Pflichtverteidiger

Meyer-Goßner/Schmitt – 63. Auflage

Informationen in Echtzeit ist bekanntlich unsere Sache nicht. Aber 6 Monate bis zur Besprechung des aktuellen Meyer-Goßner/Schmitt ist vielleicht doch ein bisschen dicke. Wir geloben Besserung.

Der Meyer-Goßner/Schmidt ist (im März 2020) in bereits 63. Auflage erschienen, erneut hauptsächtlich betreut von Bertram Schmitt, Richter am Internationalen Strafgerichtshof und Richter am Bundesgerichtshof, und unter Mitarbeit von Marcus Köhler, Richter am Bundesgerichtshof. Lutz Meyer-Goßner, der den Kommentar über 27 Jahre maßgeblich prägte, steht nur noch auf dem Titel.

Bei einem so kontinuierlich (einmal im Jahr) und seit so langer Zeit erscheinenden Werk darf und sollte man natürlich zwischen den Ausgaben keine Revolutionen erwarten. Im Gegenteil: Die Kunst dürfte darin bestehen, die Auffindbarkeit zu gewährleisten und den Umfang im Griff zu behalten – trotz regelmäßiger Änderungen am Gesetzestext und umfangreicher, immer längerer werdender Judikatur.

Der jährliche Neuerwerb ist jedenfalls in unserem Büro stets eingepreist, da der Gesetzgeber einfach nicht aufhören mag, Jahr für Jahr tiefgreifende Veränderungen an der StPO vorzunehmen.

In der aktuellen Ausgabe beruhen die Änderungen auf dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10. Dezember 2019 (BGBl I 2128) (insb. §§ 140-144 StPO), demGesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom selben Tag (BGBl. I, 2121) mit Änderungen im Beweisantragsrecht und der Einführung eines Vorabentscheidungsverfahrens für den Besetzungseinwand (§§ 222a, 222b StPO) und den Gesetzen zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 vom 20. November 2019 (BGBl. I 1724).

Aus den relevanten, zu kommentierenden Entscheidungen seit Erscheinen der Vorauflage seien die Entscheidung des BGH zum Beschuldigtenstatus und zur Beachtung von Beweisverwertungsverboten im Ermittlungsverfahren (NJW 2019, 2627), die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2 BvR 1763/16 vom 15. Januar 2020 und die des EuGH zur Ausstellung Europäischer Haftbefehle durch die Staatsanwaltschaft (NJW 2019, 2145) hervorgehoben.

Die Neuauflage hält problemlos das Niveau ihrer Vorgänger. Gerade die Neukommentierung der Verteidigerbeiordnung (§§ 140 ff. StPO) ist gut gelungen. Die Kommentierung zur „unverzüglichen“ Pflichtverteidigerbestellung nach § 141 Abs. 1 S. 1 StPO etwa („nicht sofort, aber sobald wie möglich ohne schuldhaftes Zögern, dh ohne sachlich nicht begründete Verzögerung“) ist erfreulich eindeutig und darf sich gern herumsprechen.

Und auch der Preis – noch immer zweistellig – ist völlig in Ordnung für diesen täglichen Begleiter.

Meyer-Goßner/Schmidt – Strafprozessordnung, 63. Auflage, Beck-Verlag, München 2020, 2671 Seiten, 95 €.

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Blogrundschau Strafrecht (02.11.2019)

Burhoff über den Beschluss des KG vom 04. Februar 2019, wonach eine religiöse Motivation für die Tat (hier: „Abstrafung“ eines Konvertiten zum Christentum) im Rahmen der Bewährungsentscheidung nach § 56 Abs. 2 StGB zu berücksichtigen ist.

Eva Neumann über das Urteil C-128/18 Dorobantu des EuGH vom 15.10.2019, in dem der EuGH die Mindestanforderungen für Haftbedingungen im Kontext des Europäischen Haftbefehls konkretisiert hatte. Gegenstand war ein europäischer Haftbefehl zum Zweck der Strafverfolgung in Rumänien.

Udo Vetter über einen Fall, in dem das Gericht im Rahmen einer Verständigung auf eine Freiheitsstrafe zwischen 4 Jahren und 10 Monaten und 5 Jahren und 9 Monaten ungewöhnlicherweise auf genau 4 Jahre und 10 Monate entschied.

WBS Law über die Vorlage der Rechtsfrage des OLG Hamm an den BGH, ob Taschenrechner am Steuer genauso zu behandeln seien wie Mobiltelefone.

Sokolowski über den Beschluss des LG Hamburg vom 09. Oktober 2019 zum Aktenzeichen 628 Qs 31/19, wonach (kritikwürdigerweise) Analphabetismus allein die Beiordnung eines Pflichtverteidigers nicht rechtfertige.

Konstantin Stern, Rechtsanwalt

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