Entziehung der Fahrerlaubnis

Vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs, verbotenes Kraftfahrzeugrennen, Fahren ohne Fahrerlaubnis und vorsätzlicher Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz durch Polizeiflucht mit 100 km/h in einer 30er Zone – Verurteilung zu Teilnahme an einem sozialen Kompetenztraining, keine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, sich einer allgemeinen Verkehrskontrolle entzogen zu haben, indem er ein Anhaltesignal ignoriert und versucht haben soll, der Polizeikontrolle mit erhöhter Geschwindigkeit – über 100 km/h in 30er-Zonen und ca. 70 km/h in verkehrsberuhigten Bereichen – zu entkommen.

Zudem rammte unser Mandant aufgrund seiner überhöhten Geschwindigkeit beinahe ein Fahrzeug und rutschte aufgrund eines nicht erfolgreichen Abbiegemanövers knapp an einer Gruppe von mehreren Menschen vorbei. Zudem verfügte unser Mandant nicht über eine Fahrerlaubnis.

Hierdurch soll sich unser Mandant u. a. wegen einer vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c StGB, eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens nach § 315d StGB und Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 StVG strafbar gemacht haben.

Nach der Beauftragung mit der Verteidigung holte Rechtsanwalt Stern umgehend die Ermittlungsakten von der zuständigen Geschäftsstelle.

Nach umfassendem Durcharbeiten der Akten besprach Rechtsanwalt Stern die Angelegenheit mit unserem Mandanten. Er empfahl ihm, sich mit der Diversionsberatung seines Stadtteils in Verbindung zu setzen und vereinbarte sogleich einen Termin für ihn. Im Rahmen der Diversionsberatung werden nicht nur die mit den Taten einhergehenden möglichen strafrechtlichen Konsequenzen sowie Gefahren für potentiell Geschädigte besprochen, sondern die Jugendlichen und Heranwachsenden können auch gemeinsam mit einem Sozialarbeiter überlegen, welche Möglichkeiten zur Schadenswiedergutmachung in dem konkreten Fall bestehen. Dabei ist vor allem das Ziel, erneuten Straftaten entgegenzuwirken. Die Diversionsberatung vermittelte unseren Mandanten an einen Verkehrserziehungskurs mit 4 Terminen und unterstützte ihn beim Verfassen eines persönlichen Briefs an die Staatsanwaltschaft, in dem er sich zu seiner Person, seiner aktuellen Lebenssituation und seiner Haltung zur Tat äußerte.

Den Vorschlag von Rechtsanwalt Stern, das Verfahren im Hinblick auf diese Maßnahmen einzustellen, schlug die Staatsanwaltschaft zunächst aus, da sie unbedingt die Anordnung einer Sperrfrist für die Ersterteilung der Fahrerlaubnis gemäß § 69, 69a StGB erreichen wollte. Da unser Mandant nie eine Fahrerlaubnis erlangt hatte, konnte sie ihm auch nicht entzogen werden. Immerhin. Die Sperrfrist kann aber zwischen sechs Monaten und fünf Jahren betragen.

In der Hauptverhandlung sprach das Gericht unseren Mandanten zwar schuldig. Allerdings erwartete unseren Mandanten aufgrund unserer Verteidigungsstrategie lediglich die Teilnahme an einem sozialen Kompetenzkurs, insbesondere aber keine Sperrfrist für die Erteilung der Fahrerlaubnis. Somit kann unser Mandant trotz des schweren Eingriffs in den Straßenverkehr die Erteilung der Fahrerlaubnis sofort beantragen.

Unser Mandant war ob dieses Ergebnisses sehr erleichtert.

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Haben Gefängnisse überhaupt eine Zukunft?

Das kommt heraus, wenn man jahrelang eine JVA leitet und dann die Seiten wechselt und nun als Rechtsanwalt tätig ist: Der Kollege Thomas Galli hat in der Zeit einmal zusammengetragen, was ihn am Gefängnis stört. Nichts neues dabei, aber immerhin prägnant:

  • Nur wenige echte Schwerstkriminelle finden den Weg ins Gefängnis, 7 % sitzen sogar nur Ersatzfreiheitsstrafen ab, etwa wegen (wiederholten) Schwarzfahrens
  • Wegen Sexualdelikten Verurteilte machen 6 % der Verurteilten aus, wegen Straftaten gegen das Leben Verurteilte 7 %
  • Die Hälfte entfällt entsprechend auf Eigentums- und Vermögensdelikte
  • Auch die Hälfte der Freiheitsstrafen ist kürzer als ein Jahr.
  • das strikte Regime im Gefängnis hat wenig zu tun mit den Anforderungen an das Leben in Freiheit; Resozialisierung -eigentlich ein Strafzweck – ist da schwierig.
  • Gewalt und Drogen sind weit verbreitet und tragen auch nicht zur Resozialisierung bei, ebenso nicht die spärlichen Besuchszeiten
  • Schul- und Berufsabschlüsse in der Haft zählen „draußen“ fast nichts

Daher verwundert es nicht, dass jeder dritte Inhaftierte irgendwann in die Haft zurückkehren muss.

Galli spricht sich für dezentrale Wohngruppen oder Freiheitseinschränkungen durch Fußfesseln oder die Entziehung der Fahrerlaubnis aus. Strafe sollte in erster Linie das Ableisten gemeinnütziger Arbeit sein.

Zu den Thesen:

https://www.zeit.de/2020/21/gefaengnisse-freiheitsstrafe-gesellschaftlicher-nutzen

Konstantin Stern, Rechtsanwalt Strafrecht

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