Rezension

Heinrich, Konfliktverteidigung im Strafprozess, in 3. Auflage erschienen

Als Strafverteidiger, der sich im Alltag oft genug mit der Frage beschäftigt, ob im Einzelfall Konfrontation oder Kooperation das bessere Ergebnis verspricht, lag mir die Lektüre von Jürgen Heinrichs „Konfliktverteidigung im Strafprozess“ nahe – und ich wurde nicht enttäuscht. Das Buch beleuchtet eine Verteidigungsstrategie, die gemeinhin kontrovers diskutiert wird: den bewussten Einsatz prozessualer Mittel zur Erzeugung von Verfahrenskonflikten, um den zu erwartenden Prozessablauf zu beeinflussen. Heinrich beschreibt fundiert, wie solche Konflikte entstehen, welche legalen Mittel Konfliktverteidiger nutzen und wie diese Taktik sowohl Chancen für die Verteidigung als auch Risiken birgt. Dabei geht es nicht um charmantes Hofieren der Richter, sondern um das bewusste „Stören“, solange es dem Mandanten nutzt – kurz gesagt: die Kunst, den Staatsapparat gezielt zu ärgern, ohne sich dabei ins Aus zu manövrieren.

Das Buch widmet sich detailliert den praktischen Aspekten: Wie und wann sind Befangenheitsanträge sinnvoll? Wann haben Aussetzungsanträge ihre taktische Berechtigung? Und was passiert, wenn Konflikte eskalieren? Diese Praxistipps liest man gerne – auch wenn mancher Richter auf solche Tricks alles andere als begeistert reagiert. Heinrich spart nicht mit konkreten Beispielen und gibt dem Verteidiger Musterformulierungen an die Hand, was den praktischen Wert für die tägliche Arbeit erhöht. Dabei spricht er auch offen an, dass Konfliktverteidigung keine Kuschelverteidigung ist – wer diesen Weg geht, muss mit Widerstand rechnen. Die Perspektive des Autors ist aber der Richter: Dieser „muss“ schließlich mit dem Konfliktverteidiger umgehen lernen.

Eine intensivere Auseinandersetzung mit alternativen Verteidigungsstilen wird man allerdings vermissen, ebenso eine kritische Reflexion darüber, wie man als Verteidiger eine Balance findet zwischen konsequenter Rechtdurchsetzung und einem zu sehr eskalierenden Verhalten. Wer glaubt, Konfliktverteidigung sei immer das Mittel der Wahl, der irrt. Man muss wissen, wann man das „Stören“ guten Gewissens betreibt und wann man lieber den „Diplomaten“ mimt lässt.

Die Lektüre fühlt sich ein bisschen an wie der Besuch in der Kantine des Gerichts – man bekommt die besten Geschichten, lernt die ganz speziellen Kniffe und weiß danach, wo man die verbotenen Süßigkeiten findet. Doch manchmal wünscht man sich auch einen Gang zurück, mehr Empathie und weniger Krawall in dieser ernsten Angelegenheit, die Menschenleben und Freiheit betrifft. Trotzdem: Für Strafverteidiger, die sich handfest mit der Taktik der Konfliktverteidigung auseinandersetzen möchten, ist Heinrichs Buch ein höchst nützliches, praxisnahes Werkzeug, das den strategischen Kampf ums Recht auf den Punkt bringt. Wer meint, das Strafverfahren sei eine Kuschelparty, kann es getrost liegen lassen. Für alle anderen gilt: ran an den Streit.

Heinrich, Konfliktverteidigung im Strafprozess, C.H.Beck, 3. Auflage 2003, 242 S., 75 €.

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Rezension: Bayer/Schmidt – die juristische Dissertation

Der Band „Die juristische Dissertation“ von Daria Bayer und Jan-Robert Schmidt ist ein erfrischend praxisnaher und ehrlicher Ratgeber, der den oftmals mystifizierten Weg zur Promotion im juristischen Bereich verständlich und realitätsnah aufbereitet. Es nimmt die Leser:innen mit auf eine chronologische Reise durch den gesamten Promotionsprozess – von der Frage nach der persönlichen Motivation über die Themenwahl bis hin zu den praktischen Schritten bis zur Veröffentlichung und über die formalen Voraussetzungen hinaus.

Besonders wertvoll ist die Offenheit, mit der die Autor:innen auch heikle Themen wie Finanzierungsschwierigkeiten, psychische Belastungen und strukturelle Herausforderungen im Wissenschaftsbetrieb ansprechen. Dieser Blick hinter die Kulissen macht das Buch nahbar und gibt zukünftigen Promovierenden das Gefühl, nicht allein zu sein auf diesem teils einsamen Weg. Gleichzeitig wird ein Bewusstsein für wichtige Aspekte wie Diskriminierungsfragen und Gendergerechtigkeit in der juristischen Promotion geschaffen, was das Werk zeitgemäß und gesellschaftlich relevant macht.

Für die persönliche Entwicklung bietet eine juristische Dissertation auf jeden Fall einen bedeutenden Mehrwert: Sie vermittelt wissenschaftliches Arbeiten, vertieft juristisches Wissen und fördert eine analytische und systematische Denkweise, die im späteren Berufsleben – sei es in Wissenschaft, Anwaltschaft oder Justiz – von Wert ist. Man lernt Geduld, Durchhaltevermögen und Selbstorganisation, Eigenschaften, die weit über die Juristerei hinaus in jeder Karriere gefragt sind.

Karrieretechnisch ist der Doktortitel vor allem in spezialisierten Rechtsgebieten und in der Wissenschaft oft ein entscheidender Vorteil. Auch große Kanzleien und gewisse Behörden sehen in der Promotion einen wichtigen Qualitätsnachweis, der Vertrauen schafft und Bewerber:innen heraushebt. Die Promotion bedeutet allerdings auch eine nicht zu unterschätzende zeitliche und emotionale Belastung, weshalb das Buch zu Recht dazu ermutigt, früh die eigene Motivation und die damit verbundenen Ziele zu klären. So wird vermieden, dass man sich in jahrelangem Schreiben verliert

Insgesamt vermittelt „Die juristische Dissertation“ einen realistischen, mutmachenden und empathischen Zugang zu einem Thema, das viele junge Jurist:innen vor große Herausforderungen stellt. Mit Tipps, Erfahrungsberichten und einer klaren Struktur ist es ein unverzichtbarer Begleiter für alle, die über eine Promotion nachdenken oder schon mittendrin stecken – und bietet auch Einblicke für diejenigen, die den Prozess nur aus distanzierter Perspektive kennen. Es ist mehr als nur ein akademischer Leitfaden, es ist ein Buch über den persönlichen Wachstumsprozess, der mit jeder juristischen Dissertation einhergeht. Wer sich auf dieses Abenteuer einlässt, sollte es lesen.

Geld spielt bei diesem Band jedenfalls keine Rolle: 12,90 € sind ein unschlagbares Angebot.

Bayer/Schmidt: Die juristische Dissertation, C.H.Beck, München 2023, 151 Seiten, 12,90 €

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Drei Pfund Vollstreckungswissen – Röttle/Wagner/Theurer „Strafvollstreckung“ in 9. Auflage erschienen

Das Werk „Strafvollstreckung“ von Reinhard Röttle, Alois Wagner und Daniel Theurer ist ein umfassendes und sorgfältig strukturiertes Handbuch, das den gesamten Ablauf der Strafvollstreckung in Deutschland systematisch und praxisnah darlegt. In der aktuellen 9. Auflage präsentiert das Buch auf rund 750 Seiten eine ausführliche Darstellung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen, Geldstrafen sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung, ergänzt durch fundierte Erklärungen zu Nebenstrafen, Vollstreckungshindernissen, Auslieferung, und internationalen Aspekten.

Das Buch besticht besonders durch seine klare Systematik und die verständliche Darstellung komplizierter Rechtsmaterien, die es auch jenen zugänglich macht, die sich gezielt in strafvollstreckungsrechtliche Mandate einarbeiten möchten. Praktisch wertvoll sind die zahlreichen Mustertexte, Beispielentscheidungen und gut strukturierte Tabellen, die das schnelle Auffinden relevanter Vorschriften erleichtern und die Umsetzung der theoretischen Inhalte im Arbeitsalltag unterstützen. Dies macht das Werk zu einem sehr nützlichen Werkzeug für Strafverteidiger, Staatsanwälte, Richter sowie Rechtspfleger und Vollzugsbeamte gleichermaßen.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass das Buch sämtliche Landesregelungen berücksichtigt und somit bundesweit einsetzbar ist. Die Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung und Gesetzesänderungen bis Anfang 2022 sorgt für Aktualität. Die zweite große Einheit zu gerichtlichen Entscheidungen in der Strafvollstreckung und Sicherungsverwahrung vertieft zusätzlich die Verfahrenskenntnisse und ermöglicht ein ganzheitliches Verständnis.

Der Darstellung gelingt es, komplexe Rechtsfragen verständlich zu vermitteln, ohne dabei an Tiefe zu verlieren. Für die Praxis ist die Kombination aus klarer Theorie, Beispielen und Mustern besonders wertvoll, da sie die Vorbereitung und Durchführung von Verfahren erheblich erleichtert.

Insgesamt ist „Strafvollstreckung“ von Röttle/Wagner/Theurer ein unverzichtbares Nachschlagewerk für alle im Bereich der Strafvollstreckung Tätigen. Es verbindet fundierte wissenschaftliche Genauigkeit mit hohem Praxisnutzen und eignet sich sowohl zum systematischen Studium als auch zur schnellen Orientierung im Mandatsalltag. Das Buch leistet einen wichtigen Beitrag dazu, die oft komplizierten Vorgänge der Strafvollstreckung transparent und handhabbar zu machen. Eine klare Empfehlung für alle, die eine belastbare und umfangreiche Arbeitsgrundlage zur Strafvollstreckung suchen.

Röttle/Wagner/Theurer: Strafvollstreckung, 9. Auflage, C.H.Beck, München 2023, 757 Seiten.

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Die 24. Auflage des Beck´schen Kurzkommentar zum Jugendgerichtsgesetz

Der beliebte Beck´sche Kurzkommentar zum Jugendgerichtsgesetz von Ralf Kölbel und Ulrich Eisenberg ist am 23. März 2023 nun schon in 24. Auflage erschienen.

Die 24. Auflage überzeugt durch ihren praxisgerechten, streng systematischen Aufbau. Die Darstellungen sind vollständig, schnörkellos und aufgrund des jährlichen Erscheinens des Werkes durchweg auf dem aktuellen Stand. Derzeit befinden sich die Gesetze auf dem Stand von Januar 2023.

Von den Autoren wird die aktuelle höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung sowie Literatur einbezogen und ausgewertet. Überdies werden auch die aktuellen rechtspolitischen Diskussionen sowie neue Erkenntnisse der jugendstrafrechtlichen empirischen Forschung einbezogen.

Im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht zeichnet sich das Jugendstrafrecht durch seinen erzieherischen Charakter aus. Im Bereich des materiellen Jugendstrafrechts sind deshalb besonders folgende Kommentierungen hervorzuheben:

  • jugendstrafrechtlichen Verantwortlichkeit
  • Beurteilung des Entwicklungsstandes Heranwachsender
  • Rechtsfolgensystem unter Berücksichtigung der Prognoseerstellung im Allgemeinen sowie der Weisungen und der Drogenproblematik im Einzelnen

Für uns als Strafverteidiger ist das Verfahrensrecht von besonderer Bedeutung. Auch in diesem Bereich setzen die Kommentierenden einen Schwerpunkt:

  • Der Umfang der Anwendbarkeit von Normen des allgemeinen Strafverfahrensrechts
  • Die besonderen Ermittlungspflichten
  • Verfahrenseinstellung bzw. Anordnung und Vollzug von Untersuchungshaft
  • Das Rechtsmittelverfahren

Neben den materiell- und prozessualrechtlichen Darstellungen, befindet sich zu Beginn des Werkes eine sehr interessante Beschreibung der historischen Entwicklung des Jugendstrafrechts seit 1923. Im Rahmen der neueren Entwicklung werden dabei auch Vorgaben der EU einbezogen. Am Ende dieses Abschnitts finden sich überdies weitere Darstellungen zum internationalen Jugendstrafrecht.

Die Kommentierenden berücksichtigen in dem Standardwerk Erkenntnisse aus der Kriminologie, Psychologie und den Sozialwissenschaften. In den Darstellungen überzeugt insbesondere die Objektivität der Kommentierenden bei der Auseinandersetzung mit Problemstellungen. Neben der herrschenden Meinung, die erläutert und mit Argumenten belegt wird, werden auch Vertreter anderer Meinungen angegeben, sodass man auch für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Jugendgerichtsgesetz den KurzKommentar als Quelle heranziehen kann.

Das Randnummernsystem sowie die Unterteilung in fünf Teilbereiche

  • Allgemeine Vorschriften
  • Jugendliche
  • Heranwachsende
  • Sondervorschiften für Soldaten und Bundeswehr

mit Hauptstücken, Abschnitten und Unterabschnitten erleichtern die Arbeit. Die Ausführungen erfolgen auf, 1660 Seiten, auf denen 125 Paragraphen ausgewertet werden.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Kommentierungen aktuell, umfassend und detailliert sind.

Um sich einen ersten Eindruck über das Werk verschaffen zu können, befindet sich eine Leseprobe zur aktuellen Ausgabe auf Beck-Online.

Beck´sche Kurzkommentare, Jugendgerichtsgesetz: JGG, 25. Auflage, Beck-Verlag, München 2014, 1.660 Seiten, 125,00 €.

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Saliger / Tsambikakis: Strafrecht der Medizin in Erstauflage erschienen

Mein Lieblingswitz?

Dieser hier:

Herr Doktor, wo bringen Sie mich hin?
Ins Leichenschauhaus!
Ich bin doch noch gar nicht tot!
Wir sind auch noch nicht da.

Abbildung von Saliger / Tsambikakis | Strafrecht der Medizin | 1. Auflage | 2022 | beck-shop.de

Strafrechtliche Risiken lauern auf Ärzte, Assistenten und die Mitarbeiter im Back-Office hinter jeder Ecke. Es ist daher verdienstvoll, dass sich die Herren Saliger und Tsambikakis (und 17 Bearbeiter) der Sache angenommen und das Strafrecht der Medizin in einem Handbuch für Praktiker und wissenschaftlich Interessierte aufgearbeitet haben. Insgesamt sind 966 Seiten zusammengekommen, auf denen in drei Teilen (1) strafrechtliche Risiken aus ärztlicher Heilbehandlung und ärztlichen Eingriffen ((ärztlicher Heileingriff, Fahrlässige Tötung, Unterlassene Hilfeleistung, Sterbehilfe, Schönheits­operationen, Risiken der Fortpflanzungsmedizin und Gentechnik, Schwangerschaftsabbruch, Organtransplantation, Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht, und, seit Corono: Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse), (2) wirtschaftsstrafrechtliche Risiken ärztlicher Berufstätigkeit (Betrug und Untreue im Gesundheitswesen, Korruption, strafbare Werbung, Compliance im Gesundheitswesen) und schließlich (3) die Basics im Arzneimittel-, Medizinprodukte- und Betäubungsmittelstrafrecht (Pharmastrafrecht, Verstöße gegen das AMG, MPG, TFG, BtMG) erläutert werden.

Das Handbuch hat dabei stets eine klare und übersichtliche Struktur, die Darstellung ist meist verständlich und auf die Erfordernisse der Praxis ausgerichtet. An vielen Stellen genügt sie jedoch auch wissenschaftlichen Ansprüchen.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass das Handbuch bald in allen Krankenhäusern und vielen Arztpraxen als Nachschlagewerk zur Verfügung stehen wird. Strafrechtliche Laien werden insbesondere davon profitieren, dass für alle Tatbestände zunächst auch allgemeine, nicht-medizinspezifische Kommentierungen angeboten werden. Dass Verteidiger mit medizinstrafrechtlichen Mandaten sich das Buch verschaffen werden, ist ohnehin klar, die Konkurrenz ist bekanntlich klein (namentlich das Lehrbuch von Waßmer auf einem Drittel der Seiten und das Handbuch von Gercke et al. bei Springer).

Für all jene, die mit den strafrechtlichen Risiken der Medizin zu tun haben, sei es als Berufsträger im Gesundheitssystem oder als Akteur in der Justiz, dürften die 169,00 € für das Werk eine lohnende Investition darstellen, die sich rasch amortisiert haben wird. In dem System steckt schließlich auch eine Menge Geld.

Saliger/Tsambikakis: Strafrecht der Medizin, Handbuch, Beck, München 2022.

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Lackner/ Kühl/ Heger, Strafgesetzbuch, Kommentar, 30. Auflage, Beck, München 2023

Der Kommentar Lackner/ Kühl/ Heger zum Strafgesetzbuch ist nun schon in 30. Auflage erschienen. Erstmals wurde der Name des Kommentierenden Heger, welcher seit der 28. Auflage an dem Kommentar mitarbeitet, mit in den Titel aufgenommen.


Die Kommentierung der Normen ist so dargestellt, wie man es von den älteren Vorgängern kennt. Auf die fettgedruckten Gesetzestexte der jeweiligen Vorschrift folgen Ausführungen zu einzelnen Tatbestandsmerkmalen und Problemen. Mithilfe fettgedruckter relevanter Schlüsselwörter wird die Recherche im „Lackner/ Kühl/ Heger“ erleichtert und ermöglicht so ein zielorientiertes Arbeiten mit dem Kommentar.


Das aktuelle Werk bezieht eine Vielzahl von Gesetzesänderungen und aktuellen Entscheidungen mit ein. Insgesamt wurden Änderungen an 125 Normen des StGB vorgenommen. Eigearbeitet wurden dabei unter anderem die aktuellen Änderungen zur Impfpassfälschung und die Aufhebungsentscheidung des BVerfG zu § 217, der Wegfall des § 219a sowie der Beschluss des Bundestages vom 20. Oktober 2022, zur Erweiterung des § 130 um einen fünften Absatz.

StGB - Strafgesetzbuch von Martin Heger | ISBN 978-3-406-76755-5 | Fachbuch  online kaufen - Lehmanns.de


Die kommentierten Gesetze sind auf dem Stand vom 1. August 2022. Die berücksichtigte Rechtsprechung und Literatur ist auf dem Stand vom März 2022. Der Kommentar überzeugt einerseits durch seine Verständlichkeit und Fundiertheit, andererseits aber auch durch seine Kompaktheit. Dies gelingt den Autoren durch eine vereinfachte Zitiertechnik und durch weitere Kürzungen, wie beispielsweise dem Wegfall von Passagen zur Entstehung einiger Normen.


Uns erscheint der Lackner/Kühl/Heger in der Neuauflage noch einmal etwas objektiver geworden zu sein. Es lässt sich noch deutlicher erkennen, was herrschende Rechtsprechung und was die aus Sicht des jeweiligen Autors „richtige“ Auffassung ist. Insofern geht der Lackner/Kühl/Heger einen entgegengesetzten Weg zum Fisch. Vor diesem Hintergrund ist auch verständlich, dass die Studierenden in Schleswig-Holstein den Kommentar in der juristischen Prüfung nutzen können.


Der Preis von 95,00 € erscheint für das Werk aufgrund seiner inhaltlichen Qualität und seines Umfangs von 2.284 Seiten angemessen.
Eine Leseprobe zur aktuellen Ausgabe befindet sich überdies im Beck-Shop, um sich so einen eigenen Eindruck vom Kommentar verschaffen zu können: https://www.beck-shop.de/lackner-kuehl-heger-strafgesetzbuch-stgb/product/31852063

Lackner/ Kühl/ Heger, Strafgesetzbuch, Kommentar, 30. Auflage, Beck, München 2023, 2.284 Seiten, 95,00 €.

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Fischer StGB in Jubiläumsauflage erschienen

Zum Beginn des Jahres ist der Beck’sche Kurzkommentar zum Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen vom ehemaligen vorsitzenden Richter des Bundesgerichtshofs Thomas Fischer nun schon in 70. Auflage erschienen. Der Kommentar überzeugt – wie immer – durch seine klare und logische Struktur, wobei er zunächst die Tatbestandsmerkmale der einzelnen Delikte erläutert und in diesem Rahmen auch besondere Probleme und juristische Meinungsstreite darstellt. Der ´Fischer´ ist das Standardwerk unter den Kommentaren zum Strafgesetzbuch und ist unumgänglich, wenn man sich mit der Materie des Strafgesetzbuchs auseinandersetzt. Nicht nur in der Praxis trägt er bei Richtern, Anwälten oder Polizisten häufig zur Problemlösung bei, auch in der Wissenschaft, wird er für seine fundierten Beiträge geschätzt und im Studium bis hin zum Staatsexamen kommt keine strafrechtliche Hausarbeit oder Klausur ohne den ´Fischer´ aus.

Die 70. Auflage des Kommentars ist auf dem Gesetzesstand vom 1. November 2022. Der Autor arbeitet dabei stets die aktuelle Rechtsprechung mit ein und bezieht sich dabei insbesondere auf Entscheidungen des BGH und der OLG, berücksichtigt aber auch die Rechtsprechung des BVerfG. Daneben wird auch ein ständiger Bezug zu Beiträgen in Fachzeitschriften und Festschriften sowie Monografien hergestellt.

Auch die am 20. Oktober 2022 beschlossenen Neuerungen zum § 130 Abs. 5 StGB (Volksverhetzung) werden bereits kommentiert. 

Darüber hinaus werden eingearbeitet

  • die Änderung des StGB – Aufhebung des Verbots der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a StGB),
  • die Änderung des HeilmittelwerbeG, 
  • die Änderung des SchwangerschaftskonfliktG, 
  • die Änderung des EinführungsG zum StGB und zur Änderung des G zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen,
  • die Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages und zur Anhebung des Strafrahmens des § 108e des StGB, 
  • die Änderung des InfektionsschutzG und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite.

Die neue Auflage ist mit ihren 2.838 Seiten zwar umfangreich, wurde jedoch – und das ist positiv hervorzuheben – bereits deutlich reduziert im Vergleich zur vorherigen Auflage. Dies ermöglicht und vereinfacht ein noch problemorientierteres, präziseres und strukturierteres Arbeiten mit dem Kommentar. Der Preis von 105,00 € erscheint mithin angemessen.

Eine Leseprobe zum aktuellen ´Fischer´ befindet sich auf Beck-Online, um sich so einen Überblick über das Werk verschaffen zu können.

Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 70. Auflage, Beck, München 2023, 105,00 €.

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Krause: Hatespeech – Strafbarkeit und Strafverfolgung von Hasspostings

Man mag den Eindruck haben, die schöne Online-Welt werde von Woche zu Woche rauer, weil manche Menschen es als ihr Hobby ansehen, andere Menschen im scheinbaren Schutz der Anonymität zu verunglimpfen. Hatespeech scheint hierfür der Fachbegriff geworden zu sein. Gegen diese anzukämpfen, hat sich der Frankfurter Oberstaatsanwalt Dr. Benjamin Kraus zum Ziel gesetzt, und weil es sich allein nicht gut kämpft, sogleich eine Anleitung für andere Strafverfolger verfasst, die es ihm gleichtun wollen.

Ein hoher Praxisbezug ist offenbar: Der Autor ist Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität in Frankfurt am Main. Als solcher kommt er ständig mit dem Phänomen der „Hate Speech“ in Berührung.

Das Werk teilt sich in vier Abschnitte. Auf phänomenologische Ausführungen zur Hate Speech (§ 1) folgt eine rechtsdogmatische Auseinandersetzung mit praxisrelevanten Straftatbeständen im Zusammenhang mit „Hate Speech“ (§ 2). Sodann erläutert Krause praxisrelevante Ermittlungen bei „Hate Speech (§ 3). Mustertexte für Ermittlungsmaßnahmen schließen das Werk ab (§ 4).

Für Verteidiger sind insbesondere die Ausführungen zur Begriffsbestimmung von „Hate Speech“, aber auch die Erläuterung praxisrelevanter Tatbestände, wie zum Beispiel die Darstellungen zu den Tatbeständen der Beleidigung (§ 185), Üblen Nachrede (§ 186) und Verleumdung (§ 187), ein hilfreiches Nachschlagewerk.

Die Mustertexte richten sich in erster Linie an Staatsanwaltschaften, Gerichte und Strafverfolgungsbehörden und dürften für diese Berufsgruppen einen großen Mehrwert aufweisen. Auch die Erklärungen zu Maßnahmen zur Identifizierung oder zur Sicherstellung internetfähiger Geräte helfen ihnen sicherlich.

Eine schnelle und einfache Begriffsfindung wird durch das umfangreiche Glossar – über acht Seiten – am Ende des Werks ermöglicht.

Der rechtsdogmatische Teil beschränkt sich nicht nur auf die aktuelle Rechtsprechung. Der Autor entwickelt an verschiedenen Stellen auch eigene Lösungsansätze für Probleme, die in der Rechtsprechung zum Teil noch nicht hinreichend gelöst worden sind, z.B. für den Beginn der Strafantragsfrist bei online Beleidigungen (Rn. 96) oder die notwendige Datensicherung für die strafrechtliche Würdigung von „Hate Speech“ (Rn 248 ff.).

Neben den praxisrelevanten Darstellungen wird auch auf den aktuellen „Kulturwandel bei Strafverfolgungsbehörden im Rahmen der „Hate Speech“ eingegangen. In diesem Zusammenhang fordert Krause unter anderem eine stärkere Präsenz des Phänomens und kritisiert gleichzeitig die mangelnde Wirkung von Urteilen in der Gesellschaft: „Generalpräventive, abschreckende Wirkung hat allenfalls die Berichterstattung über ein Urteil, aber nie das Urteil für sich“ (Rn. 60). Generell stellt er einige polarisierende Thesen in diesem Abschnitt auf, um eine Diskussion über den Umgang mit „Hate Speech“ anzuregen.

Das Werk ist mit seinen 114 Seiten kurz, gibt aber trotzdem einen guten Einblick in die Materie der „Hate Speech“ und überzeugt durch seine klare und logische Struktur. Der Preis von 39,00 € erscheint vor diesem Hintergrund angemessen.

Krause, Benjamin: Hatespeech – Strafbarkeit und Strafverfolgung von Hasspostings. Beck 2022, 39,00€.

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Patzak/Bohnen – Betäubungsmittelrecht – erschienen in 5. Auflage

Das Betäubungsmittelstrafrecht stellt eines der bedeutendsten Gebiete des Nebenstrafrechts dar. Die Anzahl der Rauschgiftdelikte steigt seit 2011 kontinuierlich. Die Strafverfolgungsbehörden haben zwischen Einfuhr, Handel und Konsum andauernd mit dieser besonderen Materie zu tun, weshalb sehr gute Kenntnisse im Drogenstrafrecht bzw. Betäubungsmittelstrafrecht unverzichtbare Voraussetzung für jeden Juristen, der sich in der Praxis mit dem Thema Betäubungsmittelstrafrecht näher auseinandersetzen muss, sind. Das Buch „Betäubungsmittelrecht“ von Dr. Jörn Patzak, leitender Regierungsdirektor, Leiter der Justizvollzugsanstalt Wittlich und Lehrbeauftragter an der Universität Trier, sowie von Dr. Wolfgang Bohnen, Oberstaatsanwalt in Trier, bietet hierfür einen vernünftigen Einstieg.

Nach der Darstellung der gängigsten Betäubungsmittel wie Cannabis, Heroin, Kokain, Crack, Amphetamin, Methamphetamin, Ecstasy, LSD, Psilocybin, „Liquid Ecstasy“, „K.O.-Tropfen“ und neue psychoaktive Stoffe (sog. „Legal Highs“), in der insbesondere auf die Herstellung, Wirkungen, Rechtslage und Geschichte näher eingegangen wird, wird sich mit dem materiellen Betäubungsmittelstrafrecht detailliert auseinandergesetzt. Die beiden Autoren befassen sich eingehend mit den verschiedenen Mengen des BtMG und wichtigsten Tatbestandsalternativen der §§ 29 ff. BtMG sowie mit dem Absehen von Strafverfolgung gemäß § 31a BtMG und dem Absehen von Strafe gemäß § 29 Abs. 5 BtMG. In den darauffolgenden Kapiteln wird auf das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) und Drogen im Straßenverkehr eingegangen. Anschließend werden die Rechtsfolgen der Tat (Strafzumessung) und Therapie statt Strafe sowie prozessuale Fragen im Strafverfahren wegen Betäubungsmitteln behandelt.

Das Werk brilliert durch leicht verständliche, unkomplizierte Sprache, Bilder, Schaubilder, Zusammenfassungen sowie Lernkontrollfragen, mit denen eine übersichtliche Selbstkontrolle über erlernte Inhalte ermöglicht werden soll und 92 Fallbeispiele inklusive Lösungen. Hierdurch werden die theoretisch abgehandelten Konstellationen griffig gemacht. Ein kleines, etwas lustiges „ABC des Drogen-Jargons“ komplettiert das Buch.

Besonders hervorzuheben sind auch die von den Autoren eingestreuten, grau unterlegten Merksätze sowie Erfahrungsberichte, die das gesamte Werk auflockern, für eine hohe Praxistauglichkeit sorgen und den hervorragenden Gesamteindruck dieses Buches abrunden.  

Abbildung von Patzak / Bohnen | Betäubungsmittelrecht | 5. Auflage | 2022 | beck-shop.de

In der 5. Auflage wurden zahlreiche Gesetzesänderungen eingearbeitet, um den neuen Entwicklungen angemessen Rechnung zu tragen. Zu nennen sind hier beispielsweise:

  • Gesetz zur Änderung des StGB mit Einführung einer Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet
  • Gesetz zur Verbesserung der Strafverfolgung hinsichtlich des Handels mit inkriminierten Gütern unter Nutzung von Postdienstleistern

Auch wurden mehrere BtMÄndVO und NpSGÄndVO sowie neueste Rechtsprechung und Literatur zu der Entwicklung der Wirkstoffgehalte bei Cannabisprodukten, zu Nutzhanf oder zu den Konkurrenzen beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln berücksichtigt. Des Weiteren wurden zahlreiche Änderungen der StPO, soweit sie im vorliegenden Rahmen relevant sind, eingearbeitet und das Buch um das neue Recht zur notwendigen Verteidigung erweitert.

Dieses Buch richtet sich an alle, die sich erstmals mit dem Betäubungsmittelrecht befassen, etwa Referendare, Berufsanfänger und Neueinsteiger auf diesem Gebiet, sei es als Verteidiger, Staatsanwalt oder Strafrichter. Überdies können sowohl interessierte Studierende sowie in diesem Bereich tätige Nichtjuristen, insbesondere Polizeibeamte und Suchtberater, einen Überblick über die besondere Materie erlangen. Der angenehm niedrige Preis von 35,00 € ist ein zusätzliches Kaufargument.

Betäubungsmittelrecht, 5. Auflage, Beck-Verlag, München 2022, 285 Seiten, 35,00 €.

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Meyer-Goßner/Schmitt – 65. Auflage: Ein „Must-have“ für alle im Strafrecht tätigen Juristen

Genau ein Jahr nach der letzten Ausgabe ist mit Stand März 2022 die seit langem jährliche Neuauflage des nun hauptsächlich von Bertram Schmitt, Richter am IStGH sowie BGH, und unter Mitarbeit von Marcus Köhler, Richter am BGH, betreuten Beck’schen Kurzkommentars zur StPO erschienen.

Der nunmehr in der 65. Auflage vorliegende Kurz-Kommentar, der allen Juristen, Referendaren und Studierenden ein Begriff sein dürfte, ist das Standardwerk zur Strafprozessordnung und in der juristischen Ausbildung ein zuverlässiger sowie unverzichtbarer Wegbegleiter. Es gibt keinen besseren Kurz-Kommentar zur StPO. Die Erläuterungen sind wie gewohnt strikt praxisorientiert und auf das Wesentliche ausgerichtet, wodurch die rasche Klärung einer kritischen Rechtslage im Ermittlungsverfahren oder im Gerichtssaal möglich ist.

Die Kommentierung der einzelnen Normen ist so dargestellt, wie man es von den älteren Vorgängern kennt. Auf den fettgedruckten Gesetzestext der jeweiligen Vorschrift folgt eine Inhaltsübersicht, einschließlich der jeweiligen Randnummern. Ein moderat eingesetzter Fettdruck lässt relevante Schlüsselwörter und Jahreszahlen gerichtlicher Entscheidungen schneller finden, sodass man zielorientiert zu den für die jeweilige Akte oder Klausur relevanten Erklärungen gelangt.

Bemerkenswert ist insbesondere die Ausgewogenheit und Objektivität der Ausführungen, die zwar das Hauptaugenmerk auf die Praxis legen, wichtige in der Literatur vertretene Meinungen allerdings nicht außer Acht lassen.

Die vorliegende Auflage berücksichtigt unter anderem:

  • Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft vom 30. März 2021 an die Vorgaben aus der Entscheidung des BVerfG vom 27. Mai 2020
  • Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16. Juni 2021
  • Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021
  • Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit vom 21. Dezember 2021.

Daneben wurden zahlreiche für das Strafverfahren grundsätzliche Entscheidungen des BGH, aber auch des BVerfG, des EGMR und des EuGH aufgenommen sowie die neueste Literatur umfassend ausgewertet. Aus der Rechtsprechung des BGH seien exemplarisch genannt:

  • BGH-Entscheidung zur Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht bei juristischen Personen
  • BGH-Entscheidung zur Aufgabe der „qualifizierten Konnexität“ im Beweisantragsrecht
  • BGH-Entscheidung zu hauptverhandlungsübergreifenden Wirkungen einer Verständigung.

Insbesondere ist aber die Einarbeitung der wichtigen Encrochat-Daten-BGH-Entscheidung vom 02. März 2022 zu erwähnen, wodurch die Aktualität dieses Kurz-Kommentars kaum zu überbieten sein dürfte.

Aus der Judikatur des BVerfG ist auf den Beschluss zur Unzulässigkeit konkludenter Absprachen im Strafverfahren hinzuweisen, aus der des EGMR auf die Urteile zur Befangenheit von Richtern durch Vorbefassung im Verfahren gegen Mittäter sowie zu den Rechtsfolgen konventionswidriger Tatprovokation.

In der Gesamtschau ist der Kommentar auch weiterhin unentbehrlich für alle, die mit dem Strafprozessrecht zu tun haben.

Meyer-Goßner/Schmitt – Strafprozessordnung, 65. Auflage, Beck-Verlag, München 2022, 2.758 Seiten, 105,00 €.

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