stern

Bedingter Gefährdungsvorsatz bei Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr

Bei Rennen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr ist die Feststellung eines bedingten Gefährdungsvorsatzes (§ 315d Abs. 2 StGB) oder auch eines bedingten Tötungsvorsatzes regelmäßig problematisch.

Mit Urteil vom 16. Februar 2023 entschied der vierte Strafsenat des BGH über ein Kraftfahrzeugrennen, bei dem die geschädigte Person ums Leben kam. Der Angeklagte und eine weitere Person verabredeten abends ein Kraftfahrzeugrennen durch ein Stadtgebiet. Die beiden trafen sich auf einem Parkplatz und fuhren sodann auf eine nahe gelegene Straße. Der Angeklagte befuhr dabei die Gegenfahrspur und begann sein Fahrzeug maximal zu beschleunigen, zunächst auf 101 km/h und schließlich auf 157 km/h. Nachdem der Anklagte das Fahrzeug der Geschädigten wahrnahm, leitete er eine Vollbremsung ein, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Überdies versuchte er dem entgegenkommenden Fahrzeug auszuweichen. Zum Zeitpunkt der Kollision befuhr der Angeklagte die Straße mit einer Geschwindigkeit von 105 km/h. Dabei prallte er mit der rechten Vorderseite seines Fahrzeugs auf das Fahrzeug der Geschädigten auf. Diese erlitt beim Zusammenstoß schwerste Verletzungen und starb später im Krankenhaus.

Der Fall wurde erstmals am 17. Februar 2020 vor dem Landgericht Kleve verhandelt. Dieses verurteilte den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und einer isolierten Fahrerlaubnissperre.

Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein. Der BGH hob die Entscheidung mit Beschluss vom 18. Februar 2021 hinsichtlich des Angeklagten auf und verwies die Sache zurück zum Landgericht.

Das Landgericht verurteilte ihn anschließend am 7. Juni 2021 wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und der Anweisung an Verwaltungsbehörden, dem Angeklagten vor Ablauf von 5 Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen.

Dagegen legten Staatsanwaltschaft und Nebenklage Revision und Sachrüge zu Ungunsten des Angeklagten ein. In seiner Entscheidung hob der vierte Strafsenat des BGH das Urteil unter Verweis auf die subjektive Tatseite auf.

In der schriftlichen Urteilsbegründung kritisierte der Senat die Entscheidung des Landgerichts und traf Feststellungen zur subjektiven Tatseite:

Bedingter Tötungsvorsatz sei gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkenne (Wissenselement) und dies billige oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes eines anderen Menschen abfinde, möge ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement). Bewusste Fahrlässigkeit liege vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten. Weiterhin ist für die Beurteilung, ob der Täter bedingt vorsätzlich handelt, sowohl das kognitive als auch das voluntative Element umfassend zu prüfen und durch tatsächliche Feststellung zu belegen.

Nach Ansicht des vierten Strafsenats sei kein Indiz für einen bedingten Tötungsvorsatzes, dass der Angeklagte auch nach dem Überholen seines Kontrahenten sein Fahrzeug nicht unverzüglich auf die rechte Fahrspur zurücklenkte, insbesondere wenn nicht festgestellt werden kann, dass der Angeklagte die Gegenfahrspur noch zu einem Zeitpunkt befuhr, zu dem ihm ein gefahrloses Überwechseln auf die rechte Fahrspur bereits möglich war.

Der Angeklagte hatte zwar einen erheblichen Vorsprung gegenüber seinem Kontrahenten, allerdings war nicht feststellbar, nach welcher Wegstrecke der Angeklagte den anderen Rennteilnehmer überholte und ab welchem Zeitpunkt ein gefahrloses Wiedereinscheren auf die rechte Fahrbahn möglich war. Überdies erfolgte die Kollision bereits fünf Sekunden später. Aus diesem Grund sei es abwegig, dass der Angeklagte nach erfolgreichem Überholen seines Kontrahenten ein risikoverminderndes Verhalten unterlassen habe, welches auf einen bedingten Tötungsvorsatz hindeuten würde.

Ein bedingter Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB läge vor, wenn der Täter über die allgemeine Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugrennens hinaus auch die Umstände kennt, die den in Rede stehenden Gefahrerfolg im Sinne eines Beinaheunfalls als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen, und er sich mit dem Eintritt einer solchen Gefahrenlage zumindest abfindet.

In der schriftlichen Urteilsbegründung kritisierte der Senat das widersprüchliche Vorgehen des Landgerichts. Dieses verneinte das voluntative Element des bedingten Tötungsvorsatzes mit der Begründung, dass der Angeklagte auf das Ausbleiben einer Kollision mit dem Querverkehr vertraute. Gleichzeitig bejahte es aber einen bedingten Gefährdungsvorsatzes im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB mit dem Argument, dass der Angeklagte mit der Kollision mit Verkehrsteilnehmern, die aus angrenzenden Straßen in die von ihm auf der Gefahrspur befahrene Vorfahrstraße einbiegen könnten, gerechnet habe.

Für die Annahme eines Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB sprechen die Höchstgefährlichkeit des vom Angeklagten absprachegemäß durchgeführten Kraftfahrzeugrennens durch die Innenstadt, und das Befahren der Gegenfahrspur mit – wenn auch kurzfristigen – deutlichen Überschreiten der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Jedoch muss darüber hinaus unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs eindeutig festgestellt werden, welche konkreten Gefährdungsszenarien sich der Angeklagte vorstellte, die zwar nicht zu einer Kollision, aber doch zu einer Situation führten, die als Beinaheunfall beschrieben werden kann. Dafür muss im Einzelnen dargelegt und tragfähig belegt werden, welche Geschehensabläufe sich der Angeklagte vorgestellt hat, die zwar nicht zu einer Kollision mit anderen Verkehrsteilnehmern, aber zu einem Beinaheunfall im zuvor genannten Sinne führen könnten. Dies sei jedoch vorliegend nicht geschehen.

Quelle: Urteil vom 16.02.2023 – 4 StR 211/22, BeckRS 2023, 8083

Posted by stern in Kommentierungen

Unterbindung und Einschränkung anwaltlicher Tätigkeiten bei dem Versammlungsgeschehen am Wochenende in Leipzig nach den Urteilen im „Antifa-Ost“-Prozess

Im Rahmen der Proteste gegen die Verurteilung von Antifaschist*innen vorletzte Woche und gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit in Leipzig kam es als Reaktion hierauf verschiedentlich zu freiheitsentziehenden Maßnahmen durch die Sächsische Polizei. Insbesondere setzte die Polizei am Samstag, den 03.06.2023 etwa 1.000 ehemalige Teilnehmer*innen einer Versammlung in einem sogenannten „Leipziger Kessel“ am Alexis-Schumann-Platz fest.

»Der RAV verurteilt das Vorgehen der Polizei aufs Schärfste. Rechtswidrig wurde den Betroffenen der Zugang zu vor Ort anwesenden Anwält*innen verweigert. Dass der sächsische Innenminister das fehlerhafte Vorgehen der Polizei beim „Leipziger Kessel“ deckt und Aufklärung verweigert, ist Ausdruck eines völlig verschobenen Diskurses, der autoritäre und rechte Strömungen weiter befeuert.«, so Rechtsanwalt Dr. Peer Stolle, Vorsitzender des RAV.

Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 6 III c der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie § 137 Abs. 1 der Strafprozessordnung garantieren allen Beschuldigten in Strafverfahren, sich in jeder Lage des Verfahrens von einem/einer Anwält*in verteidigen zu lassen. Mehreren im RAV organisierten Rechtsanwält*innen wurde trotz dieses grundlegenden Anspruchs der Betroffenen auf rechtlichen Beistand beim Leipziger Kessel der Kontakt mit sich darin befindenden Personen verweigert – und das, obwohl die Polizei bereits um 19:00 Uhr per Durchsage die Betroffenen als Beschuldigte in einem Strafverfahren über ihr Recht, sich anwaltlichen Beistand zu suchen, informierte.

So wurde schon zu Beginn dieses „Leipziger Kessels“ einer Kollegin das Gespräch oder auch nur die räumliche Annäherung an im Kessel befindliche Personen – notwendig zur ersten Kontaktaufnahme – verwehrt, obwohl zunächst Rufe nach Beistand zu vernehmen waren. Selbst eine Nachfrage bei den Betroffenen durch Polizeibeamt*innen, ob sie Kontakt mit der anwesenden Anwältin wünschten, wurde durch die Polizei ausgeschlossen.

Weitere Versuche von Kolleg*innen, den Betroffenen Beistand zu leisten, wurden über die folgenden Stunden hinweg trotz Insistierens der Anwält*innen durch die Polizei verhindert. Erst gegen Mitternacht durften einige wenige Kolleg*innen in den abgesperrten Bereich und dort mit einzelnen minderjährigen Betroffenen sprechen. Dass diese, sich bereits seit Stunden im Kessel befindenden Jugendlichen in der Menge der Personen vor Ort durch die Anwält*innen gesucht werden konnten, wurde durch die Polizei vorher ebenso abgelehnt, wie der Vorschlag, dass dann die Beamt*innen die betreffenden Minderjährigen ausfindig machen könnten. Eine „bevorzugte Abarbeitung von Minderjährigen“ war hier nicht zu erkennen.

Dazu erklärt Rechtsanwalt Mark Feilitzsch aus Dresden:

»Den etwa 1.000 Menschen im Leipziger Kessel wurde erklärt, dass sie Beschuldigte in einem Strafverfahren seien und das Recht hätten, einen Verteidiger hinzuzuziehen. Tatsächlich hat die Polizei jedoch genau das verhindert. Es ist zunehmend zu beobachten, dass im Zusammenhang mit politischen Protesten die anwaltliche Berufsausübung und damit der Zugang der Betroffenen zu rechtlichen Beistand behindert wird. Wenn – wie nun dieses Wochenende in Leipzig – viele Betroffene von den Nachmittagsstunden bis in den frühen Morgen ohne jeden Zugang zu anwaltlichem Beistand bleiben mussten, ist das mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren.«

Aber nicht nur den Rechtsanwält*innen wurde der Zugang zu den Betroffenen verwehrt. Auch den am Polizeikessel erschienenen und nachfragenden Eltern wurden ihre Kinder stundenlang vorenthalten. Selbst bei den anschließenden Maßnahmen der Belehrung der Minderjährigen, der Beschlagnahme von deren Telefonen, Durchsuchung und Identitätsfeststellung wurde den Eltern kein Anwesenheitsrecht eingeräumt. Die durch das stundenlange Festhalten eingeschüchterten und erschöpften Jugendlichen wurden aufgefordert, an polizeilichen Maßnahmen mitzuwirken und z.B. die PIN ihrer beschlagnahmten Telefone herauszugeben.

Dazu erklärt Rechtsanwältin Rita Belter aus Leipzig:

»Das Verhalten der Einsatzbeamt*innen verletzte in willkürlicher Weise die Rechte der Betroffenen und die der Sorgeberechtigten. Nun werden sich die Gerichte mit einer Vielzahl von Erlebnissen und der Feststellung deren Rechtswidrigkeit auseinandersetzen müssen.«

Eine weitere freiheitsentziehende Maßnahme wurde am 03.06.2023 vor dem Amtsgericht Leipzig vollzogen. Dort wurden ca. 20 – 25 Personen plötzlich von Polizeikräften zusammengedrängt und mit der Begründung, anlasslose Identitätsfeststellungen im Kontrollbereich vornehmen zu wollen, über zwei Stunden festgehalten. Die Identitätsfeststellung wurde – obwohl mehrfach angemahnt – erst 90 Minuten nach Kesselung begonnen. Zusätzlich erhielten alle dort Anwesenden einen grundlosen Platzverweis. Betroffen von diesen Maßnahmen war auch eine Rechtsanwältin, die unmittelbar nach der Haftvorführung ihres Mandanten bei dem Verlassen des Leipziger Amtsgerichts von den Polizeibeamt*innen mit in diesen Kessel gedrängt wurde und der ein Platzverweis nicht nur für das Gericht, sondern auch für den Ort ihrer Kanzlei ausgesprochen wurde.

Verschiedentliche Versuche, eine Begründung für die nicht nachvollziehbaren Maßnahmen zu erhalten, scheiterten. Widersprüche wurden nicht aufgenommen.

Auch mit diesem Vorfall werden sich die Gerichte beschäftigen müssen: Die betroffene Kollegin erhebt nun Klage zum Verwaltungsgericht gegen diesen schweren Eingriff in ihre Berufsausübungsfreiheit.

Ebenfalls wurde am darauf folgenden Sonntag jede Versammlung an der Gefangenensammelstelle an der Hauptwache der Polizei in Leipzig mit Verweis auf die Allgemeinverfügung (‚Versammlungsverbot‘) unterbunden. Als am Sonntag wartende Eltern, Angehörige und Freund*innen der (teilweise vorläufig) Festgenommenen an der Dimitroffstrasse auf die Entlassung der Festgenommenen aus dem „Leipziger Kessel“ warteten und versuchten, eine Versammlung anzumelden, wurden sie ebenfalls durch die Polizei gekesselt und Identitätsfeststellungsmaßnahmen unterzogen.

Posted by stern in Allgemein

Versandagent – Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO

Unserem Mandanten wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Bochum vorgeworfen, in zahlreichen Fällen als sog. Versandagent Pakete mit Bargeldbeträgen postalisch empfangen und an Hintermänner weitergegeben zu haben.

Wie kam es zu dem Vorwurf?

Unser Mandant erhielt eines Tages eine E-Mail einer bestimmten Firma. Dabei bedankte sich der vermeintliche Personalmanager der Firma für eine angebliche Bewerbung unseres Mandanten für eine Verpacker-Stelle. Dieser E-Mail waren eine Stellenbeschreibung, das der Tätigkeit zugrunde liegende Konzept und ein Bewerbungsformular beigefügt. Der monatliche Verdienst sollte 450,00 Euro betragen.

Das unserem Mandanten mitgeteilte Konzept sollte wie folgt funktionieren:

Zunächst versendet die Firma Pakete ihrer Kunden an den Außendienstmitarbeiter, der die Pakete annimmt. Danach erhält der Außendienstmitarbeiter per E-Mail vorausbezahlte Versandpaketmarken. Diese klebt er sodann auf die erhaltenen Pakete und schickt diese Pakete anschließend weiter an den Endkunden.

Angesichts des professionellen Auftretens der eigentlichen Täter hatte unser Mandant angenommen, eine legale Tätigkeit als Versandagent auszuüben.

Nach Durchsicht der Ermittlungsakten und der umfangreichen Unterlagen unseres Mandanten, insbesondere des E-Mail-Verkehrs unseres Mandanten mit vermeintlichen Personal- und Projektmanagern stellte Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern auch fest, dass sich nur der Eindruck gewinnen lasse, dass sich unser Mandant nicht vorstellen konnte, dass seine Tätigkeit Kriminellen hilft, sich die Vorteile der Tat zu sichern.

Rechtsanwalt Stern verfasste daraufhin einen Schriftsatz an das Amtsgericht und übersandte die E-Mail Korrespondenz zwischen unserem Mandanten und den Hintermännern. Er regte zur Vermeidung einer Hauptverhandlung an, das Verfahren im Dezernatswege einzustellen, da die Schuld unseres Mandanten als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung bestehe.

Nichtsdestotrotz wurde ein Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht Bochum angesetzt. Rechtsanwalt Stern hielt jedoch an seiner Verteidigungsstrategie fest und regte nochmals die Einstellung des Verfahrens an. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht teilten diese Auffassung zunächst nicht, weil unklar war, in wie vielen weiteren Fällen gegen unseren Mandanten noch ermittelt wurde. Einige Monate nach der Hauptverhandlung wurden jedoch alle Verfahren nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Unser Mandant, der sich zu dem Zeitpunkt mitten in der Schreibphase seiner Bachelorarbeit befand, war hierüber äußerst erleichtert

Posted by stern in Referenzen

Gesamtschau aller Indizien bei Beurteilung der Erfolgsaussichten der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB

Der Angeklagte wurde vom Landgericht wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Überdies wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist.

In der schriftlichen Urteilsbegründung bemängelt der zweite Senat die lückenhafte Erörterung bezüglich der hinreichend konkreten Aussicht auf einen Maßregelerfolg, die nach § 64 S. 2 StGB jedoch erforderlich ist.

Für eine Solche hinreichend konkrete Aussicht müssen sich in der Persönlichkeit und den Lebensumständen des Verurteilten konkrete Anhaltspunkte für einen erfolgreichen Verlauf der Therapie finden lassen (BGH, Beschluss v. 20. März 2023 – 2 StR 479/21, Rn. 9; BGH, Beschluss v. 1. Oktober 2020 – 3 StR 325/20, juris, Rn. 4).

In der landgerichtlichen Entscheidung wurde die dissoziale Persönlichkeitsentwicklung des Angeklagten als negativer Faktor gewertet. Positiv sei jedoch seine Fähigkeit zur phasenweisen Abstinenz sowie das bisherige Fehlen von Therapieversuchen zu berücksichtigen.

Diese Indizien sind aus Sicht des BGH nicht ausreichend. Einbezogen werden soll überdies der soziale Empfangsraum des Angeklagten. Dieser umfasst beispielsweise folgende Aspekte: Familienstand, schulische und berufliche Ausbildung, das Vorhandensein einer Arbeitsstelle. Die Einbeziehung solcher Indizien muss im Rahmen einer Gesamtschau aller Indizien, die für und gegen eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sprechen, erfolgen.

Quelle: BGH, Beschluss v. 30. März 2023 – 2 StR 479/21

Posted by stern in Allgemein

Verbrechen des räuberischen Diebstahls und einfache Körperverletzung – Einstellung in der Hauptverhandlung

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, in einem Nagelstudio einer ihm bis dahin unbekannten Frau das Mobiltelefon aus der Hand gerissen und das Nagelstudio verlassen zu haben, um das Handy für sich zu behalten oder zu verwerten. Die Frau soll unserem Mandanten sodann hinterhergelaufen sein, um ihr Mobiltelefon zurückzuerhalten. Daraufhin habe unser Mandant der Frau mit der Faust gegen den Kopf geschlagen und den Tatort verlassen. Hierdurch soll sich unser Mandant wegen räuberischen Diebstahls gemäß §§ 249 Abs. 1, 252 StGB, der mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, und wegen einfacher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben. Der Vorfall soll von einer unabhängigen Zeugin beobachtet worden sein.

Nach der Beauftragung mit der Verteidigung holte Rechtsanwalt Stern die Ermittlungsakte beim Amtsgericht ab.

In einem persönlichen Gespräch gab unser Mandant an, dass es sein Handy gewesen sei, er hätte es der Frau lediglich geliehen. Außerdem sei die Frau Prostituierte gewesen und hätte sehr viel Geld von ihm genommen. Darüber hinaus stimme ihre Aussage, dass sie unseren Mandanten nicht kenne, noch nie mit ihm geredet habe oder sonst irgendwelche Berührungspunkte gehabt haben soll, nicht. Dies ergab sich auch aus der Ermittlungsakte. Die Frau wusste nämlich bei der Erstattung der Strafanzeige wegen des oben geschilderten Vorfalls sowohl seinen Spitznamen als auch seinen Nachnamen sowie seine Staatsbürgerschaft.

Des Weiteren ergab sich aus der Ermittlungsakte, dass sich die von der Frau und einer weiteren Kundin des Nagelstudios jeweils getätigten Aussagen in deren Vernehmungen widersprochen hatten. Während die Frau angab, dass unser Mandant ihr zuerst das Handy aus der Hand gerissen und ihr sodann außerhalb des Nagelstudios mit der Faust auf den Kopf geschlagen habe, erklärte die andere Kundin des Nagelstudios, dass unser Mandant der Frau zunächst mit der Hand auf den Kopf geschlagen, ihr anschließend das Mobiltelefon aus der Hand genommen habe und aus dem Laden gegangen sei.

In der Hauptverhandlung trug Rechtsanwalt Stern insbesondere die oben angeführten Argumente vor. Nach 3,5 Stunden Verhandlung und der konfrontativen dreier Zeugen durch Rechtsanwalt Stern blieb nur noch der Vorwurf der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1, 2 StGB übrig, die im Mindestmaß mit Geldstrafe bedroht ist. Im Hinblick auf eine andere rechtskräftige Verurteilung wurde das hiesige Verfahren auf Antrag der Staatsanwalt sogar gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Es erfolgte weder die Erteilung von Auflagen noch eine Eintragung in das Bundeszentralregister. 

Posted by stern in Referenzen

Meyer-Goßner/ Schmitt – Strafprozessordnung: StPO in 66. Auflage erschienen

Der Standardkommentar Meyer-Goßner/ Schmitt zur Strafprozessordnung, dem Gerichtsverfassungsgesetz, Nebengesetzen und ergänzenden Bestimmungen ist am 03. Mai 2023 in 66. Auflage erschienen.

Das Werk ist Teil der Reihe Beck´sche Kurz-Kommentare und zur Zweiten Juristischen Staatsprüfung in allen Bundesländern zugelassen.

Der Kommentar zeichnet sich durch seine umfassende Darstellung des Strafprozessrechts aus. Es bietet eine detaillierte Analyse aller relevanten Vorschriften, einschließlich der neuesten Änderungen und Entwicklungen. Die Darstellungen erfolgen in klarer und verständlicher Sprache und weisen dabei die erforderliche Präzision und Tiefe auf.

Überdies ist das Werk sehr benutzerfreundlich gestaltet. Dabei überzeugen insbesondere die gute Strukturierung, klare Gliederung und der Fettdruck von Schlüsselbegriffen, um so schnell zu den relevanten Informationen zu gelangen. Unterstützt wird dies durch das Stichwortverzeichnis.

Ein weiterer Pluspunkt ist die Aktualität des Kommentars. Die Neuauflage ist durchgehend auf dem Bearbeitungsstand vom März 2023 und berücksichtigt alle aktuellen Entwicklungen im Strafverfahrensrecht für den Zeitraum März 2022 bis März 2023. Unter anderen werden einbezogen:

  • das Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2022, zur elektronischen Erhebung der Bankenangabe und zur Änderung der StPO vom 25. März 2023
  • das Sanktionsdurchsetzungsgesetz II vom 19. Dezember 2022

Der Standardkommentar ist mit seinen 1439 g und 2.867 Seiten sehr handlich und komprimiert, was jedoch keine Auswirkung auf die Qualität der Darstellungen hat. Diese befassen sich umfassend mit allen Fragen des Strafprozessrechts. Dabei wird unter anderem die aktuelle Rechtsprechung ausgewertet und einbezogen. Ein Augenmerk wird dabei auf die Entscheidungen des BGH und der OLG zu folgenden Themen gelegt:

  • neuen Pflichtverteidigerrecht
  • zur Reichweite des Verwertungsverbots in § 136 III 2 StPO
  • zum Selbstleseverfahren
  • zu den Mitteilungspflichten über Verständigungsgespräche nach ausgesetzter Hauptverhandlung
  • zur verfahrensübergreifenden Gesamtlösung bei Absprachen
  • zu den revisionsrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen § 29 III 1 StPO
  • zur Befangenheit durch Vorbefassung bei Urteilen gegen Mittäter
  • zur Anwendbarkeit des § 29 III I Nr. 1 auf Ergänzungsrichter
  • Befangenheit einer Schöffin und Selbstanzeige
  • Entscheidungen des BGH und der OLG zu § 32d S. 2 StPO

Darüber hinaus werden auch Grundsatzentscheidungen des BVerfG, EGMR, EuGH sowie die neueste Literatur umfassend eingearbeitet.

Der Preis von 109,00 Euro erscheint für den Kommentar aufgrund seiner inhaltlichen Qualität und seines Umfangs von 2.867 Seiten angemessen.

Eine Leseprobe zur aktuellen Ausgabe befindet sich im Beck-Shop: https://www.beck-shop.de/meyer-gossner-schmitt-strafprozessordnung-stpo/product/34603955

Meyer-Goßner/ Schmitt, Strafprozessordnung, Kommentar, 66. Auflage, Beck, München 2023, 2.867 Seiten, 109 Euro

Posted by stern in Allgemein

Leitsatzentscheidung BGH: Abgrenzung: Scheinselbstständige Rechtsanwälte – Freie Mitarbeiter und Auswirkung von Beitragszahlungen von Schwarzarbeitern und illegal Beschäftigten

Mit dem Urteil vom 8. März 2023 setzt sich der erste Senat des BGH mit der Abgrenzung von scheinselbstständigen Rechtsanwälten und freien Mitarbeitern sowie mit der Berücksichtigung von Beitragszahlungen von Schwarzarbeitern und illegal Beschäftigten, aufgrund einer mit dem Arbeitsgeber getroffenen Vereinbarung, im Rahmen des § 266a StGB auseinander.

Im verfahrensgegenständlichen Geschehen beschäftigte ein Rechtsanwalt zwölf Rechtsanwälte als freie Mitarbeiter. Diesen wies der Angeklagte Mandate zu, sie nutzten die Büroräume der Kanzlei und arbeiteten dort 40 bis 60 Stunden pro Woche. Überdies war es den freien Mitarbeitern aufgrund umfassender Zustimmungsvereinbarungen, faktisch nicht möglich, Mandate außerhalb der Kanzlei anzunehmen. Der angeklagte Rechtsanwalt wurde vom Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung und einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 200 Euro wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, aufgrund des Nichtzahlens von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von ungefähr 120.000,00 Euro verurteilt.

  • Abgrenzung von scheinselbstständigen Rechtsanwälten und freien Mitarbeitern

Für die Abgrenzung ist nicht allein auf den Arbeitsvertrag abzustellen. Maßgebend ist vielmehr das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BGH, Urteil v. 8. März 2023 – 1 StR 188/22; BSG, Urteil v. 4. Juni 2019 – B 12 11/ 18 R, BSGE 128, 191 Rn. 4). Sind die Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung im Einzelfall nicht hinreichend trennscharf und aussagekräftig, müssen bei der Gesamtbetrachtung die übrigen Merkmale stärker berücksichtigt werden. Insbesondere ist dabei auf das eigene Unternehmerrisiko und die Art der vereinbarten Vergütung abzustellen. Kein Tragen des Verlustrisikos, keine Gewinnbeteiligung und der Erhalt von Entgelt als Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung sprechen gegen einen freien Arbeitsvertrag.

Im Verfahren stimmte der erste Senat dem Landgericht zu, dass als Indiz gegen die freie Mitarbeit, die im Arbeitsvertrag der Rechtsanwälte fest vereinbarten Jahreshonorare als Gegenleistung für die volle Arbeitsleistung von 40 bis 60 Stunden pro Woche angesehen werden können. Überdies konnten die Anwälte aufgrund vertraglich vereinbarter Zustimmungserfordernisse faktisch kein eigenes Personal beschäftigen, keine Mandanten außerhalb der Kanzlei vertreten und keine Werbung in eigener Sache vornehmen. Im Übrigen hätte dem Angeklagten hinsichtlich der Rechtsanwälte ein von ihm ausgeübtes Weisungsrecht zugestanden bezüglich Arbeitszeiten, Ort, Art und Inhalt der Tätigkeit der Rechtsanwälte. (BGH, Urteil v. 8. März 2023 – 1 StR 188/ 22, Fn. 16).

  • Beitragszahlungen von Schwarzarbeitern und illegal Beschäftigten

In der Urteilsbegründung stellt der BGH fest, dass Beitragszahlungen von Schwarzarbeitern und illegal Beschäftigten aufgrund einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung nicht bereits die Tatbestandsmäßigkeit des § 266a Abs. 1 und 2 StGB entfallen lassen, sondern erst auf Ebene der Strafzumessung zu berücksichtigen sind.

§ 266a Abs. 1 StGB ist ein echtes Unterlassensdelikt, welches bereits bei bloßer Nichterfüllung eines Handlungsgebots bei Handlungsfähigkeit tatbestandsmäßig ist. Dies ist in der Sache durch die schlichte Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen gegeben.

Dies soll jedoch nicht für Beitragszahlungen, die ein Dritter aufgrund einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung leistet, gelten. In diesem Fall soll der Tatbestand entfallen (vgl. BGH, Urteil v. 13. Juni 2001 – 3 StR 126/01 Rn. 9). In der entscheidungsgegenständlichen Sache ist dies nicht gegeben, da Schwarzarbeiter und illegal Beschäftigte keine Dritte in diesem Sinne sind.

Weiterhin wird ausgeführt, dass Schwarzlohn oder vergleichbare Abreden zum Nachteil der beschäftigten Arbeitnehmer von sozialrechtlichen Vorschriften abweichen und nach § 32 Abs. 1 SGB I nichtig seien. Diese Zahlungen aufgrund einer verbotenen Vereinbarung ließen den Tatbestand jedoch nicht entfallen. Gleiches gelte auch für § 266a StGB, denn das Beitragsaufkommen werde weder durch den Abschluss einer nichtigen Vereinbarung noch durch Zahlungen der illegal Beschäftigten gesichert, die sich freiwillig für eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung entscheiden.

Mithin bleibt die Tatbestandsmäßigkeit bestehen und dass Arbeitnehmer ihre Sozialabgaben selbst zahlen, kann nur auf Ebene der Strafzumessung berücksichtigt werden.

Quelle: BGH, Urteil vom 8. März 2023 – 1 StR 188/22, BeckRS 2023, 10741

Posted by stern in Kommentierungen

Drogentherapie – Offener Haftbefehl

Unser Mandant befand sich in einer Drogenentzugsklinik wegen seiner Kokainsucht. In diesen Kliniken werden drogenkranke Menschen durch verschiedenste Therapiemaßnahmen von Ihrer Drogensucht entwöhnt und es wird versucht, diese Menschen wieder in einen geregelten Tagesablauf zu integrieren. Dabei werden den Patienten viele Möglichkeiten aufgezeigt, aus der Sucht herauszukommen. Der Mandant befand sich seit einigen Monaten in einer dieser Einrichtungen. Während seines Aufenthalts erhielt er einen Anruf von seinen Familienangehörigen. Diese schilderten ihm, dass zwei Polizeibeamte vor der Wohnung des Mandanten stünden und nach ihm suchten. Auf Rückfrage der Familienangehörigen, worum es denn ginge und wieso sie den Mandanten suchten, entgegneten die Beamten nur, dass sie es den Angehörigen nicht sagen dürften.
Nach diesem Telefonat benachrichtigte unser Mandant umgehend das Büro von Rechtsanwalt Stern. Dieser versuchte über den Polizeiabschnitt der beiden Polizeibeamten herauszufinden, warum diese seinen Mandanten aufsuchten. Nach einigen Telefonaten konnte Rechtsanwalt Stern herausfinden, dass gegen seinen Mandanten ein Haftbefehl vorläge und dass die beiden Beamten zur Adresse des Mandanten fuhren, um diesen zu vollstrecken. Nach Erhalt dieser Information legte Rechtsanwalt Stern umgehend das Rechtsmittel der Beschwerde ein und beantragte gleichzeitig Akteneinsicht. In der Zwischenzeit erhielt Rechtsanwalt Stern das Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft Berlin, welche für den Haftbefehl zuständig war. Nach einigen Gesprächen mit der Staatsanwaltschaft konnte Rechtsanwalt Stern herausfinden, dass der Grund des Haftbefehls eine noch offene Geldstrafe aus einem vor mehreren Jahren geführten Verfahren ist. Diese wurde seit mehreren Jahren nicht gezahlt. Aus diesem Grund erwirkte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl. Bei nicht gezahlten Geldstrafen tritt an Stelle eines Tagessatzes ein Tag Haft. Um die Therapie und die Chancen auf ein drogenfreies Leben des Mandanten nicht zu gefährden, beantragte Rechtsanwalt Stern, die offene Geldstrafe des Mandanten zu stunden. Er erklärte gegenüber der Staatsanwaltschaft, dass sich der Mandant momentan in einer Therapieeinrichtung befinde, um von den Drogen wegzukommen und dass er zwar bereit ist, die Geldstrafe zu zahlen, jedoch momentan nicht die finanziellen Mittel habe, um diese sofort zu zahlen. Rechtsanwalt Stern beantragte deshalb im selben Antrag die Gewährung einer Ratenzahlung. Die Staatsanwaltschaft entsprach dem Antrag und bot dem Mandanten an, die noch offene Geldstrafe in Raten zu je 50,00 € zu zahlen. Der Haftbefehl wurde zurückgenommen. Der Mandant war sichtlich erleichtert, als er diese Information von Rechtsanwalt Stern erhielt

Posted by stern in Referenzen

Angriff auf Motorradfahrer: Körperverletzungsvorwurf – Einstellung in der Hauptverhandlung gem. § 153a Abs. 2 StPO

Unserem Mandanten wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten folgendes vorgeworfen:
Nachdem ein Motorradfahrer unseren Mandanten nach langer Verfolgungsfahrt angesprochen habe, warum unser Mandant ihn denn grundlos verfolgen würde, habe unser Mandant mit seinem Pkw angehalten. Mit der Bemerkung, dass er ihn gar nicht verfolgen würde, sei unser Mandant auf den Mann zugegangen und habe mehrfach mit der Faust gegen den Motorradhelm des Mannes geschlagen, sodass dieser Schmerzen erlitten haben soll. Hierdurch soll sich unser Mandant wegen einfacher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben.
Nach Erhalt des Strafbefehls suchte unser Mandant umgehend Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern auf, der nach Akteneinsicht den Hauptverhandlungstermin mit unserem Mandanten sorgfältig vorbereitete.
Angekommen am Amtsgericht Tiergarten, stellte Rechtsanwalt Stern fest, dass sich die Zeugen, darunter auch der Mann, der von unserem Mandanten geschlagen worden sein soll, im Vorraum über den Fall unterhalten haben, um womöglich widersprüchliche Aussagen zu vermeiden. Rechtsanwalt Stern unterrichtete direkt die Richterin über diesen Vorfall, die umgehend hinaus zu den Zeugen ging und die Gespräche unterband.
Im Anschluss daran verständigte sich Rechtsanwalt Stern mit der Richterin und der Staatsanwaltschaft und regte eine Einstellung des Verfahrens an. Die Staatsanwaltschaft war jedoch strikt gegen eine Einstellung, weshalb der Mann als Zeuge aufgerufen und angehört wurde. Er beschrieb nicht nur die konkrete Tat sehr ausführlich, sondern ging auch noch auf vorangegangene Geschehnisse näher ein, was ihn aus der Sicht des Gerichts besonders glaubhaft machte.
Rechtsanwalt Stern plädierte dennoch für eine Einstellung. Im Ergebnis schlossen sich sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Gericht der Auffassung von Rechtsanwalt Stern an. Das Gericht stellte das Verfahren gemäß § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage ein.
Im Falle einer Verurteilung hätte unser Mandant neben einer Geldstrafe auch mit einer Entziehung der Fahrerlaubnis, jedenfalls aber mit einem Fahrverbot rechnen müssen.

Posted by stern in Referenzen

Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte – Einstellung gemäß § 153a Abs. 1 StPO gegen Zahlung einer geringen Geldauflage

Unserem Mandanten wurde vorgeworfen, der Aufforderung einer BVG-Mitarbeiterin – nachdem diese festgestellt haben will, dass unser Mandant ohne gültigen Fahrausweis für sein Fahrrad die U-Bahn genutzt habe – den Zug zu verlassen, nicht nachgekommen zu sein. Daher seien Polizeibeamte als Unterstützung dazu gekommen. Gegen die polizeilichen Maßnahmen, welche aufgrund des fehlenden gültigen Fahrausweises für sein Fahrrad angeordnet worden sein sollen, habe unser Mandant sodann Widerstand in Form körperlicher Gewalt geleistet.
Strafverteidiger Rechtsanwalt Stern holte sich unverzüglich die Ermittlungsakten von der zuständigen Geschäftsstelle und regte in einem ausführlichen Schriftsatz die Verfahrenseinstellung an.
Rechtsanwalt Stern schilderte, dass sich unser Mandant zu Unrecht beschuldigt gefühlt habe. Er hatte über ein digitales Ticket für sein Fahrrad verfügt. Unser Mandant war der Ansicht, dass somit kein Anfangsverdacht eines Erschleichens von Leistungen gemäß § 265a StGB vorliege. Hierfür sprach ex post auch, dass die BVG das zivilrechtliche Verfahren über die Erhebung eines erhöhten Beförderungsentgelts gegen Zahlung einer Bearbeitungsgebühr von 7 Euro eingestellt hatte. Hätte unser Mandant keine Fahrkarte gehabt, wäre die BVG hierzu – zumal angesichts der verfahrensgegenständlichen Umstände – sicherlich nicht bereit gewesen.
Zudem teilte Rechtsanwalt Stern mit, dass die Gewaltanwendung insbesondere des Polizeibeamten, ein Faustschlag in die rechte Gesichtshälfte, kaum gerechtfertigt erscheine.
Rechtsanwalt Stern beantragte die Verfahrenseinstellung. Die Staatsanwaltschaft entschied antragsgemäß.

Posted by stern in Referenzen