Vorwurf des Überlassens eines Autos an den nicht über eine Fahrerlaubnis verfügenden Bruder – Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, seinem Bruder einen Pkw überlassen zu haben, obwohl er gewusst haben soll, dass sein Bruder nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügte. Hierdurch soll sich unser Mandant gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG strafbar gemacht haben.

Nach Erhalt des Anhörungsschreibens nahm unser Mandant umgehend Kontakt mit Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern auf, der nach Mandatierung umgehend Akteneinsicht beantragte und die Akte auf der Geschäftsstelle abholte. Nach einem gründlichen Durcharbeiten der Ermittlungsakte nahm er gegenüber der Staatsanwaltschaft zu dem Vorwurf Stellung.

Rechtsanwalt Stern schilderte zunächst, dass unser Mandant bereits in seiner polizeilichen Vernehmung erklärt habe, dass er mit dem Fahrzeug, dessen Halterin die Ehefrau seines Bruders sei, unterwegs gewesen sei. Unser Mandant habe sich das Auto einen Tag zuvor ausgeliehen, um Blumen für den Muttertag in einem Großhandel zu kaufen.

Diese Aussage wurde auch von der Ehefrau seines Bruders bestätigt. Sie habe ihm die Fahrzeugschlüssel sowie Zulassungspapiere zum betreffenden Fahrzeug gegeben. Ihr Ehemann sei gar nicht mit dem Fahrzeug gefahren.

Aus der Ermittlungsakte ergab sich zudem, dass unser Mandant von zwei Polizeibeamten kontrolliert worden war und diesen die Zulassungsbescheinigung sowie einen auf sich ausgestellten tschechischen Führerschein, tschechischen und deutschen Aufenthaltstitel sowie vietnamesischen Reisepass übergeben hatte. Allerdings soll der Fahrer sodann weggerannt sein, wofür es zunächst keine plausible Erklärung gab.

Rechtsanwalt Stern erklärte, dass unser Mandant aufgrund der geltenden Ausgangssperre wegen der Covid-19-Pandemie in Panik geraten und fortgerannt sei, als er sich unbeobachtet gewähnt habe. Zudem habe der Entschluss fortzulaufen auch auf einer unter Vietnamesen verbreiteten negativen Einstellung zur Polizei, die auf Erfahrungen aus der Heimat mit vietnamesischen Polizeibeamten herrühre, beruht. Dies sei insbesondere mit dem hohen Korruptionsniveau in Vietnam zu erklären. Im Corruption Perceptions Index von Transparency International befindet sich Vietnam auf dem 104. Platz von insgesamt 180 Staaten (vgl. https://www.transparency.org/en/count%20ries/vietnam).

Darüber hinaus teilte Rechtsanwalt Stern mit, dass unser Mandant, als ihm am nächsten Vormittag bewusst wurde, dass gar kein Grund zur Flucht bestanden habe, sich gemeinsam mit der Ehefrau seines Bruders auf dem zuständigen Polizeiabschnitt gemeldet und seine Dokumente abgeholt habe.

In Anbetracht der erörterten Umstände beantragte Rechtsanwalt Stern, das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts einzustellen. Die Staatsanwaltschaft Berlin schloss sich dieser Auffassung an und stellte das Verfahren antragsgemäß ein.