Räuberischer Diebstahl

Räuberischer Diebstahl, versuchte gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung – Einstellung gem. § 170 Abs. 2 StPO

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, sich mit einer weiteren Person in den Verkaufsraum einer Tankstelle begeben und daraus mehrere Getränkedosen entwendet zu haben. Dabei soll der Bekannte unseres Mandanten unerkannt und ohne Gegenwehr das Objekt in unbekannte Richtung verlassen haben. Zwischenzeitlich sei die anwesende Tankstellen-Mitarbeiterin darauf aufmerksam geworden und habe die Automatiktür gesperrt, sodass unser Mandant diese aufschieben musste, um zu flüchten.

Nachdem ihm dies gelungen sein soll, sei er von einem Kunden im Zapfsäulenbereich zunächst festgehalten worden. Letztlich habe er sich jedoch erfolgreich durch einen verfehlten Flaschenwurf gegen den Kopf des Kunden wehren und mit der Beute flüchten können. Unser Mandant war anhand von DNA-Spuren an einer mitgebrachten, für den Beuteabtransport vorgesehenen Plastiktüte und an den gestohlenen Getränkedosen als Tatverdächtiger identifiziert worden.

Hierdurch soll sich unser Mandant wegen räuberischen Diebstahls gemäß § 252 StGB, versuchter gefährlicher Körperverletzung nach §§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 5, 22, 23 Abs. 1 StGB und Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben. Der räuberische Diebstahl ist ein Verbrechen, dessen Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe beträgt.

Unser Mandant, der in anderer Sache in Untersuchungshaft saß, nahm nach Erhalt eines Anhörungsschreibens der Polizei umgehend Kontakt zu Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern auf, der nach Mandatierung und Akteneinsicht gegenüber der Staatsanwaltschaft zu dem Vorwurf Stellung nahm:

Rechtsanwalt Stern teilte mit, dass erhebliche Zweifel an der Täterschaft unseres Mandanten bestehen. Zunächst ergeben sich aus der Ermittlungsakte differierende Zeugenaussagen im Hinblick auf die Anzahl und das Geschlecht der Personen sowie den Geschehensablauf. Zudem seien die Wahllichtbildvorlagen jeweils erfolglos durchgeführt worden.

Des Weiteren schilderte Rechtsanwalt Stern, dass vor dem Eingangsbereich des Tankstellenshops Getränkedosen und Flaschen von den Personen zurückgelassen worden seien. Daneben habe auch eine fast durchsichtige Plastiktüte gelegen. Zwei ungeöffnete Red Bull Dosen, die die Personen auf ihrer Flucht verloren haben sollen, seien durch den von unserem Mandanten angegriffenen Kunden zum Tankstellenshop zurückgebracht worden.

An den aufgefundenen Gegenständen sei sodann eine Spurensuche durchgeführt worden:

Dabei sei eine an den beiden ungeöffneten Red Bull Dosen durchgeführte Spurensuche ohne Erfolg verlaufen. Eine an den leeren Dosen und Flaschen sowie an der Plastiktüte durchgeführte Spurensuche habe dagegen Folgendes ergeben:

An der Trinköffnung einer leeren Red Bull Dose sei ein Mischspurenprofil, das sich auf mindestens zwei Spurenleger zurückführen ließe und für Vergleichszwecke geeignet sei, festgestellt worden. Dabei sei die Hauptkomponente einer unbekannten männlichen Person abgeleitet worden, die unserem Mandanten habe zugeordnet werden können. Darüber hinaus habe unser Mandant bei zwei weiteren Red Bull Dosen, einer Coca-Cola Flasche und einer Seltersflasche als Mitspurenleger nicht ausgeschlossen werden können. Dies habe ebenfalls für den Eingriffsbereich der Plastiktüte gegolten.

Rechtsanwalt Stern argumentierte allerdings, dass hierbei insbesondere zu berücksichtigen sei, dass eine gefundene DNA-Spur nicht immer definitive Rückschlüsse auf den Vorgang der Antragung der Spur liefere. Die DNA-Spur gebe gerade keine Auskunft, wie und wann sie entstanden ist. Auch bei Mischspuren könne nicht gesagt werden, welche Spur zuerst und welche als zweite oder dritte an das Asservat gelangte. Insbesondere ließen sich die vorliegenden Mischspurenprofile auf mindestens zwei Spurenleger bei zwei Red Bull Dosen, drei Spurenleger bei der Coca-Cola Flasche, einer Red Bull Dose und der Plastiktüte oder sogar vier Spurenleger bei der Seltersflasche zurückführen.

Rechtsanwalt Stern erklärte, dass im hiesigen Verfahren nicht geklärt werden könne, wann die DNA-Spuren an die Red Bull Dosen bzw. Flaschen und den Eingriffsbereich der Plastiktüte gelangt seien. Es sei auch möglich, dass unser Mandant diese in einem anderen Zusammenhang als dem Geschehen in dem Tankstellenshop – etwa im Rahmen noch strafloser Vorbereitungshandlungen oder in einem anderweitigen Kontext – berührt habe (vgl. Urteil des BGH vom 19. September 2019 – 3 StR 166/19).

Überdies könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein indirekter DNA-Transfer im Hinblick auf den Eingriffsbereich der Tüte geschehen ist. Bei einem indirekten DNA-Transfer werde die DNA einer Person nicht unmittelbar durch sie selbst, sondern indirekt, beispielsweise von Person 1 zu Person 2 und von dieser an den Tatort übertragen. Wenn eine der Personen in dem Tankstellenshop die Trinköffnung der leeren Red Bull Dose, bei der unserem Mandant die Hauptkomponente der DNA-Spur zugeordnet werden könne, berührt habe und anschließend den Eingriffsbereich der Plastiktüte oder die Trinköffnung der leeren Red Bull Dose den Eingriffsbereich der Plastiktüte selbst berührt habe, ließe sich somit durchaus erklären, weshalb die Möglichkeit bestehe, dass unser Mandant als Mitspurenleger nicht ausgeschlossen werden könne. Ebenso verhalte es sich bei den weiteren Red Bull Dosen. Diese könnten sich innerhalb der Plastiktüte ebenfalls berührt haben (vgl. Vennemann, M., Oppelt, C., Grethe, S. et al. Publisher Erratum: Möglichkeiten und Grenzen der forensischen DNA- Analyse unter dem Gesichtspunkt verschiedener Szenarien zur Spurenentstehung. Rechtsmedizin (2022). https://doi.org/10.1007/s00194-022-00589-7).

Rechtsanwalt Stern beantragte daher, das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ohne Anklageerhebung und ohne Auflagen einzustellen.

Die Staatsanwaltschaft folgte der Auffassung von Rechtsanwalt Stern und stellte das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts ein.

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Verbrechen des räuberischen Diebstahls und einfache Körperverletzung – Einstellung in der Hauptverhandlung

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, in einem Nagelstudio einer ihm bis dahin unbekannten Frau das Mobiltelefon aus der Hand gerissen und das Nagelstudio verlassen zu haben, um das Handy für sich zu behalten oder zu verwerten. Die Frau soll unserem Mandanten sodann hinterhergelaufen sein, um ihr Mobiltelefon zurückzuerhalten. Daraufhin habe unser Mandant der Frau mit der Faust gegen den Kopf geschlagen und den Tatort verlassen. Hierdurch soll sich unser Mandant wegen räuberischen Diebstahls gemäß §§ 249 Abs. 1, 252 StGB, der mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, und wegen einfacher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben. Der Vorfall soll von einer unabhängigen Zeugin beobachtet worden sein.

Nach der Beauftragung mit der Verteidigung holte Rechtsanwalt Stern die Ermittlungsakte beim Amtsgericht ab.

In einem persönlichen Gespräch gab unser Mandant an, dass es sein Handy gewesen sei, er hätte es der Frau lediglich geliehen. Außerdem sei die Frau Prostituierte gewesen und hätte sehr viel Geld von ihm genommen. Darüber hinaus stimme ihre Aussage, dass sie unseren Mandanten nicht kenne, noch nie mit ihm geredet habe oder sonst irgendwelche Berührungspunkte gehabt haben soll, nicht. Dies ergab sich auch aus der Ermittlungsakte. Die Frau wusste nämlich bei der Erstattung der Strafanzeige wegen des oben geschilderten Vorfalls sowohl seinen Spitznamen als auch seinen Nachnamen sowie seine Staatsbürgerschaft.

Des Weiteren ergab sich aus der Ermittlungsakte, dass sich die von der Frau und einer weiteren Kundin des Nagelstudios jeweils getätigten Aussagen in deren Vernehmungen widersprochen hatten. Während die Frau angab, dass unser Mandant ihr zuerst das Handy aus der Hand gerissen und ihr sodann außerhalb des Nagelstudios mit der Faust auf den Kopf geschlagen habe, erklärte die andere Kundin des Nagelstudios, dass unser Mandant der Frau zunächst mit der Hand auf den Kopf geschlagen, ihr anschließend das Mobiltelefon aus der Hand genommen habe und aus dem Laden gegangen sei.

In der Hauptverhandlung trug Rechtsanwalt Stern insbesondere die oben angeführten Argumente vor. Nach 3,5 Stunden Verhandlung und der konfrontativen dreier Zeugen durch Rechtsanwalt Stern blieb nur noch der Vorwurf der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1, 2 StGB übrig, die im Mindestmaß mit Geldstrafe bedroht ist. Im Hinblick auf eine andere rechtskräftige Verurteilung wurde das hiesige Verfahren auf Antrag der Staatsanwalt sogar gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Es erfolgte weder die Erteilung von Auflagen noch eine Eintragung in das Bundeszentralregister. 

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