Rechtsanwalt Nachstellung

Nachstellung, Nötigung und Bedrohung? – Erfolgreiche Verfahrenseinstellung mangels hinreichenden Tatverdachts (§ 170 Abs. 2 StPO)

In einem komplexen Ermittlungsverfahren, in dem gleich mehrere Straftatbestände zur Prüfung standen, konnte Strafverteidiger Rechtsanwalt Konstantin Stern für seinen Mandanten eine Verfahrenseinstellung mangels hinreichenden Tatverdachts erreichen. Der Mandant sah sich unter anderem mit dem Vorwurf der Nachstellung gemäß § 238 StGB, der Nötigung (§ 240 StGB) sowie der Bedrohung (§ 241 StGB) konfrontiert.

Tatvorwurf: Nachstellung, Nötigung, Bedrohung

Dem Mandanten wurde vorgeworfen, gegenüber seiner Nachbarin wiederholt behauptet zu haben, mit ihr in einer Beziehung gewesen zu sein und sexuellen Kontakt gehabt zu haben. Zudem habe er ihr – gegen ihren Willen – Geschenke gemacht und sich gegenüber anderen Personen, mit denen die Nachbarin sprach, aggressiv verhalten. Ein besonders schwerwiegender Vorwurf war die angebliche Bedrohung eines Mannes mit einem Messer, der sich in der Nähe der Nachbarin aufgehalten habe.

Verteidigungsstrategie: Differenzierte Einordnung des Verhaltens

Nach Mandatierung nahm Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht und verfasste eine fundierte Stellungnahme, in der er eine Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO beantragte – mit Erfolg.

Er wies zunächst darauf hin, dass die unserem Mandanten vorgeworfenen Handlungen keine der in § 238 Abs. 1 StGB abschließend genannten Tatvarianten (z. B. Nachstellen, Auflauern, ungewollte Kommunikation, Drohungen etc.) erfüllen. Das bloße Behaupten einer Beziehung, verbunden mit spekulativ zugeschriebenen Geschenken, erfüllt den Tatbestand nicht.

Auch das aggressive Verhalten gegenüber Dritten – selbst wenn nachweisbar – begründet keine Strafbarkeit wegen Nachstellung, da es nicht auf die gezielte Beeinträchtigung der Lebensgestaltung der betroffenen Nachbarin gerichtet war.

Rechtsproblem: Wann liegt eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensgestaltung i.S.d. § 238 StGB vor?

Ein zentrales rechtliches Problem dieses Falles lag in der Frage, ob die dem Mandanten vorgeworfenen Handlungen geeignet waren, die Lebensgestaltung der Betroffenen in erheblicher Weise zu beeinträchtigen – eine zwingende Voraussetzung für die Strafbarkeit nach § 238 StGB.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH genügt nicht jede lästige oder störende Handlung. Vielmehr muss die Beeinträchtigung ein erhebliches Maß erreichen, etwa durch ständige Überwachung, systematisches Aufsuchen des Wohnorts, massive Bedrohungen oder das Herbeiführen eines Rückzugs der Betroffenen aus dem sozialen Leben.

Im vorliegenden Fall:

  • fehlte es an der erforderlichen Häufung der Handlungen,
  • lag keine intensive Nähe- oder Kontaktsuche vor,
  • musste die Betroffene ihren Alltag nicht ändern,
  • und sie erschien zu keiner Zeugenvernehmung, legte auch keine Beweismittel vor.

Diese Umstände sprachen eindeutig gegen eine erhebliche Beeinträchtigung und damit gegen den zentralen strafrechtlichen Vorwurf der Nachstellung.

Verfahrensausgang: Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO

Die Staatsanwaltschaft folgte der Argumentation der Verteidigung vollständig und stellte das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts ein. Unser Mandant gilt weiterhin als unschuldig und wurde vor den erheblichen Folgen eines öffentlichen Strafverfahrens bewahrt.

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