Vorwurf der häuslichen Gewalt – Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO vor Anklageerhebung eingestellt

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, seine eigene Freundin körperlich angegriffen zu haben und sich hierdurch wegen vorsätzlicher Körperverletzung strafbar gemacht zu haben.

Nachdem unser Mandant Rechtsanwalt Stern mit der Verteidigung gegen den Vorwurf der Körperverletzung beauftragt hatte, nahm Rechtsanwalt Stern unverzüglich Akteneinsicht und gegenüber der Staatsanwaltschaft zu dem Vorwurf Stellung.

Aus den Akten ergab sich, dass die Zeugin behauptete, dass unser Mandant sie geschlagen und dabei am rechten Auge getroffen habe. Hintergrund soll gewesen sein, dass die Freundin unseren Mandanten in der Nacht geweckt und ihm mitgeteilt habe, dass sie gerade von ihrem Ex-Freund geträumt habe.

Nach dem körperlichen Übergriff hatte die Freundin die Polizei gerufen. Diese hatte Verletzungen am Auge dokumentiert. Es wurde Strafantrag gestellt.

Allerdings hatte die Zeugin später eine E-Mail an die Polizei verfasst, in welcher sie mitteilte, dass sie die Strafanzeige gegen unseren Mandanten zurückziehen möchte. Zum Vernehmungstermin war sie nicht erschienen. Hierin konnte man auch eine Rücknahme des Strafantrags erblicken.

Gemäß § 230 Abs. 1 S. 1 StGB kann die vorsätzliche Körperverletzung auch verfolgt werden, wenn die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Ein solches besonderes öffentliches Strafverfolgungsinteresse war jedoch nicht erkennbar. Zwar hatte die Zeugin zunächst einen Strafantrag gestellt, diesen jedoch mittels ihrer E-Mails wenigstens konkludent zurückgenommen. Nach Nr. 234 RiStBV ist ein besonderes öffentliches Interesse an der Verfolgung von Körperverletzungen dann anzunehmen, wenn der Beschuldigte einschlägig vorbestraft ist, roh oder besonders leichtfertig oder aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Beweggründen gehandelt hat. Unser Mandant war bislang strafrechtlich in keiner Form in Erscheinung getreten. Die ursprünglich vorgeworfene Verletzungshandlungen läge, wenn es sich so zugetragen hätte, im untersten Intensitätsbereich. Besonders verachtenswerte Motive im Sinne der RiStBV hat die Zeugin ebenfalls nicht vorgetragen. Eine erhebliche Verletzung war auch nicht erkennbar. Die Strafverfolgung stellte hier auch kein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit dar.

Im Beratungsgespräch wurde überdies erörtert, dass es nicht nur für die Beziehung, sondern auch für das Verfahren vorteilhaft wäre, wenn sich unser Mandant mit seiner Freundin verloben würde. Kurz darauf verlobten sich die beiden.

Aufgrund der Verlobung und der Ankündigung, keine weiteren Angaben machen zu wollen, stand die Freundin für eine Zeugenvernehmung in einer Hauptverhandlung nicht mehr zur Verfügung, da ihr nun ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO zustand. Auch frühere Angaben konnten nicht mehr verwertet werden.

Daher stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren entsprechend unserem Antrag gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein.

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