aufrechterhält und keinen Raum für eine Haftverschonung sieht, kommt der männliche Beschuldigte in Untersuchungshaft nach Moabit. Es lässt sich aber schwer vorhersagen, wann sich der nächste Beschuldigte bei einer schweren Straftat erwischen lässt. Ein voll ausgelastetes Untersuchungsgefängnis dürfte daher bereits vorliegen, wenn noch 10 % der Betten frei sind. Ansonsten wird aus der „nicht vollen Auslastung“ in Windeseile eine „übervolle Auslastung“.

Konstantin Stern, Rechtsanwalt für Strafrecht

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Promillegrenzen bei E-Scootern (Elektrotretrollern)

In unserer Kanzlei häufen sich die Fälle, in denen Mandanten auf Elektrotretrollern (sog. E-Scooter) von der Polizei angehalten werden. Nach einer Atemalkoholmessung stellt sich regelmäßig heraus, dass die Mandanten betrunken gefahren sind. Häufig hat man dies den Fahrern jedoch nicht angemerkt, es gab also keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen wie Schlägellinienfahren oder ähnliches.

In diesen Fällen macht man sich nach § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr) nur strafbar, wenn aufgrund des Wertes der Blutalkoholkonzentration unwiderleglich feststeht, dass der Fahrer nicht mehr in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen.

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

Bei Kraftfahrzeugen wie Pkw, Lkw oder Motorrädern liegt dieser Wert nach ständiger Rechtsprechung bei 1,1 Promille, bei Radfahrern bei 1,6 Promille. Liegt der Wert des E-Scooter-Fahrers – wie so häufig – dazwischen kommt es darauf an, ob E-Scooterfahrer wie Pkw-Fahrer oder wie Radfahrer zu behandeln sind.

Da sich aufgrund der Neuheit des Phänomens noch keine Rechtsprechung etabliert hat, ist hier Raum für Argumente:

Für eine Behandlung der E-Scooter als Kraftfahrzeug spricht, dass nach § 1 Abs. 2 S. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) Kraftfahrzeuge solche Landfahrzeuge sind, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein. Der E-Scooter wird – anders als Fahrräder – ebenfalls ausschließlich durch Maschinenkraft bewegt und wäre demnach dem Auto gleichzustellen.

Allerdings haben die Gerichte nicht immer nur auf das Kriterium „Maschinenkraftantrieb“ abgestellt. Das LG Oldenburg hat etwa bereits 1989 (NS 319 s 4188/89) entschieden, dass Leichtmofas wie Fahrräder behandelt werden sollten, weil sie maximal 20 Km/h fahren und ohne Helm geführt werden dürfen. Der BGH (4 StR 262/81) hat – für normale Mofas – neben der Antriebsart ebenfalls auf die Gesamtleistungsfähigkeit und die Gefahr für den Straßenverkehr abgestellt.

Auch für E-Bikes, die wesentlich durch Elektromotorunterstützung angetrieben werden, gilt bei einer Unterstützung bis 20 Km/h der Promillewert für Fahrräder.

Daher konnten wir stets – und bislang erfolgreich – vertreten, dass für E-Scooter-Fahrer die Promillegrenzen der Fahrradfahrer gelten.

Konstantin Stern, Rechtsanwalt in Berlin

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Staatsanwaltschaft Göttingen nimmt mutmaßlichen Online-Erpresser aus Krefeld in Haft – trotz Schadens von nur 4.000 €

Dem Mann wird zur Last gelegt, auf einer sozialen Internetplattform eine 43-jährige Frau aus dem Raum Salzgitter mit kompromittierenden Bildern erpresst zu haben. Durch Vorspiegelung ernsthaften Interesses an der Bildung einer gemeinsamen Liebesbeziehung und Täuschung über die eigene Identität brachte er die Geschädigte dazu, ihm sehr persönliche, teilweise auch intime Bilder zu übersenden. Im späteren Verlauf drängte er die Geschädigte immer intensiver, ihm mit Geld auszuhelfen. Nachdem die Betroffene hierauf nicht eingegangen war, drohte er, ihren Angehörigen und Bekannten die kompromittierenden Bilder zukommen zu lassen. Aus Angst und Scham übermittelte die Geschädigte ihm einen Betrag von 4.000,00 €. Als der Beschuldigte sie sodann sofort zu einer weiteren Zahlung aufforderte, wendete sie sich an die Polizei. Es sei dann wohl recht einfach gewesen, die Identität des Mannes zu ermitteln.

Bemerkenswert ist allerdings, dass das Amtsgericht Göttingen einen Haftbefehl erlassenen hat und dieser auch vollstreckt wird, der Mann also in Haft musste. Das Amtsgericht soll die Untersuchungshaft mit einer bestehenden Fluchtgefahr begründet haben.

Die Strafandrohung liegt für eine Erpressung jedoch nur bei Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren, also genau wie beim einfachen Diebstahl. Der Mann wäre aber wohl kaum in Haft gekommen, wenn er der Frau eine Brieftasche mit 4.000 € gestohlen hätte. Aber auch ohne Vergleich mit dem Diebstahlstatbestand: Der Schaden ist verhältnismäßig gering, zumal das Geld mit einiger Wahrscheinlichkeit wird zurückgebucht werden können. Wie soll da eine fluchtanreizbietende Freiheitsstrafe rauskommen?

Rechtsanwalt Stern, Strafverteidiger

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Urteil gegen 42jährigen Syrer wegen Unterstützung der Jabat al-Nusra rechtskräftig

Das Oberlandesgericht Celle – 5. Strafsenat, Staatsschutzsenat (Az. 5 StS – 1/18) – hatte im Dezember 2018 einen 42jährigen Syrer wegen Unterstützung der „Jabat al-Nusra“ als einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt und wegen weiterer Anklagepunkte freigesprochen. Die dagegen vom Angeklagten zum Bundesgerichtshof erhobene Revision blieb – von einer Änderung des Schuldspruchs abgesehen – ohne Erfolg: Der Bundesgerichtshof verwarf am 16. Oktober 2019 (Az. 3 StR 262/19) die Revision des Angeklagte.

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