Einbruch Keller Verteidigung

Vorwurf des versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls in Köln – Verfahrenseinstellung gegen die Zahlung einer Geldauflage von 600,00 €

Unserem Mandanten wurde mit Anklageschrift des Amtsgerichts Köln vorgeworfen, sich durch die unverschlossene Haustür eines Mehrfamilienhauses Zutritt zum dortigen Treppenhaus verschafft zu haben. Anschließend habe er im Untergeschoss versucht, sowohl eine Zugangstür zur Tiefgarage des Hauses als auch eine Kellertür mittels eines Hebelwerkzeugs aufzubrechen, um die Räumlichkeiten sodann nach stehlenswerten Sachen zu durchsuchen, die er fortan für eigene Zwecke habe verwenden wollen.

Als er dabei von einem Zeugen angetroffen worden sei, habe unser Mandant die Flucht ergriffen und sich zügig von der Örtlichkeit entfernt, um sich sodann in einem nahegelegenen Parkhaus zu verstecken.

Bei der Tat habe unser Mandant sowohl ein Taschenmesser als auch ein sogenanntes Multitool bei sich geführt, welche einer etwaigen Verteidigung gegenüber Dritten bzw. als Hebel- und Einbruchswerkzeug gedient haben sollen. Durch das Hebeln an den Türen seien sowohl an der Zugangstür zur Tiefgarage als auch an derjenigen zu den Kellerräumen Material- und Lackschäden entstanden.

Hierdurch soll sich unser Mandant wegen versuchten Einbruchsdiebstahls mit Waffen gemäß §§ 242 Abs. 1, 2, 244 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB und Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB in Tateinheit gemäß § 52 StGB strafbar gemacht haben.

Nach Mandatierung nahm Strafverteidiger Rechtsanwalt Akteneinsicht. Beim Durcharbeiten der Ermittlungsakte stellte er fest, dass das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung problematisch war.

Zu dieser Frage nahm Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern deshalb schriftlich Stellung.

Grundsätzlich gilt dabei folgendes: Ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung besteht in einem Verhalten des Täters, das nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang ohne weitere Zwischenakte zur vollständigen Tatbestandsverwirklichung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in die Tatbestandsverwirklichung einmündet (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2020 – 4 StR 397/19 m.w.N.).

Bei Diebstahlsdelikten kommt es darauf an, ob aus Tätersicht bereits die konkrete Gefahr eines ungehinderten Zugriffs auf das in Aussicht genommene Stehlgut besteht. Hierfür ist entscheidend, ob der Gewahrsam an diesem Gut durch Schutzmechanismen gesichert ist. Ist das der Fall, reicht für den Versuchsbeginn der erste Angriff auf einen solchen Schutzmechanismus regelmäßig aus, wenn sich der Täter bei dessen Überwindung nach dem Tatplan ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute vorstellt.

Sollen hingegen mehrere gewahrsamssichernde Schutzmechanismen hintereinander überwunden werden, ist schon beim Angriff auf den ersten davon in der Regel von einem unmittelbaren Ansetzen zur Wegnahme auszugehen, wenn die Überwindung aller Schutzmechanismen im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit paraten Mitteln erfolgen soll.

Demnach liegt ein versuchter Diebstahl noch nicht vor, wenn der Täter in der Nähe des Tatorts eintrifft, aber noch nicht sogleich mit der Benutzung des bereitgelegten Einbruchswerkzeugs beginnen will. Ein unmittelbares Ansetzen zum Diebstahl ist hingegen zu bejahen, wenn der Täter das Einbruchswerkzeug bereits angesetzt hat, um damit einen Schutzmechanismus zu überwinden und anschließend in ein Gebäude zum Stehlen einzudringen.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erschien das unmittelbare Ansetzen im konkreten Fall problematisch.

Als tauglicher Anknüpfungspunkt für ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung kommt der Angriff auf die Zugangstür zur Tiefgarage des Hauses bzw. Kellertür, die jeweils einen gewahrsamssichernden Schutzmechanismus darstellen, in Betracht; nicht hingegen die defekte Hauseingangstür, da diese keinen gewahrsamssichernden Schutzmechanismus darstellt.

Jedoch konnte unserem Mandanten nicht mit der erforderlichen überwiegenden Verurteilungswahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, dass er die Material- und Lackschäden an den beiden Türen unter Zuhilfenahme des von ihm bei sich geführten Taschenmessers bzw. Multitools verursacht hatte, da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich die Schäden auch schon vor dem Aufenthalt unseres Mandanten an der entsprechenden Stelle befunden hatten.

In einer zweiten Stellungnahme argumentierte Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern erneut gegen das Vorliegen des unmittelbaren Ansetzens und führte dabei wie folgt aus:

Für den Versuchsbeginn kommt es allein auf das unmittelbare Ansetzen zur Verwirklichung des Grundtatbestandes des einfachen Diebstahls an (BGH NStZ 2017, 86 mAnm Engländer; Beck-OK/Wittig § 243 Rn. 31). Erforderlich sei deshalb eine kritische Prüfung, ob der Täter im jeweiligen Einzelfall nach seiner Vorstellung von der Tat bereits die Schwelle überschritten hat, die ‒ ohne weitere Zwischenakte ‒ in die vollständige Verwirklichung des Tatbestands münden soll (BGH NStZ 2020, 353 (354) mAnm Kudlich u. mBspr Eisele 2020, 796). Zwischen dem Betreten des Mehrfamilienhauses und der laut Anklage beabsichtigten Wegnahme lagen mehrere Zwischenakte. Insbesondere mussten tatsächlich verschlossene Metalltüren überwunden werden. Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern argumentierte, dass eine solche Überwindung unserem Mandanten jedoch nicht nachgewiesen werden konnte.

Auch sei der Ermittlungsakte nicht hinreichend klar entnehmbar gewesen, dass unser Mandant nach seiner Vorstellung einen Einbruchsdiebstahl und eine Sachbeschädigung begehen wollte. Unser Mandant bestritt dies nämlich bereits gegenüber dem den Sachverhalt aufnehmenden Beamten am Ort des Geschehens und begründete seinen Aufenthalt im Eingang des Kellers damit, dass er dort habe urinieren wollen.

Obwohl unser Mandant schwer und einschlägig vorbestraft war und nicht in Köln wohnte, stellte das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft das Verfahren schließlich gegen die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 600,- € ein. Zur Erleichterung unseres Mandanten konnte eine Hauptverhandlung hierdurch verhindert werden. Unser Mandant gilt bezüglich des versuchten Einbruchs weiterhin als unschuldig.

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