Rezension

Patzak/Bohnen – Betäubungsmittelrecht – erschienen in 5. Auflage

Das Betäubungsmittelstrafrecht stellt eines der bedeutendsten Gebiete des Nebenstrafrechts dar. Die Anzahl der Rauschgiftdelikte steigt seit 2011 kontinuierlich. Die Strafverfolgungsbehörden haben zwischen Einfuhr, Handel und Konsum andauernd mit dieser besonderen Materie zu tun, weshalb sehr gute Kenntnisse im Drogenstrafrecht bzw. Betäubungsmittelstrafrecht unverzichtbare Voraussetzung für jeden Juristen, der sich in der Praxis mit dem Thema Betäubungsmittelstrafrecht näher auseinandersetzen muss, sind. Das Buch „Betäubungsmittelrecht“ von Dr. Jörn Patzak, leitender Regierungsdirektor, Leiter der Justizvollzugsanstalt Wittlich und Lehrbeauftragter an der Universität Trier, sowie von Dr. Wolfgang Bohnen, Oberstaatsanwalt in Trier, bietet hierfür einen vernünftigen Einstieg.

Nach der Darstellung der gängigsten Betäubungsmittel wie Cannabis, Heroin, Kokain, Crack, Amphetamin, Methamphetamin, Ecstasy, LSD, Psilocybin, „Liquid Ecstasy“, „K.O.-Tropfen“ und neue psychoaktive Stoffe (sog. „Legal Highs“), in der insbesondere auf die Herstellung, Wirkungen, Rechtslage und Geschichte näher eingegangen wird, wird sich mit dem materiellen Betäubungsmittelstrafrecht detailliert auseinandergesetzt. Die beiden Autoren befassen sich eingehend mit den verschiedenen Mengen des BtMG und wichtigsten Tatbestandsalternativen der §§ 29 ff. BtMG sowie mit dem Absehen von Strafverfolgung gemäß § 31a BtMG und dem Absehen von Strafe gemäß § 29 Abs. 5 BtMG. In den darauffolgenden Kapiteln wird auf das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) und Drogen im Straßenverkehr eingegangen. Anschließend werden die Rechtsfolgen der Tat (Strafzumessung) und Therapie statt Strafe sowie prozessuale Fragen im Strafverfahren wegen Betäubungsmitteln behandelt.

Das Werk brilliert durch leicht verständliche, unkomplizierte Sprache, Bilder, Schaubilder, Zusammenfassungen sowie Lernkontrollfragen, mit denen eine übersichtliche Selbstkontrolle über erlernte Inhalte ermöglicht werden soll und 92 Fallbeispiele inklusive Lösungen. Hierdurch werden die theoretisch abgehandelten Konstellationen griffig gemacht. Ein kleines, etwas lustiges „ABC des Drogen-Jargons“ komplettiert das Buch.

Besonders hervorzuheben sind auch die von den Autoren eingestreuten, grau unterlegten Merksätze sowie Erfahrungsberichte, die das gesamte Werk auflockern, für eine hohe Praxistauglichkeit sorgen und den hervorragenden Gesamteindruck dieses Buches abrunden.  

Abbildung von Patzak / Bohnen | Betäubungsmittelrecht | 5. Auflage | 2022 | beck-shop.de

In der 5. Auflage wurden zahlreiche Gesetzesänderungen eingearbeitet, um den neuen Entwicklungen angemessen Rechnung zu tragen. Zu nennen sind hier beispielsweise:

  • Gesetz zur Änderung des StGB mit Einführung einer Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet
  • Gesetz zur Verbesserung der Strafverfolgung hinsichtlich des Handels mit inkriminierten Gütern unter Nutzung von Postdienstleistern

Auch wurden mehrere BtMÄndVO und NpSGÄndVO sowie neueste Rechtsprechung und Literatur zu der Entwicklung der Wirkstoffgehalte bei Cannabisprodukten, zu Nutzhanf oder zu den Konkurrenzen beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln berücksichtigt. Des Weiteren wurden zahlreiche Änderungen der StPO, soweit sie im vorliegenden Rahmen relevant sind, eingearbeitet und das Buch um das neue Recht zur notwendigen Verteidigung erweitert.

Dieses Buch richtet sich an alle, die sich erstmals mit dem Betäubungsmittelrecht befassen, etwa Referendare, Berufsanfänger und Neueinsteiger auf diesem Gebiet, sei es als Verteidiger, Staatsanwalt oder Strafrichter. Überdies können sowohl interessierte Studierende sowie in diesem Bereich tätige Nichtjuristen, insbesondere Polizeibeamte und Suchtberater, einen Überblick über die besondere Materie erlangen. Der angenehm niedrige Preis von 35,00 € ist ein zusätzliches Kaufargument.

Betäubungsmittelrecht, 5. Auflage, Beck-Verlag, München 2022, 285 Seiten, 35,00 €.

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Meyer-Goßner/Schmitt – 65. Auflage: Ein „Must-have“ für alle im Strafrecht tätigen Juristen

Genau ein Jahr nach der letzten Ausgabe ist mit Stand März 2022 die seit langem jährliche Neuauflage des nun hauptsächlich von Bertram Schmitt, Richter am IStGH sowie BGH, und unter Mitarbeit von Marcus Köhler, Richter am BGH, betreuten Beck’schen Kurzkommentars zur StPO erschienen.

Der nunmehr in der 65. Auflage vorliegende Kurz-Kommentar, der allen Juristen, Referendaren und Studierenden ein Begriff sein dürfte, ist das Standardwerk zur Strafprozessordnung und in der juristischen Ausbildung ein zuverlässiger sowie unverzichtbarer Wegbegleiter. Es gibt keinen besseren Kurz-Kommentar zur StPO. Die Erläuterungen sind wie gewohnt strikt praxisorientiert und auf das Wesentliche ausgerichtet, wodurch die rasche Klärung einer kritischen Rechtslage im Ermittlungsverfahren oder im Gerichtssaal möglich ist.

Die Kommentierung der einzelnen Normen ist so dargestellt, wie man es von den älteren Vorgängern kennt. Auf den fettgedruckten Gesetzestext der jeweiligen Vorschrift folgt eine Inhaltsübersicht, einschließlich der jeweiligen Randnummern. Ein moderat eingesetzter Fettdruck lässt relevante Schlüsselwörter und Jahreszahlen gerichtlicher Entscheidungen schneller finden, sodass man zielorientiert zu den für die jeweilige Akte oder Klausur relevanten Erklärungen gelangt.

Bemerkenswert ist insbesondere die Ausgewogenheit und Objektivität der Ausführungen, die zwar das Hauptaugenmerk auf die Praxis legen, wichtige in der Literatur vertretene Meinungen allerdings nicht außer Acht lassen.

Die vorliegende Auflage berücksichtigt unter anderem:

  • Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft vom 30. März 2021 an die Vorgaben aus der Entscheidung des BVerfG vom 27. Mai 2020
  • Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16. Juni 2021
  • Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021
  • Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit vom 21. Dezember 2021.

Daneben wurden zahlreiche für das Strafverfahren grundsätzliche Entscheidungen des BGH, aber auch des BVerfG, des EGMR und des EuGH aufgenommen sowie die neueste Literatur umfassend ausgewertet. Aus der Rechtsprechung des BGH seien exemplarisch genannt:

  • BGH-Entscheidung zur Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht bei juristischen Personen
  • BGH-Entscheidung zur Aufgabe der „qualifizierten Konnexität“ im Beweisantragsrecht
  • BGH-Entscheidung zu hauptverhandlungsübergreifenden Wirkungen einer Verständigung.

Insbesondere ist aber die Einarbeitung der wichtigen Encrochat-Daten-BGH-Entscheidung vom 02. März 2022 zu erwähnen, wodurch die Aktualität dieses Kurz-Kommentars kaum zu überbieten sein dürfte.

Aus der Judikatur des BVerfG ist auf den Beschluss zur Unzulässigkeit konkludenter Absprachen im Strafverfahren hinzuweisen, aus der des EGMR auf die Urteile zur Befangenheit von Richtern durch Vorbefassung im Verfahren gegen Mittäter sowie zu den Rechtsfolgen konventionswidriger Tatprovokation.

In der Gesamtschau ist der Kommentar auch weiterhin unentbehrlich für alle, die mit dem Strafprozessrecht zu tun haben.

Meyer-Goßner/Schmitt – Strafprozessordnung, 65. Auflage, Beck-Verlag, München 2022, 2.758 Seiten, 105,00 €.

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Pelz/Grotebrune – Strafrecht in Krise und Insolvenz – in 3. Auflage erschienen

Das bekannte Werk „Strafrecht in Krise und Insolvenz“, das juristisches und betriebswirtschaftliches Wissen vereint, ist nun bereits in der 3. Auflage erschienen. Verfasser sind Prof. Dr. Christian Pelz, Fachanwalt für Strafrecht und Steuerrecht und Berater für Unternehmen in Compliance-Angelegenheiten, und Dr. Björn Grotebrune, Rechtsanwalt im Bereich des Insolvenzstrafrechts und des Gesellschaftsrechts.

Die Bedeutung des Insolvenzstrafrechts nimmt in der täglichen Arbeit der Strafverteidigung seit Jahren stetig zu. Es ereigneten sich viele spektakuläre Unternehmenszusammenbrüche, aber auch ganz kleine, meist traurige Insolvenzen. Die Unternehmensinsolvenzen werden alle von der Staatsanwaltschaft überprüft, bei einem entsprechenden Tatverdacht werden strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet und es kann zu einer strafrechtlichen Verurteilung kommen. Dementsprechend muss die Verteidigung bestens gewappnet sein. Das Werk „Strafrecht in Krise und Insolvenz“ stellt hierfür einen treuen und hilfsbereiten Begleiter dar.

Der Band beleuchtet die wesentlichen Straftatbestände des Insolvenzstrafrechts, erklärt das Insolvenzstrafverfahren und zeigt Verfahrensstrategien auf. Zudem werden behandelt:

  • Strafrechtliche Risiken der beruflich mit Insolvenzen befassten Personen
  • Typische strafrechtlich kritische Situationen im Vorfeld der Insolvenz
  • Erklärung wichtiger betriebswirtschaftlicher und insolvenzrechtlicher Fachbegriffe.

Überdies werden auch solche Straftatbestände erörtert, die nicht zum Insolvenzstrafrecht im engeren Sinne gehören, typischerweise aber anlässlich der Insolvenz auftreten, wie etwa Bankrottdelikte gemäß § 283 StGB oder Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB.

In der Neuauflage werden die Änderungen durch das Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz berücksichtigt, das insbesondere darauf abzielte, die Insolvenzantragspflichten für Unternehmen, die aufgrund wirtschaftlicher Belastungen im Zuge der Covid-19-Pandemie in eine Krise geraten sind, befristet (ganz oder teilweise) auszusetzen. Die Befristung wurde sodann mehrfach verlängert, dies jedoch nur eingeschränkt und unter weiteren Voraussetzungen. Des Weiteren wurden auch das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) sowie das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) umfassend eingearbeitet.

Hervorzuheben ist, dass das Werk eine kommentarähnliche Erörterung wichtiger Straftatbestände (§§ 283, 283a, 283b, 283c, 283d und 266a, 263 StGB etc.) und eine lehrbuchartige Abhandlung der Grundlagen des Insolvenz- und Insolvenzstrafrechts sowie weiterer Einzelthemen kombiniert. Das Inhaltsverzeichnis sowie das auf Randnummern verweisende Stichwortverzeichnis erleichtern das Finden bestimmter Erklärungen ungemein. Auch das Verwenden prägnanter Schrift sowie Übersichten und Schaubilder trägt zur Übersichtlichkeit bei. Darüber hinaus werden in den Fußnoten regelmäßig weiterführende Hinweise auf einschlägige Rechtsprechung, Kommentarliteratur oder Zeitschriftenbeiträge gegeben.

Die 3. Auflage ist eine Bereicherung für die insolvenz- und insolvenzstrafrechtliche Literatur.

Der Band kann insbesondere Strafverteidigern, Unternehmenssyndizi und Insolvenzverwaltern, aber auch Strafverfolgungsbehörden und der Richterschaft wärmstens empfohlen werden.

Der Ladenpreis in Höhe von 69,00 € ist angemessen, das Geld hervorragend und weitsichtig angelegt.

Pelz, Christian/Grotebrune, Björn – Strafrecht in Krise und Insolvenz, 3. Auflage, Beck-Verlag, München 2022, 348 Seiten, 69,00 €.

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Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 5 (§§ 263-297) – in 4. Auflage erschienen

Zum Strafgesetzbuch gibt es inzwischen zahlreiche Kommentierungen – und trotzdem greifen die meisten Juristen in der Praxis zum „MüKo“. Schließlich erläutert der Münchener Kommentar zum StGB in sechs Bänden nicht nur ausführlich das materielle Strafrecht, sondern auch in drei weiteren Bänden relevante Vorschriften des Nebenstrafrechts.

Im Jahr 2022 ist nun auch der 5. Band in der 4. Auflage erschienen. Der Verlag hat sich entschieden, den ehemaligen 5. Band in zwei Bände zu teilen, um diesen leserfreundlicher und handlicher zu gestalten. Schließlich hat bereits dieser Band stolze 1.484 Seiten.

Der hier vorgelegte neue Band 5 bietet eine ausführliche Kommentierung der Vorschriften §§ 263-297 StGB. Er beinhaltet also zahlreiche Delikte, die sowohl in der juristischen Ausbildung als auch in der Praxis überaus wichtig sind: Betrug und Untreue, Urkundenfälschung sowie Insolvenzstraftaten.

In der 4. Auflage wird erneut die gesamte Kommentierung umfassend aktualisiert, neue Fragestellungen (beispielsweise zum Thema „Covid“ und „Diesel“) werden in umfangreichen Kommentierungen erläutert. Insbesondere wird die Interims-Rechtslage bis zum 23. November 2021 im Hinblick auf die Fälschung von Impfausweisen, die wohl einige Gerichte in der Zukunft beschäftigen wird, umfassend dargestellt. Die Kommentierung des § 277 StGB – Fälschung von Gesundheitszeugnissen – greift die aktuellen Entwicklungen wunderbar und klar verständlich auf.

Die in diesem Band vereinten Strafvorschriften sind in einer Weise aufgearbeitet, die einerseits für die Praxis ein Gewinn ist und andererseits die wissenschaftliche Auseinandersetzung fördert. Durch neu hinzugekommene (Mit-)Autoren – Professor Christian Becker, Erster Staatsanwalt Holger Hofmann, Richter am Landgericht Dr. Matthias Noll sowie Oberstaatsanwalt Kai Sackreuther – wurden auch bislang nicht aufgegriffene Akzente gesetzt und die Kommentierungen auf den Prüfstand gestellt.

Die Kommentierungen enthalten Erläuterungen in wissenschaftlicher Tiefe. So wird beispielsweise beim § 266 StGB ausführlich auf den Streit um die Tatbestandsstruktur mit den insgesamt vier noch dazu vertretenen Ansichten eingegangen. Zudem werden die beiden in § 266 StGB enthaltenen Tatbestände: der Missbrauchstatbestand (Alt. 1) und der Treuebruchtatbestand (Alt. 2) detailliert und im Hinblick auf den aktuellen Stand der Rechtsprechung erläutert. Vor allem aber ist der Teil IV, der besondere Fallkonstellationen wie zum Beispiel Risikogeschäfte, Schwarze Kassen, Parteispendenverfahren, Haushaltsuntreue, Sponsoring und Kick-Back-Zahlungen behandelt, äußerst interessant.

Obwohl die Kommentierungen sehr umfangreich sind – die Kommentierung des § 263 StGB zieht sich zum Beispiel über 400 Druckseiten – gelingt die Orientierung im Text wunderbar. Wie bei allen anderen Bänden des Münchener Kommentars zum StGB erfolgt die Kommentierung der Normen einheitlich. Bei jeder Strafvorschrift wird anfangs das umfassende Schrifttum dargestellt. Danach folgt ein Inhaltsverzeichnis inklusive Randnummern, welches der Gliederung im Text entspricht und das Finden bestimmter Erklärungen ungemein erleichtert. Überdies werden in den Fußnoten regelmäßig weiterführende Hinweise auf einschlägige Rechtsprechung, Strafrechtslehrbücher, Kommentarliteratur oder Zeitschriftenbeiträge gegeben.

Im Ergebnis ist die 4. Auflage des 5. Bandes des Münchener Kommentars zum StGB eine Bereicherung für die Kommentarliteratur und bestätigt – wie seine Vorgänger auch – den hohen Standard dieser Kommentarreihe.

Der Preis des 5. Bandes mag mit 339,00 € recht hoch sein. Wer mit Strafrecht allerdings intensiv zu tun hat, wird diesen Kommentar, der die oben erwähnten Delikte – wie gewohnt – erstklassig und in extenso erläutert, nicht missen wollen.

Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch – Band 5 (§§ 263-297), 4. Auflage, Beck Verlag, München 2022, 1.484 Seiten, 339,00 €.

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Michalke, Reinhart – Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen – 2. Auflage: Für die effektive Strafverteidigung

Das Werk „Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen“, begründet von den Strafverteidigern RA Werner Leitner und RA Reinhart Michalke, ist im Jahre 2022 bereits in der 2. Auflage erschienen.

Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen spielen bekanntlich in der Praxis der Verteidigung eine bedeutende Rolle. Zwangsmaßnahmen sind häufig der erste Moment, an dem der Mandant davon erfährt, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren geführt wird, und sodann sorgenvoll den Verteidiger aufsucht.

Das vorliegende Werk schafft es auf insgesamt nur 221 Seiten zahlreiche wertvolle Hinweise zu strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere zu folgenden – beispielhaft aufgezählten – Bereichen:

  • Überwachung der Telekommunikation, akustische und technische Überwachung („Quellen-TKÜ“ und „Online-Durchsuchung“)
  • Rasterfahndung, verdeckte Ermittler, Ausschreibung zur Beobachtung, längerfristige Observation
  • Vorläufige Festnahme, U-Haft, einstweilige Unterbringung
  • Durchsuchung und Beschlagnahme
  • Erkennungsdienstliche Behandlung, Blutprobe, molekulargenetische Untersuchung, DNA-Identifizierung
  • Verteidigungsansätze und Beweisverwertungsverbote

vor allem für Strafverteidiger zu liefern.

Der Aufbau in Form einer Zweigliederung in:

  • 1. Teil: heimliche Zwangsmaßnahmen
    • A. Überwachung der Telekommunikation
    • B. Überwachung von Personen durch technische Mittel
    • C. Überwachung von Personen durch Personen
  • 2. Teil: offene Zwangsmaßnahmen
    • A. Maßnahmen gegen die persönliche Freiheit
    • B. Durchsuchung und Beschlagnahme
    • C. Die Person als Beweismittel

trägt zur Übersichtlichkeit der mannigfachen Ermittlungsmaßnahmen bei.

Hervorzuheben ist, dass das Werk nicht nur gut verständlich die jeweiligen rechtlichen Voraussetzungen erläutert, sondern dem Leser auch Antworten auf praktische Fragen liefert, indem am Ende der Kapitel auf die Verteidigung bei der jeweiligen strafprozessualen Zwangsmaßnahme näher eingegangen wird. Hierbei stehen vor allem einschlägige Rechtsbehelfe, Verwertungsfragen und Praxishinweise im Vordergrund.

Darüber hinaus helfen die im Anhang des Exemplars angegebenen konkreten und wertvollen Verhaltensempfehlungen bei Durchsuchung und Beschlagnahme der Verteidigerin und dem Verteidiger bei der erfolgreichen Mandatsbearbeitung.

Aufgrund der auf die wesentlichen Punkte konzentrierten theoretischen Abhandlung der strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen einerseits und der wertvollen Praxistipps andererseits sind „Lehrbuch“ und „Handbuch“ in einem Buch vereint.

Für einen ersten Überblick und Einblick in das System der strafprozessualen Zwangsmaßnahmen ist das Exemplar für Strafverteidiger, für Studierende und noch mehr für Referendare mit besonderem Interesse an der Strafverteidigung hervorragend geeignet. Aber auch Ermittler, Staatsanwälte und Richter können vom Inhalt des Werkes profitieren.

Der Ladenpreis in Höhe von 49,00 € erscheint vor diesem Hintergrund angemessen.

Michalke, Reinhart – Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen, 2. Auflage, Beck-Verlag, München 2022, 221 Seiten, 49,00 €.

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Das Nachschlagewerk zum StGB – Fischer StGB in 69. Auflage erschienen

Eingearbeitet wurden 13 Änderungsgesetze mit 8 neu eingefügten Vorschriften. Besonders hervorzuheben sind:

  • Die Neufassungen des § 261 zur Geldwäsche sowie des § 238 zur Nachstellung
  • Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität
  • Gesetz zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten
  • Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder

Daneben wurden ca. 400 Entscheidungen vor allem des BGH, aber auch von OLGen und des BVerfG umfassend berücksichtigt. Auch die Einarbeitung der Zeitschriften-Literatur, Beiträge in Festschriften, Monografien und anderen Kommentarwerke kommt nicht zu kurz.

Die einzelnen Vorschriften werden zunächst fett abgedruckt und sodann mit einer kurzen und prägnanten Inhaltsübersicht sowie Hinweisen zur (jüngeren) Entstehungsgeschichten unter dem Gliederungspunkt „Allgemeines“ versehen.

Der Kommentar bildet aufgrund seiner Informationsfülle, Präzision und Aktualität ein unentbehrliches Arbeitsmittel für alle am Strafverfahren Beteiligten.

Und auch die Referendare können sich wieder einmal freuen: Der renommierte Kommentar ist in allen Bundesländern zur Zweiten Juristischen Staatsprüfung zugelassen.

Wer wissen will, was im Strafrecht aktuell zu wissen ist, kommt als Verteidiger, Staatsanwalt, Richter, Referendar oder Studierender an diesem Kommentar nicht vorbei. Der nach wie vor zweistellige Preis ist angemessen. Das Geld gut angelegt.

Thomas Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, Kommentar, 69. Auflage, Beck Verlag, München 2022, 2.912 Seiten, 99,00 €.

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Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren (9. Auflage) und Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung (10. Auflage)

Das Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ist bereits in der 9. Auflage, das Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung bereits in der 10. Auflage erschienen, hauptsächlich betreut vom Herausgeber Detlef Burhoff, Rechtsanwalt und außer Dienst befindlicher Richter am Oberlandesgericht Leer/Augsburg. Detlef Burhoff wurde tatkräftig von einem weiteren Richter, einer Fachanwältin und zwei Fachanwälten für Strafrecht unterstützt, die für Qualität und Aktualität der neuen Auflagen stehen.

Zunächst ist für beide Exemplare festzuhalten, dass sie bereits mit ihrem äußeren Erscheinungsbild glänzen: Hardcover, zwei verschieden farbige Lesebändchen, weißes Dünndruckpapier sowie eine durchdachte inhaltliche Darstellung mit unterschiedlichen Schriftgrößen und grau unterlegten Textpassagen.

Auch der Aufbau der beiden Handbücher nach alphabetisch sortierten Schlagwörtern sticht ins Auge. Zwar mag dies zunächst ungewöhnlich erscheinen. Allerdings ist ein solch sachlicher Aufbau wertzuschätzen. Es können in der Regel alle mit dem jeweiligen Stichwort zusammenhängenden Fragen und Probleme geschlossen dargestellt werden. Damit kann sekundenschnell auf die Themen zugegriffen und schnellstmöglich eine Antwort gefunden werden. Für alle Fälle steht dem Leser jedoch auch ein umfangreiches Stichwortverzeichnis zur Verfügung.

Zudem folgen nach dem jeweiligen Vorwort Hinweise zur Benutzung des Handbuchs, welche unbedingt beachtet werden müssen, um größtmöglich von der Lektüre zu profitieren.

Nach dem jeweiligen im Inhaltsverzeichnis aufgeführten Schlagwort wird zunächst eine Zusammenfassung „Das Wichtigste in Kürze“ in einem schwarz umrahmten Kasten dargestellt. Danach werden ausführliche Literaturhinweise gesammelt angegeben. In der darauffolgenden ausführlichen Erläuterung des Themas erfolgt eine Hervorhebung der relevanten Stichwörter, sodass man gut den Überblick behält und das Lesen erleichtert wird. Zudem ist besonders hervorzuheben, dass sich in vielen Abschnitten spezielle Hinweise für den Verteidiger und auch Mustertexte befinden, auf die der Verteidiger bei seiner täglichen Arbeit dankbar zurückgreifen kann. Dabei ist besonders hilfreich, dass der Download dieser Mustertexte möglich ist, sodass diese schnell und einfach in die Schriftsätze miteingearbeitet werden können.

Im Einzelnen ist zu den beiden Bänden festzuhalten:

1. Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren

Der umfangreichere der beiden Bände (mit insgesamt 1.896 Seiten) behandelt das erste Stadium des Strafverfahrens. Das Ermittlungsverfahren, welchem teilweise zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, hat in der Praxis einen erheblichen Einfluss auf den Strafprozess. Schließlich wird der Strafprozess für den Mandanten in vielen Fällen nicht erst in dem an das Ermittlungsverfahren anschließenden Hauptverfahren entschieden.

In der Neuauflage dieses Handbuchs wurden alle Stichwörter aktualisiert und zum Teil wesentlich erweitert. Das war vor allem im Hinblick auf in Kraft getretene gesetzliche Neuregelungen erforderlich. Insbesondere das „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“ vom 10. Dezember 2019, das „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung“ vom 10. Dezember 2019 und das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ vom 25. Juni 2021 waren Grund für viele Aktualisierungen. Zudem ist noch das „Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren“ vom 9. Dezember 2019, das die die sog. Kinderrechte-Richtlinie EU/2016/800 umsetzt, zu erwähnen. Diese haben die StPO an zahlreichen Stellen geändert und daher auch im Handbuch zu Änderungen bzw. neuen Stichwörtern geführt.

So hat das „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung“ eine vollständige Überarbeitung des Rechts der Pflichtverteidigung erforderlich gemacht.

Neue Stichwörter wurden durch das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ eingeführt, beispielsweise „Automatische Kennzeichenerfassung“, „Beschlagnahme, Zurückstellung der Benachrichtigung/heimliche Beschlagnahme“ und „Durchsuchung, Durchsuchung zur Nachtzeit“.

Darüber hinaus wurde die seit der 8. Auflage veröffentlichte Rechtsprechung (rund 700! neue Entscheidungen) umfassend und sorgfältig eingearbeitet, wodurch die Aktualität dieses Werks kaum zu übertreffen ist.

2. Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung

Dieser Band (mit insgesamt 1.432 Seiten) ist der strafrechtlichen Hauptverhandlung gewidmet, die nach deutschem Strafrecht der Kernbestandteil jedes Strafverfahrens ist. Als Strafverteidiger muss man schnell und insbesondere auch richtig auf die von dem Gericht gegebenen Hinweise und von der Staatsanwaltschaft gestellten Anträge reagieren, um die Verfahrensinteressen des Angeklagten zu wahren und zu einem gerechten Urteil zu gelangen. Umfassende Kenntnisse über das strafrechtliche Hauptverfahren für eine erfolgreiche Strafverteidigung sind daher unabdingbar.

Auch in dieser Neuauflage kam es zu Aktualisierungen und wesentlichen Erweiterungen der Stichwörter, wobei insbesondere das „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“ vom 10. Dezember 2019, das „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung“ vom 10. Dezember 2019, das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ vom 25. Juni 2021 und das „Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren“ vom 9. Dezember 2019 einen erheblichen Einfluss hatten.

Zudem wurde hier ebenfalls ein ganz besonderes Augenmerk auf die Auswertung und Einarbeitung der neuesten Rechtsprechung (rund 600! neue Entscheidungen) gelegt.

Begrüßenswert ist, dass in dem zweiten Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung die grundlegenden Ausführungen zu den Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen, insbesondere zur Berufung und Revision, trotz eines dritten Handbuchs für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe, weiterhin in dem zweiten Handbuch aufzufinden sind. Denn auch eine elementare Darstellung der Berufung und Revision ist besonders hilfreich in der Praxis.

Obwohl beide Handbücher primär für den Strafverteidiger, unabhängig von seiner im Berufsleben gesammelten Erfahrungen, in allen Lagen des Ermittlungsverfahrens und Hauptverfahrens praktische und zugleich unverzichtbare Arbeitshilfen darstellen, werden sowohl Richter als auch Staatsanwälte zuverlässige Lösungen bezüglich in der Praxis auftretenden Probleme finden.

Das Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung ergänzt das Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wunderbar. Aufgrund der Prägnanz, systematischen Durchdringung des Stoffs, hervorragenden Darstellung aller Themen und des angemessenen Preises (beide Bände für insgesamt 248,00 €) wird eine Kaufempfehlung für beide Exemplare ausgesprochen.

Burhoff, Detlef (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 9. Auflage, ZAP Verlag, Bonn 2022, 129,00 €.

Burhoff, Detlef (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 10. Auflage, ZAP Verlag, Bonn 2022, 119,00 €.

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Ingo Lenßen schreibt ein Buch (und es ist gar nicht mal schlecht).

Ich muss Abbitte leisten. Zu Beginn meines Studiums schrieb ich einen lustigen Song über einen angetüterten Jungen aus dem Bildungsbürgertum, der sich in ein einfältiges Mädchen verguckt, weil es so große Brüste hat. Ich weiß, ich weiß. es waren andere Zeiten.

Du hast noch nie von Vargas Llosa gehört,

suchst Lenßen & Partner in den gelben Seiten.

Du nutzt ICQ und MySpace,

Jungs vom „Gymmi“ kannst du nicht leiden.

Doch das macht mir heute gar nichts.

Baby, heute ist dein Tag.

Denn ich hab was im Tee und du Körbchengröße C

Wer hätte damals ahnen können, dass Ingo Lenßen ein echter Rechtsanwalt und nicht nur eine TV-Rolle ist? Ich mach jetzt auf mea culpa: Ingo Lenßen ist ein echter Rechtsanwalt, den man damals voraussichtlich ohne Schwierigkeiten in den Gelben Seiten gefunden hätte. Und er hat ein Buch geschrieben, auf das es sich lohnt hinzuweisen.

„Der Knast Guide für Verurteilte, Angehörige und Interessierte“ heißt der schmissige Titel, der mir schon deshalb so gut gefällt, weil das Buch ausnahmsweise einmal nicht damit wirbt, für Verteidiger, Richter, Staatsanwälte, Journalisten, Politiker, Beschuldigte, den Milchmann und die hübsche Frau aus dem McDonald’s in der Skalitzer Straße zu sein – also für niemanden so richtig.

Ich finde, es ist ein für die Zielgruppe schönes Buch geworden, das sein Ziel, Ängste vor dem Strafvollzug durch konkrete Informationen über den Alltag von Gefangenen in deutschen Gefängnissen abzubauen, erreichen dürfte.

Das Buch klärt über Rechte der Gefangenen auf, beschreibt den Haftalltag, schildert, wie es um die Zellenausstattung, Kleidung, Essen, Besuche, Telekommunikation, Arbeit und Geld steht und zeigt auch, bei welchen Problemen man besser einen Rechtsanwalt hinzuziehen sollte. Auch spezifische Probleme und Personen im Knastalltag (Drogen, Menschen aus fremden Kulturkreisen, Frauen, Jugendliche, Alte usw.) werden nicht ausgespart. Das ist alles verdienstvoll und nützlich.

Freilich sind dies immer nur generelle Aussagen, die konkrete Ausgestaltung hängt im föderalen Deutschland stark vom Ort der Strafvollstreckung ab und erstaunlich oft auch von der jeweiligen Anstalt (und der Strafvollstreckungskammer..).

Lustiger Kokolores ist indes der Versuch, an vielen Stellen Knast-Jargon zu vermitteln. Vielleicht geschieht dies, weil die Autoren beweisen wollen, wie nah sie am Ohr der inhaftierten Mandanten sind. Ich verteidige selbst nicht in Vollstreckung und Vollzug, habe aber natürlich regelmäßig Mandanten in Untersuchungshaft und vor einigen Jahren im Referendariat drei Monate in einer Justizvollzugsanstalt gearbeitet. Aber von den vielen Worten, die Inhaftierte angeblich verwenden, habe ich kaum eines im Kontext der JVA je gehört.

Noch nie hat jemand den Staatsanwalt „Oberverdachtsschöpfer“ oder gar „Musiklehrer“ genannt, sich selbst „Student der Knastologie“, den Justizvollzugsbeamten „Schlüsselanhänger oder gerichtliche Schreiben „Fanpost“. Noch nie. Das kam mir beim Lesen ähnlich vor wie damals mit 14, wenn man ein aktuelles Lexikon der Jugendsprache aufschlug und sich wunderte, wie die erwachsenen Autoren auf so einen Quatsch kamen.

Alles in allem aber ein schönes, kompaktes Buch für die angesprochene Zielgruppe in schwierigen Zeiten zum Preis eines gewöhnlichen Abendessens mit Getränk in der Torstraße.

Ingo Lenßen, Robert Scheel: Der Knast-Guide für Verurteilte, Angehörige und Interessierte, 134 Seiten, Beck, München 2022, 19,90 €.

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Münchner Anwaltshandbuch Strafverteidigung 3. Auflage

Das Münchner Anwaltshandbuch Strafverteidigung, begründet von Prof. Dr. Gunter Widmaier und herausgegeben von den Strafverteidigern Prof. Dr. Eckhart Müller, Prof. Dr. Reinhold Schlothauer und Prof. Dr. Christoph Knauer, ist im Jahre 2022 nun bereits in der 3. Auflage erschienen.

Schon beim ersten Durchblättern stellt sich dieses Handbuch als ein herausragendes Werk dar: 13 Teilbereiche werden in insgesamt 83 Paragrafen auf 3.147 Seiten von über 90 erfahrenen und spezialisierten Mitautorinnen und -autoren behandelt.

Die 13 Teilbereiche sind dabei wie folgt gegliedert:

  • Allgemeine Grundlagen der Strafverteidigung
  • Verteidigung in den einzelnen Abschnitten des Strafverfahrens
  • Instanzübergreifende Aufgabenstellungen
  • Verteidigungsaufgaben nach Rechtskraft des Urteils
  • Kontrolle des Strafverfahrens durch BVerfG und EGMR
  • Außerstrafrechtliche Folgen des Strafverfahrens
  • Spezifisches Berufswissen
  • Risiken der Strafverteidigung
  • Finanzielle und steuerliche Aspekte der Strafverteidigung
  • Spezialgebiete der Strafverteidigung
  • Zeugen und Verletztenbeteiligung
  • Verteidigung und Sachverständigenbeweis
  • Allgemeine Kriminalistik

Dieses Handbuch bietet somit vielfältige rechtliche und taktische Hinweise in allen Verfahrensstadien. Es umfasst nicht nur das materielle und prozessuale Strafrecht, sondern auch zahlreiche weitere Beiträge zur Verteidigertätigkeit, zu Kriminalistik und Kriminaltechnik.

Seit Erscheinen der 2. Auflage im Jahre 2014 ist der Gesetzgeber nicht untätig geblieben. Ganz im Gegenteil: Es gab zahlreiche vielfältige strafrechtliche Gesetzesänderungen.

Die bisherigen Beiträge wurden überarbeitet und die jüngsten Reformen (insbesondere zum StGB, zur StPO und BRAO) eingearbeitet, wodurch das Inhaltsverzeichnis teilweise gestrafft und teilweise um neue, aktuelle Beiträge erweitert wurde, so um „Verwertungsverbote“ in § 24.

Neben einer grundlegenden Bearbeitung des Handbuchs sorgen auch zahlreiche neue Autorinnen und Autoren für frische Impulse.

Zudem wurde die einschlägige Rechtsprechung bis Juni 2021 in diesem Werk berücksichtigt.

Die Kommentierung ist äußerst aktuell, umfassend und detailliert. Trotz des großen Umfangs  ist dieses Werk klar strukturiert, praxisorientiert und sprachlich wunderbar gelungen. Aufgrund des Randnummernsystems kann man sich mühelos orientieren. Das Exemplar imponiert mit seinen zahlreichen Formulierungsvorschlägen, Checklisten und Praxistipps, die deutlich grafisch abgesetzt sind, wodurch sich der Leser schnell zurechtfindet.

Das Handbuch ist von Praktikern für Praktiker geschrieben und will hilfreiche Antworten auf die in der täglichen Arbeit häufig aufkommenden sowie seltenen und unvorhersehbaren Probleme geben.

Auch wenn dieses Werk sich grundsätzlich primär an jeden Rechtsanwalt, der auf dem Gebiet des Strafrechts tätig ist, richtet, lohnt sich eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Handbuch auch für Strafrichter, Staatsanwälte, Studierende der Rechtswissenschaften, Rechtsreferendare, Sachverständige und Polizeibeamte.

Aufgrund der vorgenannten Aspekte und der praxisnahen Aufbereitung dieses Exemplars sprechen wir eine klare Kaufempfehlung aus.

Münchner Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 3. Auflage, Beck-Verlag, München 2022, 3.147 Seiten, 239,00 €.

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Münchener Kommentar Strafgesetzbuch – Band 7 – Nebenstrafrecht I, JGG in 4. Auflage erschienen

Der Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch ist bekanntlich eines der wichtigsten Handwerkszeuge der Strafrechtler. Er vereint auf ca. zweieinhalb tausend Seite je Band vertiefte Informationen, die aktuelle Rechtsprechung und die dazugehörige aktuelle Literatur. Mithilfe seiner klaren Gliederung und der systematischen Durchdringung des Stoffs ist es möglich, auch auf die schwierigsten Fragen eine vernünftige Antwort zu finden.

Wie bei Großkommentaren üblich werden die einzelnen Bände nicht gleichzeitig, sondern sukzessive aktualisiert. Der 7. Band (in der Vorauflage Band 6) ist nun unter der Bandredaktion von Professor Marco Mansdörfer neu in vierter Auflage erschienen. Er erläutert zahlreiche in der Praxis besonders relevante Nebenstrafrechtsgebiete. Konkret sind Kommentierungen zu folgenden Gesetzen enthalten:

  • Arzneimittelgesetz (AMG)
  • Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG)
  • Betäubungsmittelgesetz (BtMG)
  • Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV)
  • Grundstoffüberwachungsverordnung (GÜG)
  • Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG)
  • Transplantationsgesetz (TPG)
  • Transfusionsgesetz (TFG)
  • Gentechnikgesetz (GenTG)
  • Tierschutzgesetz (TierSchG)
  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  • Vereinsgesetz
  • Versammlungsgesetz
  • Jugendgerichtsgesetz (JGG)

Der Schwerpunkt liegt deutlich im Betäubungsmittel- und Arzneimittelstrafrecht. Mehr als die Hälfte der Seiten beschäftigen sich hiermit. Der von Laue, Radtke und Scholze verantworteten JGG-Kommentierung wurden – obwohl sie es sogar aufs Cover geschafft hat – nur 200 Seiten spendiert.

Dies führt auch zu einer Ungleichverteilung der Bearbeiter. Zwar sind nur 6 der 14 Bearbeiter im Hauptberuf Wissenschaftler. 4 sind Richter, die übrigen Staatsanwälte, Kriminaldirekt oder Rechtsanwalt (1). Allerdings werden die wichtigen Gesetze weit überwiegend von Wissenschaftlern kommentiert. Im Arzneimittelstrafrecht ist dies Professor Freund aus Marburg, für das Betäubungsmittelgesetz Dr. Mustafa Oğlakcioğlu und für das Jugendgerichtsgesetz Professor Laue aus Heidelberg. Trotzdem bemühen sich die Autoren häufig auch um einen Praktikerblick, der ihnen aber zuweilen (naturgemäß) schwer fällt.

Die Neuauflage war notwendig geworden weil der Gesetzgeber umtriebig ist.

Insbesondere im Arzneimittelgesetz sind zahlreiche Änderungen zu verzeichnen. Im Anti-Doping-Gesetz wurde ganz aktuell der § 4a AntiDopG eingefügt (»Kronzeugenregelung«). Beim Tierschutzgesetz ist als letzte Änderung vom 18. Juni 2021 das Verbot des Kükentötens besonders hervorzuheben.

Die Kommentierung ist gewohnt umfangreich, in Teilen äußerst detailliert und geht auf alle aktuellen Entwicklungen ein. Trotz des großen Umfangs der Kommentierung ist die Darstellung sehr übersichtlich, das Stichwortverzeichnis hilfreich.

Die Kommentierung der einzelnen Normen der Nebenstrafrechtsgesetze ist so dargestellt, wie man es aus den anderen Bänden des MüKo kennt. Zunächst wird der Gesetzestext fett gedruckt wiedergegeben. Danach wird bei besonders umfangreichen Normen das vom Kommentator empfohlene Schrifttum gesammelt angegeben und eine Übersicht über die Kommentierung der Norm abgebildet. In dem darauffolgenden klar formulierten und gut strukturierten Text sind die Überschriften bzw. die wesentlichen Schlüsselbegriffe und Schlagwörter fett gedruckt. Dadurch springen diese dem Leser gleich ins Auge und er behält den Überblick über den jeweiligen Abschnitt der Kommentierung. Darüber hinaus ist besonders positiv hervorzuheben, dass weiterführende Literatur in den Fußnoten angegeben wird und somit die gesamte Kommentierung einer Norm angenehm lesbar ist.

Wer sich intensiv mit dem Nebenstrafrecht, insbesondere dem Betäubungsmittelgesetz auseinandersetzen will oder muss, wird für zahlreiche Fragestellungen nicht um den 7. Band des MüKo herumkommen.

Wir sprechen eine Kaufempfehlung aus, auch weil die 429,00 € für den Band (bzw. 1.725,00 € bei Abnahme aller Bände der aktuellen Auflage) durch eine erfolgreiche Mandatsbearbeitung schnell wieder reingeholt sein sollten. Und im Regal sieht’s auch schick aus.

Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 7, Nebenstrafrecht I, 4. Auflage, Beck, München 2021.

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