Vorwurf der Vergewaltigung – Freispruch in Aussage-gegen-Aussage-Konstellation

Unserem Mandanten wurde durch die Staatsanwaltschaft Berlin zur Last gelegt, nach dem gemeinsamen Konsum von Marihuana im Schlafzimmer seiner WG-Wohnung mit einer Zeugin Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, während diese angeblich schlief und davon nichts bemerkte. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Anklage wegen Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 6 Nr. 1 StGB.

Verteidigung durch Rechtsanwalt Stern

Unmittelbar nach Mandatierung nahm Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern Akteneinsicht und beantragte unter Verweis auf § 203 StPO die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens. Er argumentierte, dass kein hinreichender Tatverdacht vorliege. Die belastende Aussage der Zeugin stellte das einzige Beweismittel dar – eine klassische Aussage-gegen-Aussage-Konstellation.

Rechtsanwalt Stern legte in einem ausführlichen Schriftsatz dar, dass der Mandant nicht erkannt habe, dass die Zeugin schlief, und aufgrund vorheriger einvernehmlicher Intimitäten davon ausgehen durfte, dass einvernehmlicher Geschlechtsverkehr stattgefunden habe. Entscheidend war, dass kein erkennbarer oder geäußerter entgegenstehender Wille der Zeugin vorgelegen habe.

Kritische Analyse der Zeugenaussage

Die Verteidigung unterzog die Aussage der Zeugin einer intensiven aussagepsychologischen Analyse. Die Zeugin hatte selbst eingeräumt, unter dem Einfluss berauschender Mittel gestanden zu haben. Zudem war ihre Darstellung des Geschehens widersprüchlich, detailarm und von Erinnerungslücken durchzogen. Rechtsanwalt Stern erarbeitete einen detaillierten Fragenkatalog für die Hauptverhandlung, um diese Widersprüche deutlich zu machen.

Auflösung durch entlastende Beweismittel

In der Hauptverhandlung konnten durch gezielte Befragungen weitere Inkonsistenzen in der Aussage der Zeugin aufgedeckt werden. Als diese schließlich behauptete, der Mandant habe per Nachricht eingeräumt, ihren schlafenden Zustand erkannt zu haben, wurde ein weiterer Verhandlungstermin angesetzt.

Rechtsanwalt Stern sicherte gemeinsam mit seinem Mandanten den vollständigen Chatverlauf, in dem sich keine belastenden Aussagen fanden. Der Verlauf wurde proaktiv dem Gericht vorgelegt. Auch die Vernehmung der Ex-Freundin bestätigte, dass es keine derartige Kommunikation gegeben hatte.

Auf dieser Grundlage wurde unser Mandant – wie von Verteidigung und Staatsanwaltschaft beantragt – freigesprochen. Die drohende Freiheitsstrafe konnte somit vollständig abgewendet werden.


Rechtliche Probleme im Fall

1. Aussage-gegen-Aussage-Konstellation

Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin war von zentraler Bedeutung. In Fällen ohne objektive Beweise hängt die Entscheidung maßgeblich von der Qualität und Konsistenz der Aussage ab. Die Rechtsprechung verlangt in solchen Fällen besondere Sorgfalt, wobei Widersprüche, Erinnerungslücken und der psychische Zustand der Zeugin eine erhebliche Rolle spielen.

2. Einwilligung und Wahrnehmungsfähigkeit

Ein zentrales Problem war die Frage, ob die Zeugin geschlafen hat – und wenn ja, ob unser Mandant dies hätte erkennen können. Denn gemäß § 177 StGB macht sich strafbar, wer sexuelle Handlungen an einer Person vornimmt, die infolge des Schlafs zum Widerstand unfähig ist. Die subjektive Vorstellung des Täters über den Zustand der betroffenen Person ist daher juristisch besonders relevant – ebenso wie die Frage nach einem etwaigen Erlaubnistatbestandsirrtum.