Unser Mandant erhielt eine Anklage der Staatsanwaltschaft Berlin.
Unser Mandant habe nach einem Streit über das Tragen einer FFP2-Maske mit einem Kassierer in einer Edeka-Filiale in Neukölln versucht, mit seinen Fäusten und mit seinen Füßen in Richtung des Kassierers zu schlagen bzw. zu treten, um diesen zu verletzen. Der Kassierer habe den Tritten und Schlägen jedoch ausweichen können. Hierdurch soll sich unser Mandant wegen versuchter Körperverletzung strafbar gemacht haben.
Zudem habe unser Mandant nach Alarmierung und Eintreffen der Polizeibeamten auf deren Frage nach dem vorgenannten Geschehen in der Edeka-Filiale sinngemäß geäußert, dass er jüdische Familienangehörige habe und dass die Polizeibeamten Stasi-Methoden anwenden würden, um seine Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Durch diese Äußerung haben sich die Polizeibeamten in ihrer Ehre verletzt gefühlt. Hierdurch habe sich unser Mandant wegen Beleidigung strafbar gemacht.
Als einer der beiden Polizeibeamten unserem Mandanten sodann mitgeteilt habe, ihn zur Klärung seiner Identität in das polizeiliche Einsatzfahrzeug verbringen zu wollen, habe unser Mandant sein Körpergewicht gegen die Zugbewegung des Polizeibeamten gelehnt, um dies zu verhindern. Im Fahrzeug sitzend, habe unser Mandant auch nach der Aufforderung der beiden Polizeibeamten, seine Beine ins Fahrzeug zu heben, diese in den Spalt zwischen Tor und Fahrzeug geklemmt, um zu verhindern, dass die Fahrzeugtür geschlossen werden konnte. Mit derselben Intention und in der Absicht, einen der beiden Polizeibeamten zu verletzen, habe unser Mandant mit beiden Beinen in Richtung des Gesichts eines Polizeibeamten getreten. In der Jackentasche des Mandanten habe sich, wie dieser gewusst habe, während des gesamten Geschehens ein Messer in einer Messerscheide befunden.
Hierdurch soll sich unser Mandant wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall, wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall und wegen versuchter Körperverletzung strafbar gemacht haben. Der besonders schwere Fall des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und des tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte ist mit Freiheitsstrafe nicht unter 6 Monaten bedroht.
Des Weiteren habe unser Mandant auf der Dienststelle auf die umfassende rechtliche Belehrung der Polizeibeamten Folgendes geäußert: „Ihr seid Gestapo. Die deutsche Polizei ist wie die Gestapo.“ Zudem habe er gegenüber den Polizeibeamten geäußert, dass diese die jüdischen Vorverfahren unseres Mandanten getötet hätten. Durch diese Äußerungen hätten sich die Polizeibeamten nochmals in ihrer Ehre verletzt gefühlt. Hierdurch soll er sich wegen Beleidigung gemäß § 185 StGB strafbar gemacht haben.
Nach Erhalt der Anklageschrift suchte unser Mandant umgehend Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern auf, und schilderte, dass die Beamten äußerst aggressiv aufgetreten waren. Die könnte auch durch eine Zeugin und Überwachungsaufnahmen gestützt werden.
Rechtsanwalt Stern nahm umgehend Akteneinsicht nahm und kontaktierte frühzeitig den zuständigen Richter, um ihn über den tatsächlichen Geschehensablauf zu informieren und eine Einstellung gegen Zahlung einer Geldauflage anzuregen. Der Richter lehnte diesen Vorschlag grundsätzlich nicht ab, wollte jedoch den Gang der Hauptverhandlung abwarten.
Kurz vor Beginn der Hauptverhandlung suchte Rechtsanwalt Stern erneut das Gespräch, diesmal mit allen Verfahrensbeteiligten. Sein Ziel war es nach wie vor, dass das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und unseres Mandanten das Verfahren gem. § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage einstellt, um einen Eintrag in das Bundeszentralregister sowie Führungszeugnis zu verhindern.
In der Hauptverhandlung schilderte unser Mandant das gesamte Geschehen zunächst aus seiner Sicht. Hierbei ergaben sich nicht nur andere Erkenntnisse im Hinblick auf das Geschehen in der Edeka-Filiale, sondern auch bezüglich der Vorgehensweise der beiden Polizeibeamten. Diese Erkenntnisse bestätigte auch eine Entlastungszeugin, die zugunsten unseres Mandanten ausgesagt hat. Auch Videoaufnahmen aus der Edeka-Filiale stützten die Version des Mandanten. Es entstand in der Hauptverhandlung der Eindruck, dass die Staatsanwaltschaft die Aufnahme zwar zur Akte hinzugefügt, aber selbst nie angeschaut hatte.
Zudem sollten ursprünglich beide Polizeibeamten als geladene Zeugen das Geschehen umfassend schildern. Allerdings wurden nach der kritischen Befragung eines der Polizeibeamten, durch die sich einige Ungereimtheiten ergaben, sämtliche Anklagepunkte bis auf die zweite Beleidigung gegenüber den Polizeibeamten auf der Dienststelle fallengelassen, sodass der zweite Polizeibeamte nicht mehr gehört wurde.
Im Anschluss daran führte Rechtsanwalt Stern ein Rechtsgespräch mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft, vertreten durch eine Referendarin, und regte erneut eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage an.
Im Ergebnis stimmten sowohl der Richter als auch die Referendarin der Auffassung von Rechtsanwalt Stern zu. Da die Referendarin jedoch keine eigenständigen Entscheidungen ohne Absprache mit ihrer Ausbilderin treffen darf und ihre Ausbilderin nicht erreichbar war, musste die Referendarin letztlich die Zustimmung vom Oberstaatsanwalt einholen. Dieser erteilte die Zustimmung.
Unser Mandant war über den Ausgang des Verfahrens sehr erleichtert. Er beschloss, aus Neukölln wegzuziehen.