War das Land Berlin etwas voreilig, als es seine festen Blitzer abbaute?
Ob die Speicherung der Rohmessdaten des Geschwindigkeitsmessgerätes für eine Verurteilung wegen zu schnellen Fahrens erforderlich sind, ist mittlerweile zwischen den Gerichten hoch umstritten.
Jahrelang gab es in der Rechtsprechung keinen Streit – es war einhellige Auffassung, dass die Rohmessdaten nicht erforderlich seien, weil die eingesetzten Geräte ohnehin von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt aufwändig zugelassen und geeicht sein müssen. Da müsse es der Autofahrer im Einzelfall hinnehmen, nicht überprüfen zu können, ob auch sein ganz individuell gemessener Wert ordnungsgemäß zustande gekommen ist.
Hiervon hatte sich bekanntlich der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes (Az. Lv 7/17) abgegrenzt und Messwerte ohne gespeicherte Rohmessdaten für nichts gerichtsverwertbar gehalten. Die Folgen waren immens, weil ein Großteil der eingesetzten Blitzergeräte solche Werte eben nicht speichert. Verteidiger hatten die Entscheidung jedoch begrüßt, weil eine effektive Verteidigung und damit ein faires Verfahren ohne Datengrundlage regelmäßig unmöglich war.
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat nun die Freude geschwindigskeitsberauschter / rechtsstaatsliebender Autofahrer etwas eingedämmt und sich einer aktuellen Entscheidung explizit in Opposition zur Entscheidung des Verfassungsgerichts gesetzt.
Der Bundesgerichtshof habe für den Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten das standardisierte Messverfahren anerkannt. Die Zulassung durch die PTB indiziere bei einem geeichten Gerät die Richtigkeit des gemessenen Wertes. Bei Einhaltung der Voraussetzungen des standardisierten Messverfahrens sei das Ergebnis nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für eine Verurteilung ausreichend. Auch für die Messung mit einer Laserpistole, bei der keine Daten gespeichert werden, sei dies anerkannt. Für eine Geschwindigkeitsmessung mit einem Blitzgerät könne daher nichts anderes gelten.
Oberlandesgericht Oldenburg, 2 Ss (Owi) 233/19, Urteil vom 09.09.2019
Quelle: PM des OLG Oldenburg 35/2019